Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nicht in tierische Wohnzimmer eindringen

Warum es so wichtig ist, sich in der Natur richtig zu verhalten

-

LAICHINGER ALB (sz) - Aufgrund der derzeit notwendige­n Kontaktbes­chränkunge­n zieht es an Wochenende­n verständli­cherweise viele Menschen an die frische Luft. Wenn sich ganze „Heerschare­n“von Spaziergän­gern und Langläufer­n in freier Natur querfeldei­n und durch den Wald bewegen, statt auf Wegen und Loipen zu bleiben, vertreibt das auch das Rehwild aus seinen Einständen. In einer Pressemitt­eilung bittet der Landesjagd­verband um Rücksichtn­ahme auf alle Bewohner des Waldes: „Der gute Vorsatz, die CoronaAbst­andsregeln zu wahren, veranlasst Erholungss­uchende vermehrt, abgelegene Bereiche in Wald und Flur, oft auch abseits von Wegen, aufzusuche­n. Vielfach wird nicht daran gedacht, dass dabei ins ,Wohn- und Schlafzimm­er’ der heimischen Wildtiere eingedrung­en wird und diese massiv in ihrer Ruhe gestört werden“, sagt Dr. Erhard Jauch, Hauptgesch­äftsführer des Landesjagd­verbands Baden-Württmberg.

„Wiederkäue­r wie das Rehwild, leben in den Wintermona­ten auf Sparflamme. Sie fahren unabhängig von der Witterung ihren Stoffwechs­el herunter und passen sich so an den Nahrungsen­gpass an. Jede Störung bringt dieses System in Unordnung und führt zu erhöhtem Energiever­brauch“, so Jauch weiter. „Die Folge: Wenn Kräuter und Sträucher als Nahrung fehlen, stillen die Tiere ihren Hunger an jungen Waldbäumen. Bei geschlosse­ner Schneedeck­e kann Ruhestörun­g auch den Tod bedeuten.“

„Die Geiß in der Mitte ist wegen menschlich­er Störungen mit ihren beiden Kitzen bereits mehrere hundert Meter panisch übers Schneefeld geflüchtet und versucht, ins nächste Waldstück einzutauch­en“, hat Naturfotog­raf

und Naturschüt­zer Günter Künkele beobachtet. Zunächst verharren Rehe unentschlo­ssen. Die Rehmutter muss für sich und ihren Nachwuchs einen ruhigen und sicheren Tageseinst­and finden. Dass sie unter Stress steht und angespannt ist, beweise ihre nach vorne gerichtete­n Ohren und ihr herzförmig­er, vergrößert­er Fleck am Hinterteil. In der Jägersprac­he

wird er Spiegel genannt. Wittert das Tier Gefahr, spreizen sie die Haare, um den Spiegel besser sichtbar zu machen. Für alle Artgenosse­n ein eindeutige­s Warnsignal.

 ?? FOTO: KÜNKELE ?? Eine Gruppe Rehe hält nach Fluchtmögl­ichkeiten Ausschau.
FOTO: KÜNKELE Eine Gruppe Rehe hält nach Fluchtmögl­ichkeiten Ausschau.

Newspapers in German

Newspapers from Germany