Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Es war eine Katastrophe“
Regionalliga Südwest: Neuzugang Daniele Gabriele ist wohl in Ulm angekommen
LEUTKIRCH/ULM - „Ich will wieder spielen“, sagt Daniele Gabriele. Der 26-jährige Fußball-Profi aus Leutkirch ist einer der Winter-Neuzugänge beim Südwest-Regionalligisten SSV Ulm 1846 Fußball. Und spielen darf er. Der Offensivmann kam vom Drittligisten Türkgücü München, wo er es im vergangenen Halbjahr nicht leicht hatte. Er berichtet: „Nur fünf Einsätze in dieser Zeit – natürlich war ich unzufrieden. Aber das liegt hinter mir.“Der Start in Ulm verlief gut: Im dritten Einsatz am vergangenen Wochenende gegen den SV Elversberg traf Gabriele erstmals und half seinem neuen Arbeitgeber so mit 2:0-Sieg immerhin kurzzeitig auf Tabellenplatz eins zu springen. Nun geht es gegen RW Koblenz.
Die Spatzen sind die achte Station in Gabrieles Laufbahn. Die ersten Schritte machte er beim FC Leutkirch. In der C-Jugend verschlug es ihn zum FC Memmingen. Der Allgäuer erinnert sich: „Nur ein Jahr später, mit 15, bin ich zu Hause ausgezogen und zum SC Freiburg gewechselt.“An die Zeit dort erinnert er sich gern: „Freiburg war top, ich bin schnell erwachsen geworden, weil ich früh auf mich allein gestellt war. Ich habe mich persönlich und sportlich weiterentwickelt.“Ein Spiel ist ihm gut im Gedächtnis geblieben: das DFB-Pokalfinale der AJunioren in der Saison 2011/2012.
„Wir haben Hertha BSC Berlin 2:1 geschlagen, ich habe beide Tore geschossen.“Es folgte eine Saison in der U19-Bundesliga, in der er in 21 Partien 22 Mal einnetzte und acht Mal vorbereitete. 13/14 dann der Sprung in die zweite Mannschaft der Freiburger, einer der Ulmer Konkurrenten in der Liga. Der Leutkircher spielte sich fest. Im zweiten Jahr (14/ 15) platzte der Knoten: Mit 21 Treffern und neun Vorlagen krönte sich Gabriele zum Torschützenkönig. Belohnt
wurde der Stürmer mit dem Wechsel in die Reserve des VfB Stuttgart (15/16) in die Dritte Liga. Auch dort fasste er Fuß: Obwohl die Schwaben Letzter wurden, überzeugte er (sechs Tore, zwei Vorlagen). In der darauffolgenden Regionalliga-Saison setzte ihn lange eine Verletzung außer Gefecht.
Als „wunderschön“beschreibt Gabriele seine Zeit beim FC Wacker Innsbruck, dem er sich 17/18 anschloss. In der Österreichischen Zweiten Liga trug er mit fünf Toren und zehn Assists maßgeblich zum Erreichen der Meisterschaft und dem Aufstieg bei. „Man lernt überall Menschen kennen, die einen prägen. Aber nach Innsbruck habe ich sehr viel Kontakt. Erfolg bleibt besonders in Erinnerung“, erklärt heute der 26Jährige.
In der Beletage der Alpenrepublik lief es 18/19 aber nicht rund. Gabriele berichtet: „Der Verein hatte eine schwierige Zeit, wir sind direkt wieder abgestiegen.“Den Allgäuer zog es weiter in die deutsche Dritte Liga zu Carl-Zeiss Jena (19/20). „Das war heftig. Wir haben die ersten zehn Spiele verloren. Da war klar: Es geht ums Überleben“, erinnert er sich. Drei verschiedene Trainer hatte er in seiner Zeit dort. Im Team habe es gestimmt, doch sportlich klappte wenig. Selbst starke Leistungen konnten den für Gabriele zweiten Abstieg in Serie nicht verhindern.
Seine guten Statistiken weckten Interesse. Gabriele entschied sich für München. „Ich hatte den Anspruch, die Liga zu halten. Aber das hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Es war eine Katastrophe“, gibt er zu. Die Landeshauptstädter leisteten sich einen aufgeblähten 35-MannKader. „Türkgücü hat starke Leute – man stellt sich weiß Gott was vor: Spiele ich mit dem, gelingen mir mehr Tore oder Vorlagen, das wäre gut für die Laufbahn.“Tatsächlich aber wurde Gabriele nach kurzer Zeit aussortiert und sein Vertrag nach einem halben Jahr aufgelöst. „Ich würde es gern rückgängig machen, aber das geht nicht. In diesem Beruf ist das so, du musst Abstriche machen und Veränderungen in Kauf nehmen.“Halt gibt ihm dabei seine Freundin, mit der er einen zweijährigen Sohn hat.
Jetzt also Ulm. „Es ist super, so nahe an Zuhause zu sein“, freut sich der Angreifer. Seine Eltern, zu denen er viel Kontakt hat, wohnen nach wie vor in Leutkirch. Er stellt aber klar: „Ich will zurück in die Dritte Liga. Ich wäre nicht hier, wenn ich Ulm das nicht zutrauen würde.“Auch der SSV selbst traut sich dieses Ziel zu und hat sich trotz schwankender Resultate mit dem aktuell zweiten Rang eine gute Ausgangslage in der Tabelle verschafft.
Verzerrt wird das Bild nur davon, dass die Ulmer Konkurrenten teilweise drei Partien hinterher hinken – und wegen des Schnees fallen weitere Spiele aus. Ulm tangiert das dank des Kunstrasenplatzes aber weniger. Am Samstag um 14 Uhr spielt der SSV auf diesem gegen den Tabellen-17. RW Koblenz. Da sind die Ulmer Favorit und müssten eigentlich drei Punkte einfahren.
Weil beim FSV Frankfurt Corona grassiert, wurde das Spiel gegen den SSV Ulm vom 20. Februar auf den 23. März verlegt.