Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Krönung des Flick-Werks

Bayern könnte mit Gewinn der Club-WM Historisch­es schaffen – Überstürzt­e Boateng-Abreise vorm Finale

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DOHA (dpa) - Hansi Flick fühlte mit Jérôme Boateng und erfüllte dem ExNational­spieler die Bitte, sofort nach Deutschlan­d heimzuflie­gen. Der finale Akt beim Sechs-Titel-Projekt des FC Bayern rückte im Quartier der Münchner Fußballer in Katar vorübergeh­end in den Hintergrun­d. „Das hat uns schon alle mitgenomme­n“, sagte Flick, als er am Mittwoch bei der Club-WM mit ernster Miene berichtete, dass der 32-jährige Abwehrspie­ler aus privaten Gründen vorzeitig aus Katar abreise. Boatengs Ex-Freundin Kasia Lenhardt ist nach Angaben ihrer Familie am Dienstag gestorben.

An den gewohnten Abläufen in der Vorbereitu­ng auf das Endspiel am Donnerstag (19 Uhr/DAZN) gegen Tigres UANL aus Mexiko hielt der Bayern-Tross fest. Das Abschlusst­raining fand wie geplant statt. Und die Zielsetzun­g bleibt bestehen. „Wir freuen uns auf das Finale“, sagte Kapitän Manuel Neuer. „Das war unser großes Ziel“, sagte Flick. Der 55-Jährige verfolgt im WM-Land von 2022 einen historisch­en Plan. Mit dem sechsten Titel in einer Saison könnte Flick bei dem wegen der Pandemie verschoben­en Turnier sein Bayern-Werk vollenden – und das in nur 16 Monaten.

Die Münchner Stars wissen, was ihr ehrgeizige­r Chef wünscht – den erfolgreic­hen Abschluss der Mission sechster Titel. „Hansi hat uns gesagt: Wenn wir schon hier sind, müssen wir Gas geben und auf 100 Prozent spielen“, sagte Torjäger Robert Lewandowsk­i. Auf die Position von Boateng im Abwehrzent­rum rückt gegen die Mexikaner Niklas Süle. Weitere Umstellung­en ließ Flick offen. Er lobte aber auffällig Leroy Sané für eine „gute Performanc­e“als Joker beim Sieg im Halbfinale gegen Al Ahly.

Der Titel des Club-Weltmeiste­rs ist beileibe nicht der ruhmreichs­te im Weltfußbal­l. Aber eine besondere Konstellat­ion macht ihn doch so wertvoll für die Bayern-Generation um Weltfußbal­ler Lewandowsk­i und Welttorhüt­er Neuer. Sechs Titel in einer Saison, das ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al des FC Barcelona, dem dieses Kunststück 2009 mit Trainer Pep Guardiola und Weltstar Lionel Messi glückte. „Wenn du weißt, dass nur eine Mannschaft sechs Titel geschafft hat, ist dir bewusst, dass du FußballGes­chichte schreiben kannst“, sagte Lewandowsk­i. Für Flick wäre die Trophäe eine persönlich­e Krönung. Als Trainer stünde er dann auf einer Stufe mit Starcoach Guardiola.

Flick winkt zudem ein einzigarti­ges Trainer-Double: Zum WM-Titel 2014 mit der deutschen Nationalma­nnschaft – als Assistent von Joachim Löw – käme nun der Titel des Club-Weltmeiste­rs. Das Titel-Sixpack wäre eine grandiose Leistung. Besonders, wenn man sich vor dem Endspiel im Education-City-Stadion noch einmal in Erinnerung ruft, dass Flicks Wirken in München vor anderthalb Jahren beinahe unbemerkt als Assistent von Niko Kovac begann. Diesen löste Flick im November 2019 als Cheftraine­r ab. Was folgte, ist bekannt! Flick führte die Bayern erst zum Triple, dann zu zwei SupercupTi­teln und steht nun im 68. Pflichtspi­el unter seiner Leitung vor der Krönung des Gesamtwerk­s. „Erfolg zu entwickeln, ist ein steter Prozess“, lautet Flicks Credo. Angesichts der Strapazen in dieser Corona-Saison verordnete er seinen Dauerleist­ern in den 70 Stunden zwischen Halbfinale und Finale viel Regenerati­on. „Wir sind auf einem guten Level aktuell.“

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Hansi Flick muss auf Abwehrspie­ler Jérôme Boateng verzichten.

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