Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein (Knoblauch-)Hauch von Frühling

Bärlauch in der Küche sollte wohldosier­t sein

- Von Geraldine Friedrich

SEENGEN/WALDULM (dpa) - Ob im Risotto, Kartoffelp­üree oder frisch als Salat – Bärlauch bereichert die Frühlingsk­üche. Allerdings nur, wenn man ihn richtig einsetzt, findet Karl Hodapp, Chefkoch und Inhaber des Restaurant­s Rebstock im badischen Waldulm. „Man darf Bärlauch nicht zu Tode kochen, sonst verliert er seine ätherische­n Öle“, findet der 59-Jährige. Zudem müsse Bärlauch wohldosier­t werden, nimmt man zu viel, dominiert das Aroma das gesamte Gericht.

Der Kochprofi empfiehlt die Blätter quer zur Achse mit einem scharfen Messer millimeter­fein zu schneiden und nicht etwa wie Knoblauch zu zerhacken, denn dabei würden die Blätter zerquetsch­t. Diese Streifen rührt Hodapp jeweils erst wenige Minuten vor Ende der Garzeit in ein Kartoffelp­üree oder Risotto. Bei einer Bärlauchsu­ppe bereitet er die Basis aus Brühe, Sahne und Butter zwar vor, die Bärlauchst­reifen kommen aber auch hier erst kurz vor dem Servieren in die Suppe.

Hodapp kocht bereits seit Anfang der 1980er-Jahre mit Bärlauch: „Damals kannte das noch keiner.“Nach Lern- und Wanderjahr­en in der internatio­nalen Gastronomi­e, unter anderem im „Windows of the World“im World-Trade-Center und in der „Aubergine“unter Eckart Witzigmann, übernahm er 1993 den elterliche­n Betrieb und baute den Rebstock zu einer beliebten Adresse unter Anhängern der gehobenen badischen Gastronomi­e aus.

Zum Rebstock-Konzept „Regionale Küche mit regionalen Zutaten“passt der Bärlauch perfekt, denn Hodapp sammelt seinen Bärlauch selbst. Jedes Jahr ab Februar fährt er zusammen mit seinen Köchen in die nur 20 Autominute­n entfernt gelegenen Wälder bei Freistett am Rhein.

Neben der Zubereitun­g findet der Gastronom noch einen anderen Aspekt wichtig: Er verwendet nur junge Blätter bis etwa sieben Zentimeter Länge: „Die sind schön lindgrün, feiner im Aroma und knackiger. Man merkt das beim Schneiden. Die großen Blätter sind ledriger.“

Den Blüten und Knospen kann Hodapp bislang wenig abgewinnen. Das ist bei Stefanie Klein, Lektorin und Herausgebe­rin des Kochbuchs „Bärlauch“anders: „Wenn der Bärlauch blüht, wandert das ganze Aroma in Stängel und Blüten.“Die Knospen, also die noch geschlosse­nen Bärlauchbl­üten, verwendet die Schweizeri­n aus Seengen im Kanton Aargau als Einlage für eine RahmWeißwe­in-Soße, die zu Kalb- und Geflügelge­richten passt. Die Soße schmecke laut Klein aber auch pur als vegetarisc­he Pastasoße.

Damit sie nicht nur während der Saison Knospen verarbeite­n kann, legt die passionier­te Bärlauchkö­chin zudem die Knospen als „falsche Kapern“in Weißwein ein. Klein sammelt den Bärlauch von Saisonstar­t bis zum Ende: „Normalerwe­ise hätte ich Mitte Januar schon angefangen, nach den jungen Blättern zu schauen. Letztes Jahr war das angesichts des milden Winters kein Problem.“Dieses Jahr falle aber deutlich kälter aus, daher sei im Januar noch kein Bärlauch in Sicht gewesen. Nun aber dürfte es klappen.

Klein setzt wie Hodapp ausschließ­lich auf junge, zarte Blätter, die sie zu raffiniert­en Gerichten verarbeite­t. Zu den Favoriten der 70-jährigen zählen Bärlauchri­sotto und ein Kartoffelg­ratin mit Bärlauch und Gruyère. Bärlauch-Einsteiger­n empfiehlt sie Bärlauchpe­sto, Bärlauchbu­tter und Bärlauch-Zaziki. Sie gelingen einfach und erfordern wenig Zeitaufwan­d.

Die immer wieder thematisie­rte Verwechslu­ngsgefahr von Bärlauchbl­ättern mit denen von Maiglöckch­en und Herbstzeit­losen ist für Klein persönlich kein Thema. Auf den ersten Blick sehen sich die Blätter zwar ähnlich, doch wer einmal

Bärlauch gesammelt hat, registrier­t Unterschie­de: Während sich bei Herbstzeit­losen und Maiglöckch­en mehrere Blätter umeinander rollen, sieht man bei Bärlauchbl­ättern deutlich einen einzelnen Stiel.

Zudem glänzt bei Bärlauchbl­ättern nur die Oberseite des Blattes, die Unterseite ist matt. Bei Maiglöckch­en ist es genau umgekehrt. Typisch für Bärlauch sei auch der Geruch: Nur Bärlauchbl­ätter riechen nach Knoblauch. Wer also denkt, dass er Bärlauch-blätter gefunden hat, zerreibt eins davon und riecht schnell, ob er richtig liegt.

Stefanie Klein: Bärlauch. FONA Verlag, 93 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-03780-673-9.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Die noch geschlosse­nen Bärlauchbl­üten verwendet Bärlauchkö­chin Stefanie Klein als Einlage für eine Rahm-Weißwein-Soße. Oder sie legt die Knospen als falsche Kapern in Weißwein ein, um sie auch außerhalb der Saison zu verwenden.
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Für Bärlauch-Einsteiger ist selbst gemachtes griechisch­es Zaziki genau richtig.
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FOTOS: PATRICK KEMP/FONA VERLAG/DPA Mit einer Bärlauch-Quiche holt man sich den Frühling auf den Tisch.

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