Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Luxusgut Strom
Abgaben auf den Energieverbrauch sollen für einen sparsamen Umgang mit Strom oder Sprit sorgen, oder die Förderung des Ökostroms finanzieren. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Verbrauchssteuerung ein erfolgreiches Instrument. In den meisten Haushalten sorgen mittlerweile Energiesparlampen für das Licht. Beim Kauf von neuen Elektrogeräten bevorzugen Kunden sparsame Geräte, beim Autokauf spielt der Verbrauch eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für das eine oder andere Modell. Doch inzwischen verringert sich der gewünschte Effekt. Stattdessen wird insbesondere der Strompreis zu einer sozialen Frage.
Die Einsparpotenziale sind vielfach ausgereizt. Die Ausgaben für Elektrizität hangeln sich trotzdem von einem auf das nächste Rekordniveau. Die Verbraucher können ihre Belastung nicht mehr durch eigene Anstrengungen verringern. Auf einen Grundbedarf ist jeder angewiesen. Die hohen Abgaben belasten damit Haushalte mit geringerem Einkommen oder Familien mit einem zwangsläufig hohen Stromverbrauch unbotmäßig. Die hohe Zahl der Zwangsabschaltungen von säumigen Stromkunden belegt das Problem.
Der Wirtschaftsminister kennt die Lösung. Statt über die Umlage für Erneuerbare Energien den Verbrauchern die Förderung von Solaranlagen und Windrädern aufzubürden, soll künftig verstärkt der Steuerzahler dafür aufkommen. Doch die Umsetzung kommt viel zu langsam. Eine Entlastung ist jetzt angezeigt, nicht erst mit jahrelanger Verzögerung. Denn für eine wachsende Zahl der ohnehin von den Pandemiefolgen finanziell betroffenen Haushalte ist Strom längt ein Luxusgut geworden.
Der Energiepreis ist nicht nur für die privaten Haushalte ein Problem. Auch die energieintensive Industrie leidet unter den im internationalen Vergleich außergewöhnlich hohen Energiekosten. Dabei wird hier ein guter Teil des Wohlstands erarbeitet. Es ist niemandem gedient, wenn Unternehmen dem Standort irgendwann den Rücken kehren, weil sie in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren können.