Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Strobl fordert Testzentre­n in Grenznähe

Reaktion auf verschärft­e Einreisere­geln aus französisc­her Region Moselle

- Von Michael Fischer, Julia Naue und Wolfgang Jung

BERLIN/PARIS (dpa) - Im Kampf gegen die Ausbreitun­g gefährlich­er Mutationen des Coronaviru­s werden die Einreisere­geln für die französisc­he Grenzregio­n Moselle verschärft. Ab Dienstag gilt das an das Saarland und Rheinland-Pfalz grenzende Départemen­t mit seinen etwa eine Million Einwohnern als sogenannte­s Virusvaria­ntengebiet, wie das Robert-Koch-Institut am Sonntag bekannt gab. Damit verbunden ist vor allem eine verschärft­e Testpflich­t für Einreisend­e und ein Beförderun­gsverbot für öffentlich­e Verkehrsmi­ttel, für das es allerdings zahlreiche Ausnahmen gibt. Stationäre Grenzkontr­ollen wie an den Grenzen zu Tschechien oder zum österreich­ischen Bundesland Tirol soll es nicht geben.

Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) forderte deshalb massenhaft­e Tests für Pendler und Reisende, um mögliche Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich und der Schweiz zu vermeiden. In Briefen an Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und Gesundheit­sminister Manfred Lucha (beide Grüne) schreibt Strobl: „Da wir bei den Impfungen auf absehbare Zeit nicht schnell genug vorankomme­n werden, möchte ich eindringli­ch dafür werben, durch eine umfassende Teststrate­gie in den Grenzregio­nen die Pandemie bestmöglic­h einzudämme­n.“

Denkbar wären aus seiner Sicht ein gemeinsam betriebene­s deutschfra­nzösisches und ein deutschsch­weizerisch­es Testzentru­m. Der Vize-Ministerpr­äsident schreibt weiter: „Maßgeblich­er Teil der Strategie sollte sein, die dort ansässigen Unternehme­n mindestens zweimal pro Woche einer Testung zu unterziehe­n. Die hierfür notwendige­n Mittel sollten vom Land getragen werden.“Die Testung der Unternehme­n hätten auch die Industrie- und Handelskam­mern in dnr Grenzregio­nen gefordert.

Beim ersten Lockdown im Frühjahr waren nationale Grenzkontr­ollen eingeführt worden, um das Einschlepp­en des Virus aus dem Ausland so weit wie möglich zu verhindern. Damals hatte es scharfe Kritik an dieser Maßnahme gegeben, weil

Pendler, Familien und Unternehme­n darunter litten.

Einreisend­e aus dem Départemen­t mit seinen etwa einer Million Einwohnern müssen künftig bei der Einreise nach Deutschlan­d einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ein Schnelltes­t ist dabei ausreichen­d. Fluggesell­schaften sowie Bus- und Bahnuntern­ehmen dürfen keine Passagiere mehr aus Moselle nach Deutschlan­d befördern. Ausgenomme­n davon sind aber unter anderem deutsche Staatsbürg­er und in Deutschlan­d lebende Ausländer. Auch der Warenverke­hr soll nicht beeinträch­tigt werden.

In Baden-Württember­g bestehe für Grenzpendl­er und Grenzgänge­r ein kostenlose­s Testangebo­t, teilte eine Sprecherin des Sozialmini­steriums am Sonntag mit. Pendler müssten dafür eine Bescheinig­ung ihres Arbeitgebe­rs vorlegen aus der hervorgeht, dass sie zwingend am Arbeitspla­tz anwesend sein müssten. Der Test könne dann in Hausarztpr­axen oder in Corona-Schwerpunk­tpraxen

erfolgen. Zudem soll es zentrale Teststelle­n der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g geben. Doch auch für Pendler gelte, dass ein Testergebn­is bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden sein darf.

Frankreich­s Europa-Staatssekr­etär Clément Beaune bedauerte die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung. Sie beinhalte „schwierige Maßnahmen“, sagte er. Empört reagierte der Präsident der Region Grand Est, zu der Moselle gehört, Jean Rottner. Er nannte die Entscheidu­ng „brutal“und „einseitig“. Eigentlich habe man in den vergangene­n Tagen eher den Eindruck einer fruchtbare­n Zusammenar­beit mit den deutschen Behörden gehabt.

In der Region Moselle hatte sich in den vergangene­n Wochen vor allem die südafrikan­ische Variante des Coronaviru­s ausgebreit­et. Nach Angaben von Premiermin­ister Jean Castex macht sie bereits 60 Prozent der positiven Fälle in Moselle aus. In Deutschlan­d beträgt der Anteil nach offizielle­n Angaben nur ein Prozent. Die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen lag in Moselle zuletzt bei knapp 300. Im Saarland sind es dagegen nur 73, in Rheinland-Pfalz sogar nur 49, in Baden-Würtemberg rund 52.

Es gibt aber einen großen Unterschie­d zu den Virusvaria­ntengebiet­en Tschechien und Tirol: Stationäre Grenzkontr­ollen wie dort soll es an der Grenze zu Frankreich nicht geben. Darauf haben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) mehrfach ausdrückli­ch hingewiese­n. Die Begründung: Bayern und Sachsen hätten um stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Tirol gebeten, das Saarland und Rheinland-Pfalz aber nicht.

Das bedeutet, dass im Grenzgebie­t zu Frankreich Reisende wie bisher stichprobe­nartig hinter der Grenze kontrollie­rt werden. Weitere Einzelheit­en werden am Montag geklärt. Dann wollen die Europamini­ster beider Länder den Ausschuss für Grenzübers­chreitende Zusammenar­beit einberufen, um die weitere Umsetzung zu koordinier­en.

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ARCHIVFOTO: OLIVER DIETZE/DPA Beamte der Bundespoli­zei kontrollie­ren im März 2020 ein französisc­hes Fahrzeug, das aus der Region Moselle ins Saarland fahren will. Solche Kontrollen sollen nun vermieden werden.

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