Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine Reise im Land des Pummeldiktators
Herr Wladislaw Sorokin hat sein irdisches Dasein bis vor Kurzem als Diplomat im schönen Nordkorea gefristet. Genauer: Er war der dritte Sekretär der russischen Botschaft in Pjöngjang. Als seine Dienstzeit abgelaufen war, wollte er mit seiner Familie und ein paar Kolleginnen heim nach Moskau. Aber es tauchten Probleme auf. Weil nämlich Nordkoreas Pummeldiktator Kim Jong-un vor einem Jahr beschlossen hatte, dass kein einziges Corona-Virus in sein Land reisen sollte, hat er unter anderem alle Flugverbindungen gekappt. Die acht Russen
– sieben weibliche, ein männlicher – fuhren deshalb 32 Stunden lang per Zug und Bus zur russischen Grenze. Dort durften sie auf eine Draisine klettern. Das ist ein vierrädriges Schienenfahrzeug, welches per Handbetrieb, also mit Muskelkraft, angetrieben wird. Herr Sorokin hat diesen Part übernommen, und er brachte seine Mitreisenden auch heil über den Grenzfluss Tumen.
Was soll man dazu sagen? Erstens: Es war eine vorbildlich-klimafreundliche Reise, welche nebenbei der Körperertüchtigung des Herrn Sorokin diente. Zweitens: Es war eine sichere Reise, weil man sich auf einer Draisine nicht verfahren kann. Drittens: Als coronafreie Zone böte sich Nordkorea als Urlaubsland an. Viertens: Wir möchten dennoch eine dringliche Reisewarnung aussprechen. In den Foltergefängnissen des Pummeldiktators lebt es sich sehr beschwerlich. Außerdem jagt eine Hungersnot die andere. Im Prinzip sind die Nordkoreaner auf Corona gar nicht angewiesen, weil sie viele andere Möglichkeiten haben, umgebracht zu werden. (vp)