Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vielen Hästrägern blutet jetzt das Herz
Laichinger Narrenzunft „Die Gaißer Madl“hofft auf Brauchtumsabend im Jahr 2022
LAICHINGEN - „Bei uns wird es in diesem Jahr nichts mit dem Häs“, sagt Manuela Zimmermann. Sie ist die Zunftmeisterin der Narrenzunft Laichingen, den „Gaißer Madl“. Eigentlich wäre jetzt Fasnet-Hochsaison, doch den Mitgliedern der Zunft bleibt nichts anderes übrig, als zuhause zu bleiben – so wie auch andere Gruppen. Dabei sei klar: „Es gibt viele Hästräger, denen jetzt das Herz blutet.“
Von Lorch über Bad Urach bis nach Heidenheim: Gut 25 Veranstaltungen, darunter Umzüge und Brauchtumsabende, besuchen die Gaißer Madl in der Fasnets-Saison. In diesem Jahr bleibt nur noch eines übrig: Die Laichinger Narrenzunft beteiligt sich an vielen Online-Angeboten. Die Fasnet bleibt im Herzen.
„Es ist wegen Corona jetzt einfach nicht machbar“, zeigt Zimmermann auf, merkt aber auch an: „Wir stehen dennoch in regem telefonischen Kontakt. Alle sind sehr traurig.“Eigentlich sei für dieses Jahr auch geplant gewesen, einen Brauchtumsabend anzubieten. „Verschoben ist aber nicht aufgehoben“, bedeutet die Zunftmeisterin und hofft, dass die Laichinger sowie die anderen Gruppen im Jahr 2022 wieder richtig zum Zug kommen. „Dann dauert die Fasnet auch einige Wochen länger“. Ein Ziel, auf das hingefiebert werde.
„In unserer Gruppe ist es auch so, dass man sich privat eigentlich häufig trifft – beispielsweise zum gemeinsamen Grillen oder Unternehmungen“, erklärt Zimmermann. Die Narrenzunft Laichingen gleiche einer Familie – derzeit bestehend aus 23 Erwachsenen und 20 Kindern. „Wir haben einen ganz stabilen Kern und in unserer Gruppe geht es familiär zu“, so Zimmermann weiter. Deswegen schmerze der Ausfall der Fasnet umso mehr. Wenn wieder Treffen erlaubt seien, dann würde auch die ausgefallene Weihnachtsfeier nachgeholt – wahrscheinlich eher als Sommerfest, mutmaßt Zimmermann und ergänzt: „Aber wir greifen nächstes Jahr mit neuem Mut an“, freut sich die Zunftmeisterin schon.
Derweil erinnert sie sich an die Anfänge der Narrenzunft zurück – keine Selbstverständlichkeit in Laichingen. „Es hieß immer, dass es keine Fasnet in Laichingen gibt und auch nie geben wird“, sagt Zimmermann. Doch das stimme nicht. Die Laichinger Narrenzunft sei der beste Beweis dafür. Manuela Zimmermann, ihr Bruder sowie ihre Tochter seien zuvor Mitglieder in einer anderen Narrenzunft gewesen. Doch der dortige Umgang hätte nicht gepasst. Sie beschlossen, etwas „Eigenes zu machen“. „Einem richtigen
Narr juckt es nämlich in den Fingern“, sagt Zimmermann. Im hiesigen Stadtarchiv habe man nachgehakt, ob es eine Fasnetsfigur in Laichingen gab. „1924 hatte Laichingen einen Umzug“, so Zimmermann. Die Narrenzunft in Laichingen wurde dann im Jahr 2006 mit einer Versammlung am 6. Juni gegründet.
„Die Geschichte der Gaißer Madl hat uns einfach zugesagt“, zeigt Zimmermann den Hintergrund für die Benennung auf. Bei dem Gaißer Madl handele es sich um Maria Magdalena Gaißer – ein richtiges Dorforiginal. Sie lebte zum Schluss im Haus des Bleichers mit dem Namen Johannes Wagner. Sie war unverheiratet und eine Tagelöhnerin. Ihre Lebensgeschichte stamme teilweise aus dem Stadtarchiv und von Zeitzeugen. Im Stadtarchiv sei beispielsweise ein Bericht über eine Gerichtsverhandlung vor dem Schöffengericht Münsingen überliefert. Im Jahre 1859 – als das Gaißer Madl gerade einmal 16 Jahre alt war – brach in ihrem Zimmer
laut der Übermittlung ein Brand aus. Bei diesem Brand verliert sie sämtliche Kleidung und Habseligkeiten. Da das Gaißer Madl schon mit ihren 16 Jahren nur Dummheiten im Kopf hatte, gingen deswegen auch keine Spenden von anderen Laichinger Mitbürgern ein. Später sei das dann 42-jährige Gaißer Madl in ein Armenhaus gekommen, wo sie den Schneider Kaufmann kennenlernte. Als es zwischen dem Gaißer Madl und dem Schneider zum Streit kam, beschimpfte diese seine Frau und ihn mit den schlimmsten Schimpfwörtern. Daraufhin bekam sie die härtesten Prügel vom Schneider mit einem Kehrwisch, heißt es.
Ein paar Monate später kam es zur Verhandlung vor dem Schöffengericht Münsingen gegen den Schneider Kaufmann. Zur Anklage kam dabei die Körperverletzung an dem Gaißer Madl. Während der Gerichtsverhandlung log das Gaißer Madl vom Anfang bis zum Ende der Verhandlung. Sie log dem Gericht vor, niemals den Schneider oder auch seine Frau je beleidigt oder beschimpft zu haben. Diese Aussage konnte von anderen Zeugen widerlegt werden. Noch im selben Jahr kam es dann zur Anklage gegen das Gaißer Madl wegen Meineid und Beleidigung. Das Gericht in Ulm habe sie zu zwei Jahre Zuchthaus und Verlust der Ehrenrechte auf fünf Jahre und andauernder Zeugnisunfähigkeit verurteilt. Im Laufe der Jahre, so würden Zeugnisse aufzeigen, habe es noch weitere „freche“Taten des Gaißer Madl gegeben.
Die Narrenzunft Laichingen hatte sich also die Hauptfigur des Gaißer Madl auserwählt. Als Einzelfigur gibt es noch den Schneider Kaufmann. „Meine Tochter Sabrina hat dann das Häs entwickelt. Diese wiederum ist von meiner Cousine Astrid Sack und mir genäht“, erzählt Manuela Zimmermann weiter. Das Häs der Gaißer Madl besteht aus einem Rock mit Fransen, einer Pumphose, der Schürze, Stulpen und Blauhemd – angelehnt an die Stadtfarben von Laichingen.
Weitere Informationen über die Narrenzunft Laichingen „Die Gaißer Madl“finden Interessierte im Internet unter
www.narrenzunft-laichingen.de