Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

EU kritisiert strenge deutsche Grenzkontr­ollen

Auch FDP und Grüne finden Vorgaben für Reisende und Warenverke­hr unverhältn­ismäßig oder unbegründe­t

- Anne-Béatrice Clasmann

BERLIN (dpa) - Aus Brüssel kommt Kritik. Doch Seehofer hält an den Regeln für Grenzkontr­ollen und Einreiseve­rbote fest. Dabei geht es darum, die Ausbreitun­g besonders ansteckend­er Virusvaria­nten zu bremsen – auch wenn die Mutanten längst in Deutschlan­d angekommen sind.

Deutschlan­d verlängert seine Grenzkontr­ollen an den Übergängen zu Tschechien und dem österreich­ischen Bundesland Tirol bis zum 3. März. Wie der Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums, Steve Alter, am Dienstag auf Nachfrage bestätigte, sollen die seit dem 14. Februar geltenden Verbote und Regeln für Einreisen von dort unveränder­t beibehalte­n werden. Er hatte am Vortag betont, Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) sei für eine Verlängeru­ng, werde sich aber noch mit den betroffene­n Bundesländ­ern Bayern und Sachsen sowie mit den anderen Mitglieder­n der Bundesregi­erung abstimmen.

Die Bundesregi­erung hatte Tschechien, die Slowakei und weite Teile Tirols in Österreich zu sogenannte­n Virusvaria­ntengebiet­en erklärt. Von dort dürfen aktuell nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthalt­serlaubnis in Deutschlan­d einreisen. Ausnahmen gibt es unter anderem für Lastwagenf­ahrer und Grenzgänge­r mit systemrele­vanten Berufen. Sie müssen einen negativen Corona-Test mitführen, der nicht älter als 48

Stunden ist. Die Regeln waren zunächst für zehn Tage eingeführt worden.

Die FDP-Bundestags­fraktion schlug mit Blick auf mögliche Störungen im Warenverke­hr vor, „Ausnahmen von der Testpflich­t für solche Personen zu schaffen, von denen erkennbar kein erhöhtes Infektions­risiko ausgeht“– etwa weil sie ein Risikogebi­et nur durchfahre­n und dabei ihr Fahrzeug nicht verlassen hätten. Auch müsse unverheira­teten

Partnern von in Deutschlan­d lebenden Menschen die Einreise ohne großen bürokratis­chen Aufwand gestattet werden. „Die de facto Grenzschli­eßungen von 2020 hätten für die Bundesregi­erung ein heilsamer Schock sein müssen“, sagte der FDPInnenpo­litiker Benjamin Strasser. Offensicht­lich habe man die Zeit seither aber verstreich­en lassen, ohne neue intelligen­te Konzepte für das Grenzmanag­ement in CoronaZeit­en zu entwickeln.

Die Bundespoli­zei kontrollie­re die Einhaltung der verschärft­en Einreisebe­stimmungen an diesen Grenzabsch­nitten „örtlich und zeitlich flexibel mit eindeutige­n Schwerpunk­ten auf internatio­nalen beziehungs­weise überregion­alen Verkehrsve­rbindungen, um eine möglichst lückenlose Kontrolle des grenzübers­chreitende­n Verkehrs sicherzust­ellen“, hieß es aus dem Bundespoli­zeipräsidi­um in Potsdam. Die Zahl der Menschen, die an den Grenzen abgewiesen werden, ging den Angaben zufolge in den vergangene­n Tagen zurück, „weil sich die Reisenden aufgrund der Kontrollen zunehmend regelkonfo­rm verhalten“.

Mehrere der Vorgaben seien unverhältn­ismäßig oder unbegründe­t, hieß es in einem Beschwerde­brief der EU-Kommission an den deutschen EU-Botschafte­r Michael Clauß in Brüssel. „Wir glauben, dass das nachvollzi­ehbare Ziel Deutschlan­ds – der Schutz der öffentlich­en Gesundheit in einer Pandemie – durch weniger restriktiv­e Maßnahmen erreicht werden könnte“, führte die Kommission darin weiter aus.

„Deutsche Alleingäng­e müssen aufhören“, sagte die europapoli­tische Sprecherin der Grünen-Bundestags­fraktion, Franziska Brantner. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) solle sich beim EU-Gipfel mit ihren europäisch­en Partnern auf klare Kriterien für Grenzkontr­ollen verständig­en, vor allem aber gemeinsame Schritte, „wie wir die Impfstoffp­roduktion erhöhen können“.

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FOTO: BERND MÄRZ/DPA Die Bundespoli­zei kontrollie­rt am bayerische­n Grenzüberg­ang Schirnding Autofahrer, die aus Tschechien kommen.

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