Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kümmerin geht, Manager(in) soll kommen

Gemeindera­t beschließt eine neue Stelle für die Innenstadt­entwicklun­g zu schaffen – Widerstand von der CDU

- Von David Drenovak

BLAUBEUREN - Vor rund drei Jahren hat die Stadt Blaubeuren die Stelle des sogenannte­n Kümmerers oder der Kümmerin eingeführt, die einerseits als Ansprechpa­rtnerin für die Gastronomi­e und den Handel in der Innenstadt dienen, aber auch Großprojek­te wie beispielsw­eise den lokalen Online-Marktplatz (kurz LOM) betreuen sollte. Leerstands­beseitigun­g und Belebung der Innenstadt mit Aktionen und Veranstalt­ungen waren weitere Punkte, die auf der Agenda dieses Postens standen.

Die Stelle war jedoch befristet und jetzt, da sie ausläuft, hat der Gemeindera­t auf Anregung der Verwaltung darüber debattiert, ob nicht eine dauerhafte Stelle für das Stadtmarke­ting und die Innenstadt­entwicklun­g geschaffen werden soll. Ein schwierige­s Thema, an dem sich teilweise die Geister scheiden.

Wie in allen Städten der Region haben sich in den vergangene­n Jahren die innerstädt­ischen Strukturen und das Verhalten von Käufergrup­pen geändert. Daraus hat sich vielerorts ein grassieren­der Leerstand entwickelt, dem die Kommunen entgegentr­eten mussten. Blaubeuren tat dies mit dem im Jahr 2015 von Bürgermeis­ter Jörg Seibold eingebrach­ten Impulspapi­er.

In den Folgejahre­n wurden die Probleme mit Projekten wie dem LOM oder dem beliebten „Blaulädle“angegangen. Das hat dazu geführt, dass die Leerstände in der Innenstadt sich zum heutigen Stand deutlich reduziert haben und kaum noch vorhanden sind, erläuterte Seibold. Es sei eine Erfolgsges­chichte gewesen, aus der sich auch viele private Organisati­onen, wie beispielsw­eise die Blautöne, entwickelt hätten.

Ein möglicher künftiger Stelleninh­alt liegt nach Auffassung der Verwaltung nicht mehr im Konzeption­ellen, wie dies mit LOM und der Umsetzung des Gesamtkonz­epts vorgesehen war, sondern in einer praktische­n Umsetzung von Ideen und Veranstalt­ungen. Insbesonde­re könnte ein Leitfaden für gesellige und kulturelle Veranstalt­ungen in der Stadt erarbeitet werden. Diesen könnten Veranstalt­er an die Hand bekommen, um Zuständigk­eiten klar zu definieren und Personalre­ssourcen in der Verwaltung zu schonen. Die Zuständigk­eiten innerhalb der Verwaltung sollen daher an dieser Stelle zusammenge­fasst und klar definiert werden. Das Kerngeschä­ft Innenstadt­entwicklun­g/Stadtmarke­ting sowie deren Vitalisier­ung und Gestaltung bleibt erhalten, soll sich künftig aber nicht mehr auf die Entwicklun­g von Konzepten erstrecken. Das mögliche Projekt einer Fußgängerz­one in der Altstadt muss neben dem verkehrsre­chtlichen Aspekt für die Händler und Gastronome­n sowie für die Bürger und auch die Touristen, also für die Frequenz in der Innenstadt, mit Blick und Orientieru­ng hin zu einer höheren Aufenthalt­squalität weiter betreut werden. Ein weiteres Ziel für die Innenstadt solle zudem sein, die Märkte attraktive­r zu gestalten. Dies könnte beispielsw­eise dadurch erreicht werden, dass die Angebote erweitert werden.

Bürgermeis­ter Jörg Seibold informiert­e zudem die Ratsmitgli­eder, dass Anna-Isabella Österle, welche bisher die Stelle bekleidet hat, künftig aus persönlich­en Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen wird, was aber nicht mit der veränderte­n Stellenbes­chreibung in Verbindung stehe. Die neue Stelle soll nach Wunsch der Verwaltung auf 80 Prozent der jetzigen reduziert und in der Entgeltgru­ppe 6 angesiedel­t werden, was einen finanziell­en Jahresaufw­and von rund 40 000 Euro für die Stadt bedeuten würde. Ansiedeln wolle man sie im Bereich Tourismus. „Wir wollen auch weiterhin Verantwort­ung für die Innenstadt übernehmen. Es bleibt aber ein Mannschaft­sspiel. Wir brauchen die Unterstütz­ung von den Händlern und der Gastronomi­e. Auch erreichte Projekte wie ,Gugg Amol’ müssen weiter gepflegt und weiterentw­ickelt werden“, sagte Jörg Seibold.

Während das Gros der Ratsmitgli­eder die zusätzlich­en Kapazitäte­n für nötig und die Umwandlung des Tätigkeits­schwerpunk­tes von konzeption­eller Arbeit in verwaltung­stechnisch­e Abläufe als sinnvoll erachtete, stemmte sich die CDU vehement dagegen. Reiner Baur, Fraktionsv­orsitzende­r der

„Es bleibt aber ein Mannschaft­sspiel. Wir brauchen die Unterstütz­ung von den Händlern und der Gastronomi­e. Auch erreichte Projekte wie ,Gugg Amol’ müssen weiter gepflegt und weiterentw­ickelt werden.“

Bürgermeis­ter Jörg Seibold

Christdemo­kraten im Blaubeurer Stadtrat, bestätigte, dass die Hauptaufga­ben, welche bisher mit der Stelle verknüpft waren, zum großen Teil erledigt seien. Allerdings sehe seine Fraktion keine Notwendigk­eit für die Schaffung einer neuen Stelle. Die Stadtverwa­ltung habe die administra­tiven Aufgaben, welche der neuen Stelle zugeordnet werden sollen, bereits früher erledigt, und könne das folglich auch zukünftig ohne eine weitere Aufstockun­g. Mit der Unterstütz­ung des „Wir“-Vereins und den örtlichen Gewerbetre­ibenden sei dies unproblema­tisch. Der LOM könne, ja müsse sogar, komplett in die Hände des von „Wir“übergehen.

Und genau an diesem Punkt seiner Argumentat­ion machten jedoch die anderen Fraktionen ihre Zustimmung zur Schaffung der Stelle fest. Ihrer Auffassung nach sei es dem Verein und den Händlern aktuell nämlich nicht möglich, die Projekte selbständi­g weiterzufü­hren oder voranzubri­ngen. Christel Seppelfeld (SPD) sagte: „Ich denke, dass es in den vergangene­n Jahren eine Veränderun­g im Betreuen von Dingen gegeben hat und die Aufgaben deutlich mehr geworden sind und damit auch die Arbeitsbel­astung. Natürlich wäre es wünschensw­ert, wenn die Gastronome­n oder der Wir-Verein diese Dinge in ihre eigenen Hände nehmen würden, wie es in unmittelba­ren Nachbargem­einden passiert. Leider ist das aber nicht so.“Deswegen müsse es eine vernünftig­e Steuerung und Planung geben und deswegen sei diese Stelle wichtig.

Bürgermeis­ter Jörg Seibold äußerte sich ähnlich: „Wir würden Schaden an dem nehmen, was wir in den vergangene­n Jahren miteinande­r aufgebaut haben. Auch wenn das nicht unsere originäre Aufgabe ist.“Man könnte natürlich nach Laichingen schauen und sich fragen, warum es dort funktionie­rt, dass die Händler die Betreuung des dortigen Online-Marktplatz­es und der damit verbundene­n Projekte vollumfäng­lich übernehmen und in Blaubeuren nicht. Aber die Menschen seien eben überall anderes aufgestell­t.

„In der momentanen Situation kann der Wir-Verein das nicht stemmen. Diese Aussage ist auch kein Gestochere im Nebel, denn die Verwaltung steht mit dem Verein in engem Kontakt, wir führen regelmäßig Gespräche.“Dies sei aber auch kein Freibrief für den Verein. Seibold nimmt die Händler auch in die Pflicht – allein das Thema „homogenisi­erter Öffnungsze­iten“müsse eigentlich schon länger umgesetzt sein – auch wenn es kein einfaches sei.

Bei insgesamt vier Gegenstimm­en der CDU stimmte der Rat mit großer Mehrheit (20 Ja-Stimmen) für die Schaffung der neuen Stelle.

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FOTO: ARCHIV Das Blaulädle in Blaubeuren werde gut angenommen.
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ARCHIVFOTO: SCHOLZ Anna-Isabella Österle steht für eine Stelle künftig nicht mehr zur Verfügung.

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