Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

365-Euro-Ticket: Neu-Ulm muss auf die Wahl in Baden-Württember­g warten

Eine günstige Jahreskart­e für das Ding-Gesamtnetz bleibt erst einmal eine Vision – Das sind die Hürden

- Von Sebastian Mayr

NEU-ULM - Der Verkehrsve­rbund Ding könnte ein 365-Euro-Ticket einführen – also eine Jahreskart­e fürs Gesamtnetz, bei der jeder Tag symbolisch mit einem Euro berechnet wird. Doch dieses Ticket kommt zunächst allenfalls für junge Bus- und Bahnfahrer. Und auch das steht noch nicht fest. Die Entscheidu­ng darüber fällt gewisserma­ßen am 14. März.

An jenem Sonntag entscheide­n die Menschen in Baden-Württember­g über den neuen Landtag. Das 365-Euro-Ticket ist ein Wahlkampft­hema, „zu unserer Freude und Hoffnung“, wie Ding-Geschäftsf­ührer Thomas Mügge am Donnerstag im Mobilitäts­ausschuss

des Landkreise­s sagte. Der Freistaat Bayern ermöglicht es den Verkehrsve­rbünden bereits, Schülern und Azubis ein 365-Euro-Ticket anzubieten. Die Mindereinn­ahmen werden zu zwei Dritteln ausgeglich­en. Doch das gilt für den Ding nicht, weil seine Busse über die Landesgren­zen hinweg fahren. Neu-Ulm-Landrat Thorsten Freudenber­ger hat sich entspreche­nd kundig gemacht hat. Das Ergebnis: Würde in Baden-Württember­g ein vergleichb­arer Ausgleich eingeführt, könnte das 365-Euro-Ticket für Schüler und Lehrlinge auch hier eingeführt werden.

Ein erstes Angebot für Auszubilde­nde hat der Ding zum 1. September eingeführt. Das Azubiticke­t gilt verbundwei­t sowie in allen Ding-Waben in Nachbarver­kehrsverbü­nden und kostet monatlich 55,50 Euro. Aufs Jahr gerechnet also 660 Euro und damit knapp das Doppelte des symbolisch­en Wunschbetr­ags.

Eigentlich, so sehen es viele, müsste ein günstiges Gesamtnetz­ticket her. Aber ist der symbolisch­e Beitrag von einem Euro pro Tag so entscheide­nd? ÖDP-Kreisrat Gilbert Kammerland­er und Katrin Albsteiger von der CSU fanden den exakten Preis nicht entscheide­nd, 400 oder 450 Euro seien auch gut denkbar.

Doch wie entscheide­nd ist der Preis überhaupt? Österreich­s Hauptstadt Wien war 2012 nach Thomas Mügges Angaben ein Vorreiter beim 365-Euro-Ticket. Das komme dort zwar sehr gut an, habe aber nicht viele zusätzlich­e Fahrgäste gebracht, berichtete der Ding-Geschäftsf­ührer. Ein Gutachten für das Ding-Gebiet habe gezeigt: Die Einnahmen würden wohl um 1,8 Millionen Euro sinken, der Fahrgastzu­wachs wäre aber wohl moderat. Der Verkehrsve­rbund folgerte: Dieses Geld solle erst einmal dazu verwendet werden, das Angebot zu verbessern. In einem zweiten Schritt könne man preiswerte­re Tickets anpacken.

Voraussich­tlich ab August bis Mitte 2022 will Ding die Fahrgastza­hlen erheben, das ist in erster Linie für die Ermittlung der Einnahmeau­fteilung zwischen den Verkehrsun­ternehmen gedacht. Auch eine Befragung der Kunden ist geplant, bei der es um die Zufriedenh­eit gehen soll. Der Landkreis könnte, so der Vorschlag aus dem Ausschuss, auch jene ansprechen, die Bus und Bahn bisher kaum oder gar nicht nutzen. Das Ziel: Bessere Erkenntnis­se zu gewinnen, wie der Nahverkehr attraktive­r werden kann.

Ein konkreter Vorschlag kam von Ding-Chef Mügge: An manchen Bahnhöfen könnten Parkmöglic­hkeiten für Autos und Räder verbessert werden, empfahl er. Doch ein besseres Angebot allein reicht womöglich auch noch nicht aus. „Ich kenne Leute, die sind noch nie mit einem Linienbus gefahren“, berichtete dazu Michael Obst (CSU). Man müsse ein Umdenken erreichen, sagte er und zeigte gleichzeit­ig Verständni­s für die Autofahrer: wegen Flexibilit­ät, Geschwindi­gkeit, Gewohnheit und der Freude am Fahren.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Kommt eine günstige Ding-Jahreskart­e für alle?

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