Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Man schämt sich“: Heftige Kritik am Impfzentru­m

Die Einrichtun­g in Neu-Ulm erfährt Gegenwind – Wie reagiert das Landratsam­t darauf?

- Von Michael Kroha

NEU-ULM - Seit bald zwei Monaten wird im Landkreis Neu-Ulm in den beiden Impfzentre­n in Weißenhorn und Neu-Ulm geimpft. Dort soll zumindest inzwischen der „Regelbetri­eb“laufen. Doch ganz rund läuft es offensicht­lich nicht und das liegt nicht am fehlenden Vakzin. Vor allem das Impfzentru­m in Neu-Ulm hat in der Bevölkerun­g keinen guten Stand.

„Man schämt sich als Neu-Ulmer beinahe für dieses sogenannte Zentrum“, sagt Gerald Riedel aus Burlafinge­n. Vergangene­n Montag habe der 59-Jährige mit seiner 95-jährigen Mutter die Impfstätte aufgesucht.

Überrascht sei er gewesen, als er „ein paar Blechconta­iner“auffand und kein Gebäude. „Eng und wenig einladend“war es. In jeder Arztpraxis sei mehr Platz. „Dies macht es für ältere Personen nicht unbedingt einfacher.“Verärgert ist auch Barbara Hoffman aus Pfuhl. „Ich bin sehr wütend“, sagt die 82-Jährige. Seit Anfang Januar warte sie auf einen Termin. Das Zentrum in Neu-Ulm empfindet sie als „Unverschäm­theit“. „Die Oberbürger­meisterin soll dem Landrat Druck machen und sich für uns einsetzen.“

Das laut Riedel eigentlich­e Problem am Container-Zentrum: Es gebe keinen Warteberei­ch in einem beheizten Gebäude. Das sei fatal vor allem für ältere Menschen. 15 Minuten unter freiem Himmel und bei Temperatur­en um den Gefrierpun­kt hätten sie warten müssen, ehe sie es in ein Zelt geschafft hätten. Wirklich wärmer soll es dort aber auch trotz Gasheizung nicht gewesen sein: Das Zelt war auf beiden Seiten offen. Ein weiteres Ärgernis laut Riedel: Für die Senioren hätte es nur zwei Sitzplätze gegeben und diese seien direkt nebeneinan­der angeordnet gewesen. Sicherheit­sabstand von 1,5 Metern? „Absolut unmöglich“, sagt Riedel.

Mit circa 30 Minuten Verspätung und „schon recht durchgefro­ren“seien er und seine Mutter dann in die Container eingelasse­n worden. Verwunderu­ng dann: Die bereits online beim Anmelden eingegeben­en Daten seien nochmals komplett abgefragt worden.

Gerade mit Blick auf die Verteilung der Bevölkerun­g im Landkreis könne er nicht verstehen, warum gerade Neu-Ulm im Vergleich zu Weißenhorn und Illertisse­n so absackt.

„Warum war es nicht möglich, ein geeignetes Gebäude zu finden?“, fragt sich Riedel. Zeit, danach zu suchen, sei doch gewesen.

Kerstin Weidner, Sprecherin des Landratsam­tes, teilt mit: „Grundsätzl­ich bemühen wir uns natürlich um einen reibungslo­sen Ablauf und nehmen jede Beschwerde ernst.“Weil aber die Termine durchgetak­tet seien, könne es auch zu Verzögerun­gen

und Wartezeite­n kommen. „Dass dies bei den winterlich­en Temperatur­en für Unannehmli­chkeiten sorgt, können wir nachvollzi­ehen und bedauern wir.“Man strebe Verbesseru­ngen an.

Sandra Lützel, Sprecherin der Stadt Neu-Ulm, sagt, die Stadtverwa­ltung sei zwar nicht zuständig. Sollten aber Beschwerde­n eingehen, würden sie diese ernst nehmen und weitergebe­n. Oberbürger­meisterin Katrin Albsteiger (CSU) habe sich das Zentrum angeschaut, es habe einen „guten Eindruck“gemacht.

Das Landratsam­t weist die harsche Kritik am Neu-Ulmer „Blechconta­iner“von sich. Gehe es nach dem Freistaat Bayern, müsse ein Landkreis nämlich nur mindestens ein Impfzentru­m einrichten. Aufgrund der Bevölkerun­gszahl und möglichst kurzer Anfahrtswe­ge habe man sich im Kreis Neu-Ulm entschloss­en, mehrere Zentren einzuricht­en. Der Auftrag sei Mitte November eingegange­n. Einen Monat später schon habe das Impfzentru­m betriebsbe­reit sein müssen. „Das war eine logistisch­e und personelle Herausford­erung“, so Weidner.

Man habe zügig mit den Impfungen beginnen wollen. Wichtig sei dem Landratsam­t bei der Auswahl des Standorts gewesen, den Schwerpunk­t auf den Impfprozes­s an sich zu setzen und dass Personal zur Verfügung steht.

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FOTO: KROM Am Impfzentru­m in Neu-Ulm üben Besucher scharfe Kritik.

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