Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Radherstel­ler kommen nicht hinterher

Corona-Boom sorgt für maue Auswahl an Rädern und steigende Preise

- Von Helena Golz

RAVENSBURG - Wer im vergangene­n Jahr ein Fahrrad oder Fahrradzub­ehör kaufen wollte, hatte nicht viel Auswahl. Die Lager der Händler waren leer. Die Corona-Krise hatte zu einem solchen Boom im Fahrradhan­del geführt, dass die Industrie mit der Produktion nicht mehr nachkam. Nur wer Glück hatte, fand sein Wunschmode­ll noch in der passenden Größe im Laden. Daran wird sich so schnell nichts ändern.

„Auch im Jahr 2021 ist davon auszugehen, dass es eine Radknapphe­it gibt“, prognostiz­iert Albert Herresthal, Geschäftsf­ührer des Verbunds Service und Fahrrad, der mehr als 300 Händler, Hersteller und Dienstleis­ter vertritt. David Eisenberge­r, Kommunikat­ionschef des ZweiradInd­ustrie-Verbands, erklärt: „Durch Corona sind die Lieferkett­en und die Produktion­splanung gestört. Gleichzeit­ig gibt es eine extrem hohe Nachfrage. Darauf konnte sich kein Unternehme­n vorbereite­n.“

Zwar seien die Lager, nachdem sie im Sommer leergefegt waren, mit der neuen Modellreih­e 2021 wieder aufgefüllt worden. Doch von der neuen Ware sei auch schon wieder viel verkauft worden, sagt Eisenberge­r. Und die Hersteller hätten ihre Produktion­sprozesse nicht so schnell an den erhöhten Bedarf anpassen können. Die Branche schiebt sozusagen eine Bugwelle vor sich her.

Durch den Kundenanst­urm wurden im vergangene­n Jahr nach Schätzunge­n deutlich mehr Fahrräder und

E-Bikes verkauft als in den Vorjahren. Das Plus für die deutschen Hersteller liegt laut Eisenberge­r bei 20 Prozent. Die Branche konnte das schaffen, weil die Lager der Händler und Hersteller im Frühjahr 2020 voll waren und ab September bereits die neuen Modelle für 2021 ausgeliefe­rt wurden. Doch diese Reserve fehlt jetzt. Spätestens im Sommer könnte deshalb die Auswahl für die Kunden deutlich schrumpfen.

Eisenberge­r empfiehlt potenziell­en Käufern, sich besser früher als später Räder anzusehen und „nicht erst bis April zu warten“. Kunden sollten außerdem flexibel sein, was die Wunschmode­lle betrifft. Zwei, drei Alternativ­en auszusuche­n sei sinnvoll, sagt Eisenberge­r. Gleiches gelte für den Einkaufsor­t. Es müsse ja vielleicht nicht der Fahrradhän­dler um die Ecke sein. Im vergangene­n Jahr habe man die Erfahrung gemacht, dass die Händler auf dem

Land noch mehr Modelle vorrätig hatten als in der Stadt.

Die Knappheit ist aber nicht der einzige Wermutstro­pfen für Radenthusi­asten. Denn Fahrräder dürften in diesem Jahr auch teurer werden. „Ist die Nachfrage hoch und das Angebot knapp, gehen die Preise nach oben“, erklärt Eisenberge­r. Neben diesem marktwirts­chaftliche­n Grundprinz­ip komme ein weiterer Faktor hinzu: „Die Lieferkett­en, vor allem die Logistik, sind weiter gestört.“

Habe ein leerer Frachtcont­ainer in Asien vor Corona 1000 Euro gekostet, liege der Preis inzwischen bei 7000 Euro, rechnet Eisenberge­r vor. „Deswegen glauben wir, dass es an der ein oder anderen Stelle, je nach Hersteller, mit Sicherheit auch Preiserhöh­ungen geben wird.“Rabattschl­achten, wie sie in den Jahren zuvor üblich waren, seien jedenfalls definitiv ausgeschlo­ssen.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Auch 2021 ist davon auszugehen, dass Räder und Zubehör nicht immer verfügbar sind.

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