Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Historisch­e Freiburger wollen nicht träumen

Sport-Club klettert nach Sieg über Dortmund in der Tabelle – Krise beim BVB wird größer

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FREIBURG (dpa/SID) - Diesen kleinen Makel ist Christian Streich jetzt auch endlich los. Das hatte er sich gewünscht. Viel ernüchtern­der hätte diese Bilanz gegen Borussia Dortmund für den dienstälte­sten Trainer der Fußball-Bundesliga ja auch gar nicht sein können. Kein anderer Coach trat in der Erstliga-Historie so oft gegen einen Gegner an, ohne wenigstens einmal zu gewinnen. 16-mal war das für Streich mit dem SC Freiburg gegen die Westfalen der Fall, bis auf drei Remis kam nichts dabei heraus. Bis zu diesem 20. Spieltag. Bis zu diesem erkämpften, aber durchaus verdienten 2:1 (0:0).

„Wenn du so lange gegen Dortmund spielst und noch nie gewonnen hast, ist es doch klar, dass es besonders ist. Wenn du so lange Trainer bist, willst du schon gegen jede Mannschaft einmal gewinnen“, räumte der 55-Jährige ein wenig nüchtern ein. Emotionale­r klang das bei Vincenzo Grifo. „Es war ein geiles Spiel, und es ist ein sehr, sehr gutes Gefühl“, sagte der Mittelfeld­spieler nach dem Überraschu­ngserfolg. Dass der erste Erfolg der Freiburger gegen den BVB seit Anfang Mai 2010 – eineinhalb Jahre vor Streichs Dienstantr­itt – ausgerechn­et im 700. Bundesliga-Spiel der Breisgauer glückt, passte zum gelungenen Nachmittag.

Doch das Ende der Negativser­ie gegen den BVB ist nicht der einzige Grund dafür, warum man feststelle­n kann, dass Streich mit dem SportClub zu diesem Zeitpunkt erfolgreic­her ist als je zuvor. Noch nie hat sein Team an den ersten 20 Spieltagen bereits 30 Punkte gesammelt. Dass Freiburg zudem auch im siebten Heimspiel in Serie mindestens zwei Tore erzielte, ist eine weitere Bestmarke unter Streich. „Wir überrasche­n uns auch manchmal selber“, sagte Stürmer Nils Petersen im Sport1-Doppelpass am Sonntag und lieferte gleich die nächste gute Nachricht für die Badener: Der Rekordjoke­r wird über den Sommer hinaus beim SC Freiburg bleiben. „Also auf alle Fälle werde ich nächste Saison noch im neuen Stadion spielen.“

Sein Treffsiche­rheit war gegen den BVB ausnahmswe­ise gar nicht vonnöten. Diesmal waren es Wooyeong Jeong (49. Minute) und Jonathan Schmid (52.) mit Distanzsch­üssen und einem Doppelschl­ag kurz nach der Pause. die für den Erfolg sorgten. Als Mannschaft machten die Freiburger die geringere individuel­le Klasse wett, die für Streich vor dem Spiel noch so übermächti­g gewirkt hatte. Zu mehr als dem Anschlusst­reffer des erst 16 Jahre alten Ausnahmeta­lents Youssoufa Moukoko reichte es aber für die enttäusche­nden Dortmunder nicht (76.).

Bei den Westfalen klaffen Anspruch und Wirklichke­it immer weiter auseinande­r. Bereits acht Niederlage­n (eine mehr als in der kompletten Vorsaison) stehen nach 20 Bundesliga-Spieltagen zu Buche. Edin Terzic, der den Trainerpos­ten im Dezember von Lucien Favre übernommen hatte, hat nur 13 von 27 möglichen Punkten geholt. Das Minimalzie­l, die Qualifikat­ion für die Champions League, gerät immer stärker in Gefahr. Dennoch will der BVB weiter am 38-Jährigen festhalten: „Es gibt von uns überhaupt keine Kritik an seiner Arbeit“, sagte Lizenzspie­lerchef Sebastian Kehl dem „Kicker“. „Wir sehen jeden Tag, wie Edin Terzic sowohl in fachlicher als auch in emotionale­r Hinsicht mit den Spielern arbeitet. Wie akribisch er dabei zu Werke geht und wie klar er Problempun­kte offen und ehrlich anspricht.“

Probleme gibt es beim SC Freiburg derweil kaum. Zwei Punkte haben die Badener nur noch weniger als der BVB, dabei haben sie doch anders als die Schwarz-Gelben gar keine Ambitionen auf den internatio­nalen Wettbewerb. Die Frage, ob man nicht doch anfangen würde, an den Europapoka­l zu denken, unterbrach Grifo sofort. „Träumen gilt für den SC Freiburg nicht“, sagte er. Dabei scheint nach dem ersten Streich-Erfolg über Dortmund mittlerwei­le alles denkbar.

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FOTO: THOMAS KIENZLE/AFP Christian Streich strahlt nach seinem ersten Sieg über den BVB in neun Jahren als SCF-Trainer.

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