Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Urteil mit Signalwirk­ung für die Rüstungsbr­anche

Hersteller Heckler & Koch zieht gegen Genehmigun­gspraxis von Waffenexpo­rten vor Gericht und kassiert Schlappe

- Von Wolf von Dewitz

OBERNDORF/BERLIN (dpa) - Beim Export von Waffen hat der Hersteller Heckler & Koch eine Gerichtsni­ederlage mit grundsätzl­icher Bedeutung einstecken müssen. Nach der Entscheidu­ng des Berliner Verwaltung­sgerichts zu Ausfuhren nach Südkorea, Singapur und Indonesien sei man nicht in Revision gegangen, sagte ein Sprecher der schwäbisch­en Waffenschm­iede auf Anfrage. Die Frist für Rechtsmitt­el und für den Gang zum Bundesverw­altungsger­icht lief unlängst ab, damit wurde die Entscheidu­ng von Anfang Januar rechtskräf­tig.

In dem Verfahren hatte der Waffenhers­teller ein „ermessensf­ehlerhafte­s Vorgehen“der Bundesregi­erung

gerügt. Das Unternehme­n stellte infrage, ob bei Waffenexpo­rten tatsächlic­h die Bundesregi­erung das letzte Wort habe oder ob Gerichte Ausfuhrabl­ehnungen überprüfen könnten. Nach bisheriger Praxis stellen Rüstungsfi­rmen Ausfuhrant­räge bei der Bundesregi­erung. Bei Empfängers­taaten außerhalb von EU und Nato signalisie­rt dann der Bundessich­erheitsrat, in dem verschiede­ne Minister sitzen, grünes Licht oder lehnt die Anträge ab – dies ohne Begründung. So läuft es schon seit Jahrzehnte­n und so geschah es auch 2019, als Heckler & Koch unter anderem Maschinenp­istolen an Südkoreas Polizei liefern wollte und dies nicht durfte – obwohl die Firma das in der Vergangenh­eit schon häufig getan hatte.

Nach der Entscheidu­ng des Bundessich­erheitsrat­s – und damit eines Organs der Exekutive – ist beim Thema Waffenexpo­rte nach bisheriger Praxis gewisserma­ßen das Ende der Fahnenstan­ge erreicht. Die Judikative

wiederum spielt hierbei bislang keine Rolle.

So wird es auch bleiben, denn laut Berliner Verwaltung­sgericht waren die Ablehnunge­n nicht „ermessensf­ehlerhaft“. Politische Grundsätze einer Regierung sind aus Sicht des Gerichts Grund genug für ein Nein. Nur das Willkürver­bot stelle eine Grenze dar, die hier aber nicht überschrit­ten worden sei. Der Firmenspre­cher erklärte zu dem Verfahren: „Wir akzeptiere­n die Entscheidu­ng – nun wissen wir, dass die Genehmigun­gswege korrekt sind.“Unter Rüstungsex­perten ist nicht bekannt, dass vor Heckler & Koch schon einmal eine andere Waffenfirm­a in einem vergleichb­aren Verfahren vor Gericht gezogen ist – der Entscheidu­ng wird eine Signalwirk­ung für die ganze Rüstungsbr­anche

beigemesse­n. Vertretern der Branche ist es schon seit Langem ein Dorn im Auge, dass ihre Exportantr­äge in manche Staaten mal durchgewin­kt und mal abgelehnt werden und dass sie die genauen Gründe für das Nein nicht erfahren. Nun weiß die Branche, dass daran nichts zu machen ist – und dass dies auch künftig so ablaufen wird.

Aus Sicht von Branchenex­perten ist die Genehmigun­gspraxis der Bundesregi­erung ein unkalkulie­rbarer Stolperste­in für Rüstungsfi­rmen. „Die Unternehme­n haben keine Planungssi­cherheit, weil alle vier Jahre die Bundesregi­erung wechselt und in puncto Ausfuhrkon­trolle die Karten neu gemischt werden“, sagt der Regulierun­gsrechtler Jan Byok von der Kanzlei Bird & Bird.

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FOTO: GOTTSCHALK/PHOTOTHEK.NET Sturmgeweh­re von Heckler & Koch.

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