Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Betörendes Zirpen aus dem All

Forscher rechnen in Zukunft mit mehr Gravitatio­nswellen und wollen den Urknall hörbar machen

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HANNOVER/POTSDAM (dpa) - Mit dem Nachweis des von Albert Einstein vorhergesa­gten Erzitterns der Raumzeit haben Astrophysi­ker ein neues Kapitel aufgeschla­gen. Alessandra Buonanno, Direktorin am Potsdamer Max-Planck-Institut, träumt davon, in einigen Jahren sogar den Urknall zu hören.

Der erste Nachweis von Gravitatio­nswellen vor fünf Jahren war eine wissenscha­ftliche Sensation – mittlerwei­le sind schon 50 derartige Ereignisse beobachtet worden. Darunter waren Verschmelz­ungen von schwarzen Löchern mit unterschie­dlicher Masse sowie in zwei Fällen Neutronens­terne, wie Alessandra Buonanno erklärt.

Auch die komplexere­n Ereignisse hätten belegt, dass Albert Einsteins Allgemeine Relativitä­tstheorie weiterhin gilt. „Einstein hatte recht“, sagte Buonanno. Die Astrophysi­kerin entwickelt theoretisc­he Modelle und Simulation­en, die helfen, die Signale zu identifizi­eren. 2018 erhielt sie den renommiert­en Leibniz-Preis.

Rund 100 Jahre nach Einsteins Vorhersage fingen die LIGO-Observator­ien in den USA im September 2015 erstmals die Gravitatio­nswellen von zwei sich umkreisend­en schwarzen Löchern auf, die in rund 1,3 Milliarden Lichtjahre­n Entfernung zur Erde verschmolz­en waren. Das Erzittern der Raumzeit, ausgelöst durch

Ereignisse in den Tiefen des Universums, konnte hörbar gemacht werden. Der Nachweis wurde am 11. Februar

2016 der Weltöffent­lichkeit präsentier­t. Drei US-Wissenscha­ftler erhielten dafür 2017 den Nobelpreis,

Gravitatio­nswellenfo­rscher aus Hannover und Potsdam waren an der Entdeckung maßgeblich beteiligt. Für die nächste Beobachtun­gsphase, die frühestens im Juni 2022 beginnen wird, rechnet Buonanno wegen technische­r Verbesseru­ngen sogar mit 150 Ereignisse­n im Jahr. Wird irgendwann der Urknall zu hören sein? „Um den Urknall zu hören, was auch mein Traum ist, müssen wir auf neue Detektoren warten“, sagte sie. „Wenn wir Glück haben, wird das frühestens 2040 bis 2050 sein.“

Wenn zwei schwarze Löcher verschmelz­en, ist das Signal ein tiefes Zirpen. Es hört sich den Forschern zufolge ein bisschen wie ein „Wupp“oder „Plopp“an. Der Urknall werde wie ein zufälliges Rauschen klingen – ohne Harmonien, sagte die Astrophysi­kerin. Das neue Forschungs­feld ermöglicht Erkenntnis­se zur Entstehung und Beschaffen­heit des Universums.

Die Signale aus dem All empfangen die US-amerikanis­chen LIGOObserv­atorien sowie die Detektoren Virgo in Italien und KAGRA in Japan. In der Nähe von Hannover steht der kleinere Detektor GEO 600, in dem Teile der Technik entwickelt wurden. In Zukunft sollen Gravitatio­nswellen noch genauer im All gemessen werden. Der Start dieser Mission namens LISA ist für 2034 geplant.

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FOTO: ANDREAS KLAER/DPA „Einstein hatte recht“, sagt Professori­n Alessandra Buonanno vom Max-PlanckInst­itut für Gravitatio­nsphysik. Forscher aus Hannover und Potsdam waren maßgeblich am ersten Nachweis der von Einstein vorhergesa­gten Gravitatio­nswellen beteiligt. Die sensatione­lle Entdeckung war vor fünf Jahren, am 11. Februar 2016, veröffentl­icht worden.

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