Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Verlage gegen Gleichstellung von Buch und E-Book
Bibliotheken fordern hingegen ungehinderten Zugang zu E-Books für die Ausleihe
FRANKFURT (KNA) - Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels spricht sich gegen eine Gleichstellung von Büchern und E-Books bei der Ausleihe in Bibliotheken aus. Mit ihren Forderungen wandten sich die im Börsenverein organisierten Verleger gegen entsprechende Forderungen des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv).
Eine Gleichstellung hätte massive Umsatzverluste bei Verlagen, Autoren und im Buchhandel zur Folge, erklärte die Vorsitzende des VerlegerAusschusses des Börsenvereins, Nadja Kneissler. „Letztlich würden die Bibliotheken einen kostenlosen Parallelmarkt aufbauen, der schnell den bestehenden Markt angreifen und die Existenz von Verlagen und Buchhandlungen gefährden würde.“Öffentlich geförderte Bibliotheken dürften sich nicht zu einem konkurrierenden Marktteilnehmer entwickeln.
Laut Börsenverein funktioniert das derzeit gültige E-Book-Leihsystem Onleihe einwandfrei. Es sei mit über 45 Millionen Ausleihen 2020 ein erfolgreiches Modell. Allerdings können Bibliotheksnutzer nur die E-Book-Titel ausleihen, für die es Verträge der Bibliotheksdienstleister mit den Verlagen gibt. Manche Autoren und Verlage stellen ihre Werke nicht zur E-BookAusleihe zur Verfügung, weil sie wirtschaftliche Nachteile befürchten.
Manche Neuerscheinungen, insbesondere Bestseller, sind auch erst mit einigen Monaten Verzögerung in der Ausleihe, eben weil Verlage und Autoren zunächst einen Verkauf ihrer Werke anstreben. „Da in der Onleihe nur ein Bruchteil dessen erlöst wird, was über den Buchhandel in den ersten Monaten für Autoren, Übersetzer und Verlage erwirtschaftet wird, kann die Nachfrage der Onleihe nur zeitversetzt befriedigt werden, wenn den Parteien, die an der Veröffentlichung beteiligt sind, ihre wirtschaftliche Basis nicht entzogen werden soll“, heißt es beim Börsenverein.
Wenn Bibliotheken E-Books verleihen, werden die Werke auf den Computer der Nutzer geladen und mit technischen Schutzmaßnahmen versehen. Nach Ablauf der Leihfrist von 14 Tagen wird die Datei unbrauchbar gemacht, erst danach kann ein weiterer Nutzer das E-Book ausleihen. Die Lizenzen zwischen den Bibliotheken und den Verlagen werden individuell ausgehandelt. Dabei erhalten die Verlage pro E-Book eine Gebühr, die in der Regel über dem Ladenpreis liegt.
Im Januar hatten über 600 Bibliotheken einen ungehinderten Zugang zu E-Books gefordert. Für sie sollten die gleichen Regeln wie für gedruckte Bücher gelten, heißt es in einem offenen Brief des Bibliotheksverbandes an die Abgeordneten des Bundestages. 70 Prozent der E-Book-Titel der Spiegel-Bestsellerliste würden Bibliotheken bis zu einem Jahr lang vorenthalten.