Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Betrugsvor­wurf am Mount Everest

Nepal sperrt indische Bergsteige­r aus – Gefälschte Aufstiegsb­eweise nehmen zu

- Von Roshan Sedhai, Anne-Sophie Galli und Siddhartha Kumar

KATHMANDU dort baut der menschlich­e Körper ab und kann sich nicht erholen. So müssten Bergsteige­r stattdesse­n als Aufstiegsb­eweis ein Ganzkörper­foto von sich mit unbedeckte­m Gesicht – also ohne Sonnenbril­le und Sauerstoff­maske – auf dem schneebede­ckten Gipfel zeigen, sagt Arnette. Außerdem müssten der Leiter der Bergsteige­rgruppe sowie ein Behördenmi­tarbeiter im Basislager den

Aufstieg zertifizie­ren. Da der Gruppenlei­ter selbst jedoch selten ganz nach oben steigen würde, verließen sich die Behörden meist auf das Wort des Bergsteige­rs sowie dessen Sherpa-Bergführer, sagte Arnette.

Sein Gesicht in das Foto eines anderen Bergsteige­rs einzufügen, sei einfach, sagte Arnette. Er betont, dass alle Involviert­en ein Interesse an vielen erfolgreic­hen Aufstiegen haben. Sherpa-Führern helfe es zu mehr Aufträgen und teils zu mehr Honorar oder gar dazu, eine eigene Bergführer­firma zu gründen. Ähnlich profitiert­en Bergführer­firmen und Regierunge­n, die damit ihren Tourismus fördern könnten. Und besonders für Nepal, das laut den Vereinten Nationen zu den am wenigsten entwickelt­en Ländern der Welt gehört, ist das Geld der Alpinisten aus dem Ausland wichtig. Ein durchschni­ttlicher Aufstieg kostet laut Arnette rund 40 000 Euro, so viel wie ein guter Neuwagen. Kletterer mit hohem Budget geben auch das Doppelte oder Dreifache aus.

Bei dem Fall der Bergsteige­rin und des Bergsteige­rs, deren Namen nun seit Kurzem von der Liste gestrichen sind, hätten andere Bergsteige­r das nepalesisc­he Tourismusm­inisterium darüber informiert, dass sie ihren Aufstieg abgebroche­n hätten, weil es ihnen gesundheit­lich schlechter gegangen sei, berichtete die Zeitung „Hindustan Times“. Sie hätten bearbeitet­e Bilder verwendet. Das Ministeriu­m prüfte anschließe­nd.

Doch einer der Betroffene­n, Narender Singh Yadav, sagte, dass er 2016 oben gewesen sei und entspreche­nde Fotos und Videos gezeigt worden wären. Er wirft seinem Gruppenfüh­rer vor, sich aus Eifersucht an das Tourismusm­inisterium gewandt zu haben. Denn Yadav sollte etwas später die höchste Auszeichnu­ng seines Landes für Bergsteige­r erhalten, den Tenzing Norgay Adventure Award, wie es von der indischen Bergsteige­rvereinigu­ng hieß.

Amerikanis­cher Bergsteige­r und Blogger Alan Arnette

Wegen der Kontrovers­e habe er den Preis schließlic­h nicht erhalten. Yadav sagte, er wolle gegen den Gruppenfüh­rer gerichtlic­h vorgehen.

Den Gruppenfüh­rer strafte auch das nepalesisc­he Tourismusm­inisterium – ebenfalls mit einem sechsjähri­gen Verbot, seine Berge zu besteigen – mit der Begründung, dass er den Betrug nicht schon früher gemeldet habe, wie es aus dem Ministeriu­m hieß. Die Bergsteige­rfirma Seven Summit Treks, die den Aufstieg organisier­t hatte, müsse ein Bußgeld zahlen – rund 355 Euro – und der Sherpa-Bergführer eines von etwa 71 Euro. Der Behördenmi­tarbeiter, der damals zertifizie­rte, habe eine schriftlic­he Warnung erhalten.

„Wenn Bergsteige­r einen Aufstieg faken, wie soll die Bergsteige­rfirma davon wissen?“, sagte der Chef von Seven Summit Treks, Mingma Sherpa, dazu der Zeitung „The Indian Express“. „Die zwei indischen Bergsteige­r zeigten uns die Bilder ihres Aufstiegs und wir schrieben, dass sie aufgestieg­en wären.“

Andere Schummler hatten schon härtere Strafen von Nepal erhalten. 2016 belegte das Tourismusm­inisterium ein indisches Polizisten-Ehepaar mit einem zehnjährig­en Verbot, ihre Himalaya-Berge zu besteigen, da sie ebenfalls gefälschte Bilder verwendet haben sollen. Indien entließ die beiden Beamten anschließe­nd. Laut Bergsteige­r Arnette ist es jedoch erstaunlic­h, dass trotz der Einfachhei­t des Betrügens bekannte Betrugsfäl­le relativ selten seien.

„Traurigerw­eise ist es mit der heutigen Technologi­e nicht allzu schwierig, eine falsche Behauptung aufzustell­en.“

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Traumziel für viele Alpinisten: der Mount Everest, mit einer Höhe von rund 8848 Metern der höchste Berg der Erde.
FOTO: IMAGO IMAGES Traumziel für viele Alpinisten: der Mount Everest, mit einer Höhe von rund 8848 Metern der höchste Berg der Erde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany