Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Strobl fordert Testzentren in Grenznähe
Reaktion auf verschärfte Einreiseregeln aus französischer Region Moselle
BERLIN/PARIS (dpa) - Im Kampf gegen die Ausbreitung gefährlicher Mutationen des Coronavirus werden die Einreiseregeln für die französische Grenzregion Moselle verschärft. Ab Dienstag gilt das an das Saarland und Rheinland-Pfalz grenzende Département mit seinen etwa eine Million Einwohnern als sogenanntes Virusvariantengebiet, wie das Robert-Koch-Institut am Sonntag bekannt gab. Damit verbunden ist vor allem eine verschärfte Testpflicht für Einreisende und ein Beförderungsverbot für öffentliche Verkehrsmittel, für das es allerdings zahlreiche Ausnahmen gibt. Stationäre Grenzkontrollen wie an den Grenzen zu Tschechien oder zum österreichischen Bundesland Tirol soll es nicht geben.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte deshalb massenhafte Tests für Pendler und Reisende, um mögliche Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich und der Schweiz zu vermeiden. In Briefen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Gesundheitsminister Manfred Lucha (beide Grüne) schreibt Strobl: „Da wir bei den Impfungen auf absehbare Zeit nicht schnell genug vorankommen werden, möchte ich eindringlich dafür werben, durch eine umfassende Teststrategie in den Grenzregionen die Pandemie bestmöglich einzudämmen.“
Denkbar wären aus seiner Sicht ein gemeinsam betriebenes deutschfranzösisches und ein deutschschweizerisches Testzentrum. Der Vize-Ministerpräsident schreibt weiter: „Maßgeblicher Teil der Strategie sollte sein, die dort ansässigen Unternehmen mindestens zweimal pro Woche einer Testung zu unterziehen. Die hierfür notwendigen Mittel sollten vom Land getragen werden.“Die Testung der Unternehmen hätten auch die Industrie- und Handelskammern in dnr Grenzregionen gefordert.
Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren nationale Grenzkontrollen eingeführt worden, um das Einschleppen des Virus aus dem Ausland so weit wie möglich zu verhindern. Damals hatte es scharfe Kritik an dieser Maßnahme gegeben, weil
Pendler, Familien und Unternehmen darunter litten.
Einreisende aus dem Département mit seinen etwa einer Million Einwohnern müssen künftig bei der Einreise nach Deutschland einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ein Schnelltest ist dabei ausreichend. Fluggesellschaften sowie Bus- und Bahnunternehmen dürfen keine Passagiere mehr aus Moselle nach Deutschland befördern. Ausgenommen davon sind aber unter anderem deutsche Staatsbürger und in Deutschland lebende Ausländer. Auch der Warenverkehr soll nicht beeinträchtigt werden.
In Baden-Württemberg bestehe für Grenzpendler und Grenzgänger ein kostenloses Testangebot, teilte eine Sprecherin des Sozialministeriums am Sonntag mit. Pendler müssten dafür eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vorlegen aus der hervorgeht, dass sie zwingend am Arbeitsplatz anwesend sein müssten. Der Test könne dann in Hausarztpraxen oder in Corona-Schwerpunktpraxen
erfolgen. Zudem soll es zentrale Teststellen der Kassenärztlichen Vereinigung geben. Doch auch für Pendler gelte, dass ein Testergebnis bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden sein darf.
Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune bedauerte die Entscheidung der Bundesregierung. Sie beinhalte „schwierige Maßnahmen“, sagte er. Empört reagierte der Präsident der Region Grand Est, zu der Moselle gehört, Jean Rottner. Er nannte die Entscheidung „brutal“und „einseitig“. Eigentlich habe man in den vergangenen Tagen eher den Eindruck einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden gehabt.
In der Region Moselle hatte sich in den vergangenen Wochen vor allem die südafrikanische Variante des Coronavirus ausgebreitet. Nach Angaben von Premierminister Jean Castex macht sie bereits 60 Prozent der positiven Fälle in Moselle aus. In Deutschland beträgt der Anteil nach offiziellen Angaben nur ein Prozent. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen lag in Moselle zuletzt bei knapp 300. Im Saarland sind es dagegen nur 73, in Rheinland-Pfalz sogar nur 49, in Baden-Würtemberg rund 52.
Es gibt aber einen großen Unterschied zu den Virusvariantengebieten Tschechien und Tirol: Stationäre Grenzkontrollen wie dort soll es an der Grenze zu Frankreich nicht geben. Darauf haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) mehrfach ausdrücklich hingewiesen. Die Begründung: Bayern und Sachsen hätten um stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Tirol gebeten, das Saarland und Rheinland-Pfalz aber nicht.
Das bedeutet, dass im Grenzgebiet zu Frankreich Reisende wie bisher stichprobenartig hinter der Grenze kontrolliert werden. Weitere Einzelheiten werden am Montag geklärt. Dann wollen die Europaminister beider Länder den Ausschuss für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit einberufen, um die weitere Umsetzung zu koordinieren.