Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Auch die Suchtselbs­thife ist systemrele­vant“

Geschäftsf­ührer des Vereins Freundeskr­eise für Suchtkrank­enhilfe warnt vor Isloation

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LAICHINGEN (sz) - Als systemrele­vant gelten Menschen, die beispielsw­eise in medizinisc­hen Einrichtun­gen arbeiten, bei der Polizei oder der Feuerwehr. Dass aber auch die ehrenamtli­che Arbeit in der Suchtselbs­thilfe von großer Relevanz ist, darauf weist Rainer Breuninger hin. Er ist Geschäftsf­ührer des Vereins Freundeskr­eise für Suchtkrank­enhilfe vom Landesverb­and Württember­g.

Breuninger sagt: „Die Gruppentre­ffen der Freundeskr­eise für Suchtkrank­enhilfe vom Landesverb­and Württember­g sind weiterhin möglich.“Denn Suchtselbs­thilfe gelte als unverzicht­barer Teil des sozialen Hilfesyste­ms. Die Ausnahmen zur Ausgangsbe­schränkung lassen Breuninger beim zweiten Lockdown aufatmen: „Ein Treffen von Selbsthilf­egruppen ist unter Einhaltung der Hygiene-Vorgaben weiter möglich, denn es geht um soziale Fürsorge.“Ausdrückli­ch betont er nach Paragraph 10 Absatz 3 der Coronavero­rdnung das Recht der Mitglieder auf „Teilnahme an sonstigen nicht der Unterhaltu­ng dienenden Veranstalt­ungen“, wonach auch eine verlängert­e Ausgangser­laubnis bestehe.

Breuninger sorgt sich besonders um die erhöhte Rückfallge­fahr für Betroffene, die wenige soziale Kontakte haben. Die Menschen leiden vor allem dann unter häuslicher Isolation, wenn der Entzug noch nicht lange zurück liegt. „Die Anfangspha­se eines abstinente­n Lebens verlangt Kraft und Disziplin. Um die Abhängigke­itserkrank­ung und den „Saufdruck“in den Griff zu bekommen, sind neben einem regelmäßig­en Tagesablau­f soziale Kontakte von besonderer Wichtigkei­t. Wenn dieser schützende Faktor wegfällt, ist die Rückfallge­fährdung hoch“, sagt Breuninger.

„Die Regelmäßig­keit unserer Treffen und der Zusammenha­lt der Gruppengem­einschaft sind fester Bestandtei­l unseres Lebens“, berichtet Elmar Tschiesche vom Freundeskr­eis Laichingen.

Lothar Schilpp vom Freundeskr­eis Beilstein ergänzt: „Es gab beim ersten Lockdown einige, bei denen die schlechten Gedanken an den Stoff wieder hochkamen.“Ursel Biskup

vom Freundeskr­eis Leonberg berichtet: „Da kommen tatsächlic­h Leute an ihre Grenzen, die schon jahrelang trocken sind und überlegen, wieder zur Flasche zu greifen.“

Austausch und Beziehung zu anderen Gruppenmit­gliedern sei deswegen wichtig. „Isolation macht vielen Menschen zu schaffen und kann auch bei Menschen ohne Alkoholpro­bleme Depression­en verursache­n“, sagt Breuninger und weist darauf hin, dass sich Hilfe suchende Menschen über die Homepage nützliche Informatio­nen holen oder sich telefonisc­h an die Freundeskr­eisleiter wenden können.

Alkoholkon­sum zählt zu den größten Gesundheit­srisiken. 42 000 bis 45 000 Menschen werden allein im Ländle deswegen jährlich stationär behandelt. Die Suchtselbs­thilfe bietet außer bei Alkohol auch Unterstütz­ung bei anderen Substanzen und Verhaltens­süchten.

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FOTO: /DPA/PLEUL Alkohol und andere Drogen können Menschen in die Isolation treiben.

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