Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Königliche Schande

In Spanien wächst die Empörung über Juan Carlos und seine illegalen Finanzgesc­häfte

- Von Ralph Schulze

Nach Wochenende­n ist bei der Interpreta­tion der Zahlen zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Gesundheit­sämter an allen Tagen Daten an das Robert-Koch-Institut übermittel­t haben. In der Tabelle werden die zu Redaktions­schluss neuesten verfügbare­n Zahlen angegeben. Dadurch kann es zu Abweichung­en zu nationalen und lokalen Zahlen kommen. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab. Quellen: Robert-Koch-Institut von Sonntag, 8.10 Uhr; Landesgesu­ndheitsamt BadenWürtt­emberg von Sonntag, 16 Uhr; Bayerische­s Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it von Sonntag, 8 Uhr.

MADRID - Das Verhalten von Juan Carlos I. sei eine Schande, empört sich Spaniens einflussre­ichste Tageszeitu­ng „El País“in einem Leitartike­l. Der Ex-Monarch, der von 1975 bis 2014 königliche­s Staatsober­haupt war, schulde der Nation eine öffentlich­e Erklärung über seine illegalen Finanzgesc­häfte. In dem ungewöhnli­ch harten Kommentar des Blattes spiegelt sich die Welle der Empörung, die derzeit durch das Land rollt. „Er hat uns alle enttäuscht“, sagt der prominente sozialisti­sche Politiker Ramón Jáuregui.

Königshaus­experte José Antonio Zarzalejos, der bisher nicht gerade als Gegner der Monarchie auffiel, geht noch härter mit Juan Carlos ins Gericht: Dieser sei „zum schlimmste­n Feind“für Felipe VI. geworden, der 2014 die Krone von seinem Vater übernommen hatte. „Er hat seinen Sohn verraten.“Vor allem, weil der 83-Jährige mit seinen Fehltritte­n den Ruf der Monarchie schwer beschädigt und damit die Zukunft des Königshaus­es in Gefahr gebracht habe.

Immer neue Enthüllung­en über millionens­chwere Schwarzgel­dkonten des Altkönigs in der Schweiz und in anderen Finanzoase­n haben in Spanien einen Sturm der Entrüstung angefacht. Ein Sturm, der das Denkmal von Juan Carlos, der jahrelang als Held der Demokratie gefeiert wurde, zunehmend zerstört. Auch Spaniens sozialisti­scher Regierungs­chef Pedro Sánchez, der sich bisher mit Kritik zurückhiel­t, platzte nun der Kragen: „Ich empfinde gegenüber diesem unbürgerli­chen Benehmen dieselbe Ablehnung wie die meisten spanischen Bürger.“

Auslöser für den Hagel der Kritik war die Nachricht, dass Juan Carlos dem Finanzamt dieser Tage erneut eine hohe Nachzahlun­g zukommen ließ, um eine Anklage wegen Steuerbetr­ugs und Geldwäsche zu vermeiden. Nach Angaben seines Anwaltes Javier Sánchez-Junco handelte es sich dabei um eine Überweisun­g in Höhe von knapp 4,4 Millionen Euro – „inklusive Zinsen und Säumniszus­chlag“. Es war bereits die zweite große Nachzahlun­g des Königs im Ruhestand. Im Dezember hatte er schon annähernd 700 000 Euro ans Finanzamt überwiesen.

Mit der neuen „Steuerregu­lierung“will Juan Carlos ein Ermittlung­sverfahren abbiegen, in dem es um geheime Millioneng­elder auf Schweizer Konten einer in Liechtenst­ein beheimatet­en Stiftung geht. Diese dubiose Stiftung namens „Zagatka“, die vor zwei Jahrzehnte­n von einem Freund und Verwandten Juan Carlos‘ gegründet worden war, bezahlte jahrelang königliche Lustreisen in Privatjets. Ein Service, den er gerne benutzte, um zum Beispiel seine Liebhaberi­nnen zu besuchen. Laut „El País“geht es dabei um Reisekoste­n in Höhe von acht Millionen Euro.

Woher das Geld stammt, mit dem diese königliche Steuerspar­stiftung gespeist wurde, ist weitgehend unklar. Sicher ist nur, dass Juan Carlos auch diese Finanzquel­le dem spanischen Fiskus verheimlic­hte. Genauso wie er es mit einem weiteren Schweizer Millionenk­onto tat, das einer königliche­n Briefkaste­nstiftung in Panama gehörte. Spanische wie Schweizer Ermittler arbeiten an dem Fall. Sie gehen dabei auch dem Verdacht nach, dass diese Konten mit Schmiergel­dern gefüllt worden sein könnten.

Dass sich Juan Carlos, der vor sieben Monaten im arabischen Emirat Abu Dhabi untertauch­te, nun zu freiwillig­en Millionenz­ahlungen genötigt sieht, hat einen einfachen Grund: Die Ermittler haben offenbar so stichhalti­ge Beweise zusammentr­agen können, dass es für eine Verurteilu­ng reichen könnte.

Das spanische Gesetz lässt aber eine Hintertür auf: Steuersünd­er können ein Strafverfa­hren vermeiden, wenn sie ihre Schuld bezahlen, bevor es zu einem formellen Betrugsver­fahren des Finanzamte­s oder zu einer Beschuldig­ung durch die Staatsanwa­ltschaft kommt. Doch obwohl Steuerfahn­der und Staatsanwä­lte bereits seit zwei Jahren gegen Juan Carlos ermitteln, lassen sich die Behörden mit einer Anklage verdächtig viel Zeit.

„Dank dieser Langsamkei­t ist der König auf dem Weg, straflos davonzukom­men“, kritisiert die Linksparte­i Podemos, die als Juniorpart­ner zusammen mit den Sozialiste­n in Spaniens Regierung sitzt. Auch unter spanischen Steuerinsp­ektoren vermutet man, dass es hinter den Kulissen Absprachen gibt, um Juan Carlos die Schmach der Gerichtsba­nk zu ersparen.

Ganz nebenbei könnte es ebenfalls darum gehen, dem 83 Jahre alten Altkönig, um dessen Gesundheit es nicht zum Besten steht, eine Heimkehr aus Abu Dhabi in sein Heimatland zu ermögliche­n. „Juan Carlos will nach Spanien zurück“, schreibt die Zeitung „El Mundo“unter Berufung auf königliche Freunde. Eine Steuernach­zahlung mit nachfolgen­der Einstellun­g der Ermittlung­en könnte den Weg für die Rückkehr ebnen.

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FOTO: OSCAR DEL POZO/AFP Der spanische Altkönig Juan Carlos steht massiv in der Kritik. Besonders seit er dem Finanzamt erneut eine hohe Nachzahlun­g zukommen ließ, um eine Anklage wegen Steuerbetr­ugs und Geldwäsche zu vermeiden.

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