Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
365-Euro-Ticket: Neu-Ulm muss auf die Wahl in Baden-Württemberg warten
Eine günstige Jahreskarte für das Ding-Gesamtnetz bleibt erst einmal eine Vision – Das sind die Hürden
NEU-ULM - Der Verkehrsverbund Ding könnte ein 365-Euro-Ticket einführen – also eine Jahreskarte fürs Gesamtnetz, bei der jeder Tag symbolisch mit einem Euro berechnet wird. Doch dieses Ticket kommt zunächst allenfalls für junge Bus- und Bahnfahrer. Und auch das steht noch nicht fest. Die Entscheidung darüber fällt gewissermaßen am 14. März.
An jenem Sonntag entscheiden die Menschen in Baden-Württemberg über den neuen Landtag. Das 365-Euro-Ticket ist ein Wahlkampfthema, „zu unserer Freude und Hoffnung“, wie Ding-Geschäftsführer Thomas Mügge am Donnerstag im Mobilitätsausschuss
des Landkreises sagte. Der Freistaat Bayern ermöglicht es den Verkehrsverbünden bereits, Schülern und Azubis ein 365-Euro-Ticket anzubieten. Die Mindereinnahmen werden zu zwei Dritteln ausgeglichen. Doch das gilt für den Ding nicht, weil seine Busse über die Landesgrenzen hinweg fahren. Neu-Ulm-Landrat Thorsten Freudenberger hat sich entsprechend kundig gemacht hat. Das Ergebnis: Würde in Baden-Württemberg ein vergleichbarer Ausgleich eingeführt, könnte das 365-Euro-Ticket für Schüler und Lehrlinge auch hier eingeführt werden.
Ein erstes Angebot für Auszubildende hat der Ding zum 1. September eingeführt. Das Azubiticket gilt verbundweit sowie in allen Ding-Waben in Nachbarverkehrsverbünden und kostet monatlich 55,50 Euro. Aufs Jahr gerechnet also 660 Euro und damit knapp das Doppelte des symbolischen Wunschbetrags.
Eigentlich, so sehen es viele, müsste ein günstiges Gesamtnetzticket her. Aber ist der symbolische Beitrag von einem Euro pro Tag so entscheidend? ÖDP-Kreisrat Gilbert Kammerlander und Katrin Albsteiger von der CSU fanden den exakten Preis nicht entscheidend, 400 oder 450 Euro seien auch gut denkbar.
Doch wie entscheidend ist der Preis überhaupt? Österreichs Hauptstadt Wien war 2012 nach Thomas Mügges Angaben ein Vorreiter beim 365-Euro-Ticket. Das komme dort zwar sehr gut an, habe aber nicht viele zusätzliche Fahrgäste gebracht, berichtete der Ding-Geschäftsführer. Ein Gutachten für das Ding-Gebiet habe gezeigt: Die Einnahmen würden wohl um 1,8 Millionen Euro sinken, der Fahrgastzuwachs wäre aber wohl moderat. Der Verkehrsverbund folgerte: Dieses Geld solle erst einmal dazu verwendet werden, das Angebot zu verbessern. In einem zweiten Schritt könne man preiswertere Tickets anpacken.
Voraussichtlich ab August bis Mitte 2022 will Ding die Fahrgastzahlen erheben, das ist in erster Linie für die Ermittlung der Einnahmeaufteilung zwischen den Verkehrsunternehmen gedacht. Auch eine Befragung der Kunden ist geplant, bei der es um die Zufriedenheit gehen soll. Der Landkreis könnte, so der Vorschlag aus dem Ausschuss, auch jene ansprechen, die Bus und Bahn bisher kaum oder gar nicht nutzen. Das Ziel: Bessere Erkenntnisse zu gewinnen, wie der Nahverkehr attraktiver werden kann.
Ein konkreter Vorschlag kam von Ding-Chef Mügge: An manchen Bahnhöfen könnten Parkmöglichkeiten für Autos und Räder verbessert werden, empfahl er. Doch ein besseres Angebot allein reicht womöglich auch noch nicht aus. „Ich kenne Leute, die sind noch nie mit einem Linienbus gefahren“, berichtete dazu Michael Obst (CSU). Man müsse ein Umdenken erreichen, sagte er und zeigte gleichzeitig Verständnis für die Autofahrer: wegen Flexibilität, Geschwindigkeit, Gewohnheit und der Freude am Fahren.