Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Erinnerungen an tolle Bürgerbälle: Fasnet im Herzen
Im Coronajahr läuft alles anders, auch die Fasnet in Westerheim – Online-Show mit Elisa Fischer als Moderatorin
WESTERHEIM - Elisa Fischer sitzt bequem im Sessel ein Buch blätternd und einen Rotwein genießend – noch ungeschminkt. Dann fällt ihr plötzlich ein, dass Bürgerball in Westerheim ist. Sie springt auf, schminkt sich auf die Schnelle und zieht den Reißverschluss ihrer Stiefel hoch. Sie eilt vor ihren Schrank, denn sie ist ja die Moderatorin des Bürgerballs der Interessengemeinschaft Fasnet (IGF), der in diesem Jahr 2021 erstmals online zu erleben ist. Das Coronavirus ist schuld daran, dass sich das närrische Volk nicht in der Albhalle treffen darf. Die „Fasnet im Herzen“muss zuhause im Wohnzimmer gefeiert werden. Mit einem dreikräftigen „Stelza hoi“, dem Schlachtruf der IGF-Narren, legt dann Elisa Fischer ihre Moderation los und greift gleich ein ganz aktuelles Thema auf: das Coronavirus.
„Normalerweise gehen Sachen, die aus China kommen, nach drei Monaten kaputt. Doch leider ist das hier nicht der Fall“, erklärt Elisa Fischer und beruhigt gleich ihr närrisches Publikum an den Bildschirmen: „Sie sind save, also sicher.“Denn führende Virologen hätten bestätigt, dass das Virus nicht über Bildschirme übertragbar sei. Sie hoffe sehr, dass dies bis zum Ende der Sendung zutreffe. Dann lädt sie die Zuschauer ihrer Sendung ein, zuhause mitzuklatschen und zu schunkeln, glücklich und fröhlich zu sein und Stimmung aufkommen zu lassen – auch bei einem Gläschen Wein oder einer Flasche Bier. Sie lässt wissen, dass es sich um keine live-Sendung handelt, sondern das Programm schon vor Wochen aufgenommen worden sei und einen Zusammenschnitt darstelle: Die Highlights der Bürgerbälle der vergangenen Jahre seien nochmals zu erleben, wobei fast alle IGF-Gruppen in dem von Marius Fischer zusammengeschnittenen Filmbeitrag zu erleben seien.
Dann geht es bei dem virtuellen Bürgerball Schlag auf Schlag, so wie man das unterhaltsame und witzige Programm in der Narrenhochburg Albhalle kennt. Am laufenden Band erleben die Zuschauer an den Bildschirmen ein buntes Feuerwerk aus früheren Tagen, das es in sich hat. Ohne Maskenschutz und ohne Abstandsregelungen darf das närrische Publikum den Zusammenschnitt genießen, bei dem die IGF-Sänger zunächst in Aktion treten und die Gäste in den Wohnzimmern begrüßen.
Sogleich tanzt die IGF-Kinderund Jugendtanzgarde von Trainerin Tina Walter im mystischen Zauberwald von 2017, und das in tollem Outfit. Ein Banküberfall spielt sich dann ab, einfach köstlich ist der Bankraub der naiv-dümmlichen Clowns Julia Mayer und Svenja Troll, denen die raffinierte Bankangestellte Theresa Slavik gegenübersteht. Die einfältigen Bankräuber glänzen mit tollen schauspielerischen Leistungen und mit viel Gestik und Mimik.
Es folgt der obligatorische Gardetanz der Gardemädchen im blauweißen Kostüm von 2019, obwohl die Mädchen den für 2021 unter der Regie von Elisa Fischer schon einstudiert hatten. Ein Medley gut gelaunter IGF-Sänger aus mehreren Jahren ist dann zu hören, bei dem sie mit dem Mitfahrbänkle am Haus des Gastes starten und nette Erinnerungen wecken.
„Lass die Fasnet in dein Herz“, singen sie. Das lustige „Speed-Dating“der Schrezen von 2015 folgt, und das mit dem Traumpaar Barbara Priel und Michael Hummel. Viele Jahre zurück geht es bei dem Brauchtumstanz der Hellsteramale, nämlich bis 2010. Bettina Kneer hatte damals den Tanz der Maskenträger einstudiert.
Keinen angestaubten, sondern einen ganz aktuellen Programmpunkt zu einem höchst aktuellen Thema tragen „De Alt ond de Jong“in der Bütt vor, den sie vor einigen Wochen – damals noch im tiefen Schnee – aufgenommen haben. Selma Rehm und Theresa Slavik lassen sich über das Coronavirus aus, sie begutachten das gehasste Ding durch die Narrenbrille. Sie liefern sich mit ihrem flotten Mundwerk gekonnte Wortbeiträge.
Als „schräge Vögel“sind die Tänzer des Männerballets 2013 aufmarschiert und tanzten zu einer damals von Helga Fischer einstudierten Choreografie – damals wie heute ein Volltreffer. Der „Anruf bei der Feuerwehr“, den 2017 Moderator Steffen Schmid tätigte, ist einfach köstlich. Er kann einen Brand nicht melden, es ist zum Haareraufen. Die Schalmeien laden zum Mitklatschen, Mitsingen und Mitschunkeln ein und sind in einem Medley in den Jahren 2007 und 2017 zu sehen, mit einem kräftig die Pauke schlagenden Thomy Walter.
„Alle elf Minuten verliebt sich beziehungsweise infiziert sich ein Single“heißt es dann in dem Beitrag der Stelzenmänner von 2020, sie begeben sich auf Partnersuche auf der Dating-Plattform „Spätzlessuche – Partnersuche speziell fürs Ländle“, bei der Markus Meyer als blonde Dame bequem auf dem Sofa sitzend den richtigen Mann auswählen darf. Als „Astronauten“tanzt und wirbelt das Junior-Männerballett im Jahr 2016, als die Kerle dem ganzen Irrsinn auf Erden entfliehen und einfach abheben wollen, hinaus in die unendliche Weite des Weltraums. Jelena Hummel und Christina Deppert hatten damals den schönen und interessanten Tanz einstudiert.
Einen in Corona-Zeiten nicht nachzuahmenden Beitrag hatten 2012 Thomy Walter, Michael Hummel, Thilo Rehm, Andy Walter, Hermann „Fraggle“Kneer und Jochen Walter mit „Swabian Fountain“geliefert, bei dem Berührungen und Umarmungen noch eine Selbstverständlichkeit bildeten. Heute tabu, damals ganz normal könnte man zu dem Beitrag sagen, der IGF-Geschichte schrieb.
So gern wären die Rekruten des Jahrgangs 2000/01 bei den Bürgerbällen der IGF und bei der Maskenprämierung der Musikkapelle als Detektive bei einer Showeinlage aufmarschiert, was coronabedingt einfach nicht möglich war.
Mit dem super Showtanz „Portraits“der Gardemädchen vom Vorjahr, einstudiert von Moderatorin Elisa Fischer, neigt sich der virtuelle Bürgerball dem Ende zu. Super war ihr damaliger Showtanz zum Thema „Ist das Kunst, oder kann das weg?“mit dem Inhalt: Was machen Gemälde und Portraits, wenn mal keiner hinschaut? Na klar: Sie tanzen! Zwölf Portraits und eine Statue erwachen zum Leben und fallen sprichwörtlich aus dem Rahmen.
Dabei fragen sich die Klassiker der Kunst am Ende zu recht, ob sie eigentlich am Leben sein oder doch lieber in ihrem Bild bleiben wollen. 13 Kunstwerke, die die meisten Leute von verschiedenen Museen rund um den Globus her kennen, werden dargestellt und „vertanzt.“Der Showtanz ist ein krönender Abschluss des „Revival-Bürgerballs“, ehe zum Finale alle Zuhörer eingeladen sind, mit in das IGF-Lied einzustimmen, in dem es heißt: „Es ist nicht leicht, ein IGF-Mitglied zu sein.“
Wer den online-Bürgerball verpasst hat, der kann bis Aschermittwoch den Beitrag über die Homepage der IGF (www.igfwesterheim.de) anschauen.