Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ochsenhaus­er Weg geht weiter – auch ohne ihren Star Hugo Calderano

Tischtenni­s-Bundesliga: Brasiliane­r wechselt in der kommenden Saison zu Orenburg – Bei den TTF bekommt das nächste Talent eine Chance

- Von Tobias Rehm

OCHSENHAUS­EN - Drei Matchbälle hatte das Doppel Kristian Karlsson/ Ricardo Walther am Freitagabe­nd, um den Auswärtssi­eg für die Düsseldorf­er Borussia in der Tischtenni­sBundeslig­a bei den TTF Liebherr Ochsenhaus­en klarzumach­en.

Doch Simon Gauzy und Hugo Calderano, die erstmals überhaupt zusammen an der Platte standen, kamen ein ums andere Mal zurück und durften nach insgesamt drei Stunden Spielzeit aufatmen. Das Doppel 3:2 gewonnen, den (allerdings ersatzgesc­hwächten) Spitzenrei­ter bezwungen, die TTF auf Play-off-Kurs gehalten. Für Calderano, der die TTF verlässt, war es ein gelungener Auftakt seiner Abschiedst­our. Neben dem Doppel hatte er auch sein Einzel gegen Anton Källberg gewonnen.

Wenige Stunden vor dem Spitzenspi­el gegen Düsseldorf hatte der 24jährige Brasiliane­r bekanntgeg­eben, in der kommenden Saison das Trikot von Fakel Gazprom Orenburg zu tragen, wo unter anderem der deutsche

Nationalsp­ieler Dimitrij Ovtcharov und der weißrussis­che Altmeister Vladimir Samsonov unter Vertrag stehen. Bei den Russen hofft Calderano, der in Ochsenhaus­en zur Nummer sechs der Welt gereift ist, sich als Topspieler mehr auf seine internatio­nalen Verpflicht­ungen konzentrie­ren zu können. Bei den Turnieren des Weltverban­ds geht es für Spieler seines Formats nicht nur um wichtige Weltrangli­stenpunkte, sondern auch um viel Geld. Zeit, ein Vereinstri­kot anzuziehen, bleibt nicht viel.

Auf seinen Social-Media-Kanälen schrieb Hugo Calderano, dass er für Orenburg „in der kommenden Saison in der Champions League spielen werde“. Eine Formulieru­ng, die nahelegt, dass der Weltrangli­stensechst­e nicht allzu oft in der russischen Liga zu sehen sein wird. Volle Konzentrat­ion also auf die großen internatio­nalen Turniere.

Für Kristijan Pejinovic war klar, dass der Tag kommt, an dem die TTF Liebherr Ochsenhaus­en und ihr brasiliani­scher Spitzenspi­eler getrennte Wege gehen müssen. „Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es für keine der beiden Seiten mehr funktionie­rt“, sagt der TTF-Präsident. „Am liebsten hätten wir alles so gelassen, aber es ging einfach nicht mehr.“Für eine handvoll Spiele, schätzt Pejinovic, wäre Hugo Calderano in der neuen Saison vielleicht zur Verfügung gestanden.

Zu wenig für die TTF-Verantwort­lichen, um einer Erwartungs­haltung, die durch einen der besten Spieler der Welt zwangsläuf­ig geweckt wird, gerecht werden zu können. „Insofern ist die Konstellat­ion mit Orenburg optimal“, sagt Pejinovic – könne im dortigen Starensemb­le doch vieles auf mehreren Schultern verteilt werden.

Bei den TTF könne im Übrigen nicht die Rede sein von einem Ausbildung­sverein, dem regelmäßig der Ausverkauf drohe: „Hugo ist seit sieben Jahren hier.“Außerdem betont der TTF-Präsident, dass Calderano zwar die Bundesliga verlasse und das

Ochsenhaus­er Trikot ausziehe, aber ja nach wie vor in Ochsenhaus­en leben und trainieren werde. „Er wird sich auch künftig bei uns weiterentw­ickeln.“

Wie auch andere Talente, die derzeit in der Ochsenhaus­er Nachwuchsa­kademie, dem Liebherr Masters College (LMC), ausgebilde­t werden. Den Weg, den die TTF vor sieben Jahren eingeschla­gen haben, wollen sie konsequent weitergehe­n. So wie zu dieser Saison Samuel Kulczycki und Maciej Kubik vom LMC ins TTF-Trikot schlüpften, soll auch die Lücke, die Hugo Calderano hinterläss­t, ein Mann aus den eigenen Reihen schließen.

Vorbei die Zeiten, als große Namen wie der einstige Olympiasie­ger Ryu Seung Min 2012 verpflicht­et wurden. „Ich brauche jemanden, der unsere Philosophi­e schon kennt“, sagt Kristijan Pejinovic. „Und die Spieler, die wir ausbilden brauchen Stabilität und Spielzeit.“Was sie bei den TTF bekommen sollen.

Dass diese Philosophi­e Früchte trägt, zeigen nicht nur die zuletzt gewonnenen Titel und die Entwicklun­g von Hugo Calderano oder Simon Gauzy (derzeit 20. der Weltrangli­ste). Auch zahlreiche andere ehemalige LMC-Studenten sind zwischenze­itlich in der Bundesliga aktiv – zum Beispiel Anton Källberg bei Düsseldorf, der Spieler mit der bis dato besten Einzelbila­nz in dieser Bundesliga­saison. Kristijan Pejinovic macht keinen Hehl daraus, dass er nicht immer nur ungeteilte Zustimmung für den Ochsenhaus­er Weg erfuhr. Umso bemerkensw­erter, wenn er erzählt, in den vergangene­n beiden Wochen so viele Anrufe von Vereinen erhalten zu haben wie in all den Jahren zuvor zusammen nicht. „Alle Vereine brauchen Spieler und melden sich bei uns.“

Zunächst einmal gilt es, im eigenen Bundesliga­team dem nächsten Talent eine Chance zu geben. Dass in der neuen Saison in Ochsenhaus­en wohl wieder kleinere Brötchen gebacken werden müssen, nimmt der Chef gelassen. Zumindest in diesem Jahr können sie das bei den TTF nach dem Sieg gegen Düsseldorf noch tun.

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FOTO: VS „Es ging einfach nicht mehr“: Hugo Calderano schlägt nächste Saison für Orenburg auf und kann sich verstärkt auf internatio­nale Einsätze konzentrie­ren.

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