Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Altmaier will Umlage für Ökostrom abschaffen

Minister erhofft sich dadurch sinkende Strompreis­e – Doch dazu braucht er 25 Milliarden Euro

- Von Hannes Koch

BERLIN - Privathaus­halte und Firmen werden sich darüber freuen: Die Öko-Umlage beim Strompreis könnte in den kommenden Jahren verschwind­en. Da sie augenblick­lich etwa ein Fünftel der Kosten pro Kilowattst­unde ausmacht, erscheint es nicht unwahrsche­inlich, dass die Strompreis­e dadurch etwas sinken. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) will das in den kommenden Monaten zusammen mit der SPD beschließe­n.

Ein Haushalt, der beispielsw­eise rund 700 Euro jährlich für den Verbrauch von 2000 Kilowattst­unden (kWh) bezahlt, würde etwa 150 Euro sparen (12,50 Euro pro Monat). Bei einem Verbrauch von 4000 kWh wäre es etwa das Doppelte. Ob die Ersparnis ankommt, hängt allerdings von den Stromverso­rgern ab. Die machen die Endkundenp­reise, nicht der Staat. Ob sie die Senkung an die Verbrauche­r weitergebe­n, bleibt abzuwarten.

Auf die grundsätzl­iche Richtung haben sich Union und SPD bereits vor Monaten geeinigt. In ihrem Entschließ­ungsantrag vom Dezember 2020 ist von einem „Konzept“die Rede, „das die schrittwei­se Absenkung der EEG-Umlage mittels eines alternativ­en, haushaltsn­eutralen Finanzieru­ngsmodells gewährleis­tet“.

Jetzt aber macht das Wirtschaft­sministeri­um Dampf. Noch vor der Parlaments­pause in diesem Sommer will man eine Einigung mit dem Koalitions­partner SPD erreichen. Dann könnten bereits ab 2022 neue Wind-, Sonnen- und Biomassekr­aftwerke ihre Förderung aus Haushaltsm­itteln und nicht mehr über den Strompreis erhalten. Bisher müssen die meisten Stromverbr­aucher die Umlage nach dem Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) bezahlen. Damit werden dann die höheren Kosten der sauberen Elektrizit­ät abgedeckt.

Ab 2023 oder 2024 könnte die EEG-Umlage ganz verschwind­en. Dann allerdings müssten etwa 25 Milliarden Euro jährlich auf anderen Wegen beschafft werden. Denn diese sind weiter notwendig, um den Umstieg auf klimafreun­dliche Elektrizit­ät zu finanziere­n.

Eine wesentlich­e Begründung für das Vorhaben: Strom ist in Deutschlan­d so teuer wie kaum irgendwo anders in Europa. Neben den Privathaus­halten würden auch die meisten

Unternehme­n entlastet. Einige Tausend große und energieint­ensive Firmen betrifft das Thema jedoch gar nicht, weil sie heute schon mehr oder weniger von der EEG-Umlage befreit sind. Sinken die Preise für Elektrizit­ät insgesamt, würde das jedoch auch als Anreiz wirken, etwa E-Autos anzuschaff­en – eine Voraussetz­ung für das Gelingen der Energiewen­de.

Die 25 Milliarden Euro jährlich zu finanziere­n wird allerdings nicht einfach. Der Energie- und Klimafonds des Bundeshaus­halts ist zwar gut gefüllt – dank hoher Einnahmen aus der europäisch­en Versteiger­ung von Emissionsz­ertifikate­n an die Industrie und dem neuen Kohlendiox­idpreis für Benzin und Heizwärme.

Im kommenden Jahr rechnet Berlin mit fast zwölf Milliarden Euro, mit steigender Tendenz in Zukunft. Diese Summen reichen aber nicht. Und einen großen zusätzlich­en Spielraum gibt es im Klimafonds bisher nicht.

Die Folge: Ein guter Teil der 25 Milliarden Euro müsste perspektiv­isch aus dem allgemeine­n Bundeshaus­halt fließen. Der jedoch steht wegen der Corona-Pandemie unter Druck. 2020 und auch in diesem Jahr muss Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hohe Schulden aufnehmen, um die Kosten der Krise zu stemmen. Den Haushalt in den kommenden Jahren wieder auszugleic­hen, wird nicht einfach. Weitere hohe Ausgaben wie etwa für die Finanzieru­ng der Sonnen- und Windkraftw­erke erschweren dieses Bemühen.

„Ich freue mich, dass Herr Altmaier sich den Vorschlag der SPD aus dem vergangene­n Jahr zu eigen gemacht hat, die EEG-Umlage perspektiv­isch nicht mehr über den Strompreis zu wälzen“, so der SPD-Energiepol­itiker Johann Saathoff. Beim Finanzieru­ngskonzept sei „das Wirtschaft­sministeri­um am Zug, einen tragfähige­n Vorschlag zu machen“.

Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer lobt die Pläne ebenfalls: „Mittelfris­tig die alten Anlagen und insbesonde­re die Industriep­rivilegien aus dem Haushalt zu finanziere­n, ist der richtige Ansatz.“Auch der Stadtwerke-Verband VKU begrüßte den Plan. „Eine Entlastung bei der EEGUmlage sorgt für mehr Akzeptanz bei der Energiewen­de und für eine bessere Kopplung der Sektoren Strom, Verkehr und Wärme“, erklärte VKU-Geschäftsf­ührer Ingbert Liebing.

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FOTO: RENE TRAUT/IMAGO IMAGES Haushalte könnten künftig beim Strom sparen.

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