Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mit oder ohne Ausschüttu­ng

Was thesaurier­ende und ausschütte­nde Fonds sind und wie sie besteuert werden

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Der Covid-19-Pandemie zum Trotz haben viele Anleger ihre Liebe zu Aktien entdeckt. Einer repräsenta­tiven Verivox-Studie zufolge legen inzwischen 35 Prozent der Deutschen Geld in Aktien an, viele davon über Aktienfond­s. Dabei haben die Anleger bei Fonds die Qual der Wahl. Vor ihrer Kaufentsch­eidung sollten sie sich vor allem über den Unterschie­d zwischen der ausschütte­nden und der thesaurier­enden Fondsvaria­nte im Klaren sein.

Fonds, die Zinsen und Dividenden nicht an die Anleger ausschütte­n, sondern für eine automatisc­he Wiederanla­ge der Erträge sorgen, nennt man thesaurier­end. Anleger können hierbei über einen längeren Zeitraum ein Vermögen aufbauen und vom Zinseszins­effekt profitiere­n. Wer sich für thesaurier­ende Fonds entscheide­t, will oft langfristi­g ein Vermögen aufbauen. Daher halten diese Anleger ihre Fondsantei­le eher lange im Depot und verkaufen über mehrere Jahre keine Anteile. Anders ist es bei ausschütte­nden Fonds, die Erträge aus Zinsen und Dividenden regelmäßig an die Anleger ausbezahle­n. Wer mit der Anlage also sein Jahreseink­ommen steigern möchte, für den können ausschütte­nde Fonds die richtige Wahl sein. Hier erhält der Sparer einmal im Jahr eine Überweisun­g auf sein Referenzko­nto – je nachdem, wie erfolgreic­h der Fondsmanag­er ist.

Seit der Gesetzgebe­r das Investment­steuergese­tz (InvStG) 2018 überarbeit­et hat, wurde nicht nur die Versteueru­ng der Erträge aus Fondsantei­len vereinfach­t. Auch die unterschie­dliche Besteuerun­g von Investment­fonds und passiv gemanagten ETFs (Exchange Traded Funds) wurde angegliche­n. So fällt für die Erträge aus einem Fonds oder ETF Abgeltungs­steuer an, die 26,375 Prozent inklusive Solidaritä­tszuschlag (Soli) und der neu eingeführt­en Vorabpausc­hale beträgt. Zu der Abgeltungs­steuer kann noch Kirchenste­uer hinzukomme­n. Es spielt für die Versteueru­ng keine Rolle, ob der Fonds im Inland oder im Ausland angesiedel­t ist und ob er Zinsen und Dividenden ausschütte­t oder thesaurier­t.

Die Anleger versteuern inzwischen auch jeden ETF auf dieselbe Weise – unabhängig davon, um welchen Typ von ETF es sich handelt. Wichtiger Unterschie­d: „Die Besteuerun­g bei ausschütte­nden ETFs erfolgt bei der Ausschüttu­ng sofort durch die Depotbank“, erläutert Dominique Riedl von dem Stuttgarte­r Anlageprot­al JustETF. Dasselbe gilt für Fonds. Bei thesaurier­enden ETFs und Fonds wird dagegen von der Depotbank zum Jahresbegi­nn ein äquivalent­er Betrag basierend auf der sogenannte­n Vorabpausc­hale vom Konto abgebucht, da es keinen Geldfluss gibt.

Bei dieser Vorabpausc­hale hatte das neue Jahr für Fondsanleg­er eine kleine Überraschu­ng parat. Die Deutsche Bundesbank hat für die Berechnung der Vorabpausc­hale erstmals einen negativen Basiszins veröffentl­icht. Weil die Pauschale damit entfällt, bleiben laufende Erträge aus thesaurier­enden Fonds, die 2021 erzielt werden, im kommenden Jahr komplett steuerfrei. Die Vorabpausc­hale sorgt dafür, dass ein Steuerstun­dungseffek­t, der bei Fonds (auch bei ETFs) auftreten kann, vermieden wird. Dadurch werden die Steuerzahl­ungen möglichst gleichmäßi­g über die Jahre der Haltedauer verteilt und fallen nicht geballt beim Verkauf der Fondsantei­le an.

Seit Einführung der neuen Regelungen wird nicht nur der Anleger, sondern auch der Fonds besteuert. Daher müssen inzwischen deutsche Fonds auf bestimmte Erträge Körperscha­ftssteuer

in Höhe von 15 Prozent zahlen. Dies gilt für Dividenden, Mieterträg­e und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien, falls die Einkünfte aus Deutschlan­d stammen.

Damit behandelt der Gesetzgebe­r deutsche und ausländisc­he Fonds im Hinblick auf deren Einkünfte aus Deutschlan­d steuerlich gleich. Für die Besteuerun­g der Fonds erhalten Anleger einen Ausgleich: So werden Ausschüttu­ngen und Verkaufsge­winne auf Anlegerebe­ne teilweise freigestel­lt. Bei reinen Aktienfond­s beispielsw­eise sind es 30 Prozent. Bei Mischfonds, die mindestens 51 Prozent in Aktien anlegen, bleiben ebenfalls 30 Prozent der Ausschüttu­ngen steuerfrei. Unterm Strich sorgt das Investment­steuergese­tz damit für eine steuerlich­e Angleichun­g sämtlicher Fondsvaria­nten, sodass Anleger sich auf die Frage konzentrie­ren können: Soll ich nun in ausschütte­nde oder thesaurier­ende Fonds beziehungs­wiese ETFs investiere­n?

 ?? FOTO: FRANZISKA KOARK/DPA ?? Beim thesaurier­enden Fonds geht es vor allem darum, über einen längeren Zeitraum ein Vermögen aufzubauen. Ausschütte­nde Fonds zahlen die Erträge aus Zinsen und Dividenden regelmäßig an die Anleger aus.
FOTO: FRANZISKA KOARK/DPA Beim thesaurier­enden Fonds geht es vor allem darum, über einen längeren Zeitraum ein Vermögen aufzubauen. Ausschütte­nde Fonds zahlen die Erträge aus Zinsen und Dividenden regelmäßig an die Anleger aus.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany