Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ulm impft ältere Bürger jetzt vor Ort
Pilotversuch: Alle über 80-Jährigen werden angeschrieben und im Bürgerzentrum geimpft
ULM - Es ist ein Versuch, und wenn er glückt, soll das Modell auf alle Ulmer Stadtteile ausgeweitet werden. Womöglich ziehen dann auch andere Kommunen nach. Der Pilot startet Anfang März am Ulmer Eselsberg; rund 800 Senioren über 80 bekommen Post und darin die Einladung, sich vor Ort im Bürgerzentrum des Stadtteils impfen zu lassen.
Die Hintergründe erläuterte die Ulmer Stadtspitze in einer OnlineKonferenz am Freitag. Oberbürgermeister Gunter Czisch erklärte, dass man damit „näher zu den Menschen rücken“wolle. Das sei die Grundidee.
Denn obwohl sich alle Menschen, die älter als 80 Jahre sind, bereits in den Impfzentren impfen lassen können, nehmen längst nicht alle dieses Angebot war. Zum einen wegen Problemen bei der Terminvergabe, zum anderen: Weil sie womöglich keine Angehörigen haben, die ihnen helfen können, den oft beschwerlichen Weg zum Impfzentrum zu bewältigen.
Deshalb will die Stadt Ulm nun zu ihren älteren Bürgern direkt in die Quartiere kommen, und dort impfen (lassen). Impfstoff und Fachkräfte kommen vom Zentralen Impfzentrum (ZIZ) in der Ulmer Messe. Bereits seit Wochen ist Personal aus dem ZIZ in Pflege- und Seniorenheimen in der nahen und fernen Region unterwegs und impft die dort stationär lebenden
Menschen der höchsten Risikogruppe.
Demnächst all jene, die noch in den eigenen vier Wänden leben. Doch zunächst nur in homöopathischen Dosen. In einem ersten Schwung sollen zunächst 88 Menschen am Eselsberg geimpft werden. Das Potenzial in dem Stadtteil ist mit rund 800 Menschen über 80 um das knapp Zehnfache höher. Für sich genommen sei der Eselsberg von der Einwohnerzahl her laut Czisch so groß wie größere Städte im Alb-Donau-Kreis.
Und so soll es gehen: Am Freitag gingen die Briefe mit dem Impfangebot an die 800 Senioren raus. Darin erklärt die Stadt ihr Vorgehen. Wer Impf-Interesse hat, kann sich dann anmelden (über eine Hotline). Die ersten 88 Anrufer sollen zunächst zum Zug kommen. Der erste „Impfdurchgang“findet am 4. März statt – im Bürgerzentrum am Eselsberg. Das verwandelt sich in ein Impfzentrum im Miniaturformat. Auch hier schauen die Senioren erst einen Info-Film rund ums Impfen an, es folgt das ärztliche
Vorgespräch und dann kommt der Piks. Welcher Impfstoff verabreicht wird, konnte die Stadt am Freitag nicht sagen.
Jene, für die der Impfstoff an diesem ersten Tag nicht reicht, können sich auf eine Warteliste setzen lassen. Sie sollen ihre Impfung zeitnah bekommen und zwar Erst- wie ZweitImpfung.
Die Hürde, dass viele ältere Menschen auf den Weg ins Bürgerzentrum aufgrund der Beschwerlichkeit verzichten, will die Stadt mit Kooperationen mit verschiedenen Diensten umgehen. DRK, Seniorenrat und Vereine würden sicherstellen, dass die älteren Menschen aus ihren vier Wänden behutsam ins Bürgerzentrum gelangen.
Wenn das Modell angenommen wird, soll es laut Gunter Czisch auf die anderen Ulmer Stadtteile ausgeweitet werden. Für Neid, dass der Testlauf nun am Eselbsberg gestartet wird, sieht der Oberbürgermeister keinen Grund. Zu dem Versuch sagte er: „Alle Stadtteile haben etwas davon.“Und womöglich auch andere Kommunen.
Ihm sei konkret keine Gemeinde bekannt, die diesen Weg ebenfalls schon eingeschlagen hat, so Czisch. Doch im Erfolgsfall würden sicher einige folgen. Dass Ulm hier vorangeht, liegt laut Czisch vor allem an der bereits aufgebauten Expertise rund ums Zentrale Impfzentrum, das Pate stand für die anderen Impfzentren in BadenWürttemberg.