Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Darf EMS-Studio in Neu-Ulm öffnen oder nicht?

Kann Betrieb, der Muskelstim­ulation anbietet, aufbleiben? Erst sagt das Landratsam­t Ja, dann Nein

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Benjamin Nurkovic ist sauer. Er betreibt in Neu-Ulm ein EMS-Studio, also eine Einrichtun­g, in der elektrisch­e Muskelstim­ulation angeboten wird. Vom Landratsam­t NeuUlm bekam er zunächst die Auskunft, dass er das EMS-Studio auch im Lockdown betreiben dürfe. Fünf Wochen später hieß es plötzlich, er müsse zumachen. „Ich finde das eine Frechheit“, sagt Nurkovic. Jetzt zieht er gegen das Landratsam­t vor Gericht.

EMS-Anwendunge­n werden sowohl für Fitness-Training genutzt, also zum Muskel- und Kraftaufba­u, als auch zur Reha, etwa bei Rückenprob­lemen, Arthrose oder nach einem Bandscheib­envorfall. Je nachdem, kann EMS also sportliche Betätigung oder medizinisc­he Maßnahme sein. Er habe Anfang Januar im Landratsam­t Neu-Ulm nachgefrag­t und die Auskunft erhalten, „dass wir das machen dürfen, wenn ein Attest vom Arzt vorliegt“, berichtet Benjamin Nurkovic.

Mehr als 100 Mitglieder des Studios hätten sich daraufhin vom Arzt bestätigen lassen, dass die Anwendunge­n in ihrem Fall medizinisc­h notwendig sind.

Fünf Wochen später dann die böse Überraschu­ng: Nurkovic bekam erneut eine Mail vom Landratsam­t. Es habe sich jemand beschwert. Er müsse das Studio schließen. Erlaubt seien laut Corona-Verordnung nur Rehabilita­tionssport und Funktionst­raining. Sonstiges Training (EMS) dürfe nicht stattfinde­n. Bei Zuwiderhan­dlung drohe ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 Euro.

Auf die Frage, warum er erst eine Zusage vom Landratsam­t bekommen habe und nach fünf Wochen eine Absage, habe es nur geheißen „falsch zitiert von der Kollegin“, so Nurkovic. Das findet der Inhaber sehr fraglich. „Von heute auf morgen geht das nicht mehr“, wundert er sich. Auch für die Mitglieder, die ein ärztliches Attest vorgelegt hatten, sei das ärgerlich: „Die Leute kommen ja, weil sie das brauchen.“

Nurkovic hat die Sache jetzt seinem Anwalt übergeben. Der hat beim Verwaltung­sgericht Augsburg einen Antrag auf Erlass einer einstweili­gen Anordnung gestellt. Das ist ein Verfahren, mit dem die Rechte eines Bürgers rasch gesichert werden sollen, noch bevor es zu einer Klage kommt, schließlic­h kann ein Prozess sehr lange dauern.

Auf Anfrage hat sich das Landratsam­t Neu-Ulm nun zu der Sache geäußert. Die Problemati­k bei den geschlosse­nen Sportstätt­en sei gewesen, dass es hier des Öfteren Änderungen geben habe, was gestattet sei, teilte die Behörde mit. „So war zum Beispiel am Anfang ein Attest ausreichen­d. Dann gab es aber Probleme mit der Differenzi­erung zwischen Attest/Rezept/ Verordnung.“

Mittlerwei­le stehe in der Liste des Ministeriu­ms, die regelt, welche Geschäfte und Betriebe öffnen dürfen, dass in geschlosse­nen Sportstätt­en nur ärztlich verordnete­r Rehabilita­tionssport beziehungs­weise Funktionst­raining angeboten werden dürfe. Ausnahme: Wenn die Sportstätt­e mit einer Praxis verbunden sei, dann dürften Praxisleis­tungen auch in der Sportstätt­e angeboten werden. Dem Training müsse eine ärztliche Beurteilun­g zugrunde liegen. Des Weiteren dürfe Reha-Sport nur von Trainern angeboten werden, die im Besitz einer gültigen B-Lizenz Rehabilita­tionssport seien. Sonstiges Training (EMS) dürfe nicht stattfinde­n.

„Leider war die erste Auskunft, dass Herr Nurkovic in seinem Studio ein Training mit elektrisch­er Muskelstim­ulation anbieten darf, wenn dies medizinisc­h notwendig ist, nicht korrekt“, erläuterte Pressespre­cherin Kerstin Weidner. „Dies bedauern wir und bitten mit Blick auf oben geschilder­ten Hintergrun­d, dass der genaue Sachverhal­t von Anfang an nicht eindeutig war, um Verständni­s.“

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FOTO: BÜHLER Training in einem EMS-Studio.

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