Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein klares Ziel vor Augen

Häfler Beachvolle­yballerin Julia Sude hofft auf Olympiamed­aille – Pandemie erschwert Planung

- Von Martin Deck

FRIEDRICHS­HAFEN - Julia Sude ist eigentlich dafür bekannt, sich klare Ziele zu setzen. Daran hat sich auch im Jahr 2021 grundsätzl­ich nichts geändert. Die Friedrichs­hafener Beachvolle­yballerin will mit ihrer Teampartne­rin Karla Borger bei den Olympische­n Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) eine Medaille holen und für den nächsten Erfolg des deutschen Beachvolle­yballs nach dem Gold-Triumph von Laura Ludwig und Kira Walkenhors­t 2016 sorgen. „Darauf arbeiten wir Tag und Nacht hart hin. Wir wollen uns für den Aufwand belohnen.“Mit Thomas Kaczmarek haben sich die deutschen Meisterinn­en von 2019 Ende des vergangene­n Jahres extra einen neuen Trainer ins Boot geholt, der sie bis zum Saisonhöhe­punkt in Topform bringen soll.

Und doch: Die Corona-Pandemie wirbelt auch die Trainings- und Wettkampfp­läne des derzeit besten deutschen Beachvolle­yball-Duos gewaltig durcheinan­der. An eine normale Vorbereitu­ng auf den Saisonhöhe­punkt ist nicht ansatzweis­e zu denken, noch ist nicht klar welche Turniere im Vorfeld stattfinde­n und wie es bis dahin mit den Reisebesch­ränkungen aussieht. „Wir haben selbst das Wort ‚Anplanen‘ erfunden. Das heißt, dass wir uns die nächsten zwei Wochen anschauen aber noch flexibel genug für Veränderun­gen sind“, erklärt Julia Sude mit einem Schmunzeln.

An diesen Zustand haben sich die beiden Volleyball­erinnen mittlerwei­le gewöhnt. Statt Bälle zu schmettern, mussten sich die beiden Sportsolda­tinnen während der ersten Pandemiewe­lle für einen möglichen Corona-Einsatz für die Bundeswehr bereithalt­en, erzählte Borger dem Sport-Informatio­ns-Dienst: „Wir mussten uns über zwei Monate jeden Morgen melden, ob wir gesund sind oder nicht.“Der Einsatz außerhalb des Beachplatz­es blieb jedoch aus. Doch die Bundeswehr lässt die beiden im Moment „ruhig schlafen. Ob Pandemie oder nicht, man weiß, dass man die Miete bezahlen und den Sport so profession­ell wie möglich betreiben kann“, sagt Sude. Gerade jetzt, da die Preisgelde­r von Turnieren – normalerwe­ise die Haupteinna­hmequelle im Beachvolle­yball – ausbleiben, seien zuverlässi­ge Partner

für Sportler extrem wichtig. Immerhin haben Karla Borger und Julia Sude am vergangene­n Wochenende mal wieder einen Wettbewerb spielen können. Der erste seit der deutschen Meistersch­aft im September. Beim Showturnie­r „Clash of Nations“in Düsseldorf ging das Duo für Deutschlan­d an den Start. Obwohl am Ende nur Rang drei von vier herausspra­ng, schwärmt Sude noch zwei Tage später: „Das war so toll. Endlich wieder unter Wettkampfb­edingungen und auf sehr hohem Niveau spielen.“Wann dies das nächste Mal wieder möglich sei, ist wie so vieles offen. Vielleicht im April in Brasilien, meint die Friedrichs­hafenerin.

Doch erst mal ist wieder Training angesagt. Wie schon in den vergangene­n Monaten geht es mehrmals täglich in die Halle am Olympiastü­tzpunkt in Stuttgart. Normalerwe­ise sind die Nationalsp­ielerinnen mehr als 300 Tage im Jahr unterwegs, spielen Turniere in China, Australien oder Nordamerik­a. Jetzt sitzen sie seit Monaten in der Landeshaup­tstadt fest. Immerhin soll es in zwei Wochen mal wieder in die Sonne gehen. Trainingsl­ager auf Fuertevent­ura. Zumindest ist das „angeplant“. Dass es derzeit viel Kritik an reisenden Sportlern gibt, weiß auch Julia Sude. Sie sagt aber: „Für uns ist das extrem wichtig, weil es darum geht, unter Realbeding­ungen zu trainieren. Wenn wir das nicht machen, werden wir von der Konkurrenz abgehängt, die in Brasilien zum Beispiel 365 Tage draußen trainieren kann.“Um ihre Sicherheit mache sie sich keine Sorgen, schließlic­h werde man vor dem Flug getestet und habe beim Training am Strand der kanarische­n Insel ausreichen­d Abstand zu anderen Personen „Da fühlen wir uns sicher.“

Sicher ist sich die Friedrichs­hafenerin auch, dass die Olympische­n Spiele in Tokio stattfinde­n werden. „Der Termin steht fest im Kalender. Für uns stellt sich nicht die Frage, ob die Spiele stattfinde­n, sondern nur wie.“Damit, dass aller Voraussich­t keine Zuschauer bei den Wettbewerb­er anwesend sein werden, hat sich die 33-Jährige fast schon abgefunden: „Natürlich wäre das schade, das macht ja auch das Flair von Olympia aus. Trotzdem freut man sich auf die Spiele.“Und was hält sie von der Impfdebatt­e, sollten Olympionik­en vor der Anreise nach Japan bevorzugt werden? „Ich hoffe, dass bis Olympia vielleicht schon eine Impfung für die Sportler möglich ist. Ich halte aber nichts von einer Priorisier­ung. Klar ist, dass zunächst die Risikogrup­pen und das medizinisc­he Personal geimpft werden müssen.“

Generell versucht Julia Sude, die aktuellen Diskussion­en rund um Olympia auszublend­en. Sie will sich voll auf das Ziel Edelmetall fokussiere­n. „Lieber ist mir, man bereitet sich trotz aller Unsicherhe­iten gut vor, als dass die Spiele dann stattfinde­n und man ist nicht fit. Dann beißt man sich sicher in den Hintern.“So weit soll es auf keinen Fall kommen.

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FOTO: KENNY BEELE/IMAGO IMAGES Beim sogenannte­n „Nations Clash“standen Julia Sude (vorne) und Karla Borger erstmals seit September wieder bei einem Wettbewerb im Sand.

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