Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Gefahr ist durchaus real“

Virologe Mertens über eine dritte Corona-Welle

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RAVENSBURG - Politik und Wissenscha­ft setzten große Hoffnungen in den Einsatz von Schnell- und Selbsttest­s, um die Corona-Pandemie einzudämme­n. Ist die Hoffnung berechtigt? Und welche Privilegie­n sollte ein Corona-Impfpass mit sich bringen? Das hat Katja Korf den Ulmer Virologen Thomas Mertens gefragt.

Die ersten Selbsttest­s sind auf dem Markt, die Bundesregi­erung setzt darauf und auf Schnelltes­ts, um Öffnungen zu ermögliche­n. Was können diese leisten?

Die Schnelltes­ts zum Nachweis von Sars-CoV-2-Antigenen sind mit der Zeit besser geworden, sind aber weiterhin nicht so empfindlic­h wie die PCR zum Nachweis der viralen RNA. Dies hängt damit zusammen, dass bei der PCR ein sehr starker Vermehrung­sschritt eingebaut ist. Es kann also sein, dass jemand, der frisch infiziert ist, ein bis zwei Tage früher in der PCR positiv wird als im Schnelltes­t. Bei regelmäßig­er Testung und bei je nach Situation sinnvollem Einsatz, können gute Schnelltes­ts aber eine sehr sinnvolle Möglichkei­t sein, um Infektione­n und Ausbrüche frühzeitig­er zu erkennen. Dadurch kann man Maßnahmen zur Eindämmung rascher einleiten, als wenn man auf Symptome wartet.

In der kommenden Woche geht es in Berlin wieder um mögliche Öffnungen. Mit Blick auf die Infektions­zahlen und die Verbreitun­g der Mutanten – wie schätzen Sie die Lage aktuell ein und wie groß ist die Gefahr einer dritten Welle?

Das ist sehr schwer vorherzusa­gen. Allerdings halte ich die Gefahr einer dritten Welle auch in Deutschlan­d – wie in Großbritan­nien – für durchaus real.

Könnte ein europäisch­er Impfpass den Sommerurla­ub retten – also halten Sie diesen für sinnvoll und warum?

Wie mehrfach gesagt, bin ich kein Gegner von Impfnachwe­isen (einen Nachweis muss sowieso jeder Geimpfte bekommen, das gehört verpflicht­end zum ärztlichen Handeln). Für „amtliche“Nachweise sehe ich zwei Voraussetz­ungen: Es kann sich nur um privatrech­tliche Vertragssi­tuationen (Flüge, Reisen, etc.) handeln und nicht um Dinge wie zum Beispiel Krankenhau­s, ÖPNV. Die Menschen müssen ausreichen­d Gelegenhei­t zur Impfung haben. Ich glaube auch, dass dies internatio­nal viele fordern werden und es somit nicht allein von deutscher Gesetzgebu­ng abhängt.

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