Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine Perspektive tut not
Wenn sich an diesem Dienstag 40 Verbände bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier einfinden, wird recht sicher hinter verschlossenen Türen Tacheles geredet. Nur wenige Minuten hat jede Branche Zeit, um dort ihre mehr oder minder große Not vorzutragen. Es riecht nach einer Showveranstaltung des Ministers, der mit einer schnellen Hilfe für die gebeutelte Wirtschaft offenkundig überfordert ist und die berechtigte Kritik daran mit diesem Wirtschaftsgipfel wieder einzufangen versucht.
Nachdem Bund und Länder beim ersten Lockdown vor fast einem Jahr vorbildlich reagierten und den betroffenen Unternehmen und Selbstständigen unkompliziert halfen, Webfehler in den Hilfsprogrammen korrigierten und neue Pakete schnürten, scheint der Elan nun verflogen. Ob November- und Dezemberhilfe oder Unterstützungshilfe III: Es läuft nicht rund. Das Chaos rund um die Auszahlung der Unterstützung muss sich Altmaier ankreiden lassen. Das werden die Verbände den Minister spüren lassen.
In vielen Unternehmen herrscht die nackte Existenzangst vor. An dieser Stelle kommen andere Akteure, von der Bundeskanzlerin bis hin zu den Regierungschefs der Länder ins Spiel. Denn alles ist zu ertragen, wenn sich eine Perspektive für bessere Zeiten ergibt. Diese Aussicht, besser gesagt, einen Zeitplan und klare, verlässliche Kriterien für die Öffnung der Wirtschaft, liefert die Politik bisher nicht. Die Unsicherheit wirkt womöglich zerstörender als ausbleibende oder verzögerte Hilfen. Bei aller berechtigter Kritik an Altmaier ist er nicht der Hauptverantwortliche, wenn die Stimmung in Teilen der Wirtschaft wie der Bevölkerung allmählich in Richtung Hoffnungslosigkeit kippt.
Wenn dieser Gipfel etwas bringen soll, muss der Minister mit einer Perspektive aufwarten. Sonst ist er überflüssig. Gleichwohl sind simple Botschaften, wie sie der FDP-Freischärler Wolfgang Kubicki gerne verbreitet, auch keine Hilfe. Einfach alles wieder ungeachtet der Pandemieentwicklung zu öffnen, kann sich auch als teurer Fehler erweisen.