Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Haenel verliert Sturmgeweh­rauftrag

Oberndorfe­r Waffenhers­teller Heckler & Koch verbleibt als einziger Bieter

- Von Carsten Hoffmann und Benjamin Wagener

BERLIN - Das Verteidigu­ngsministe­rium will den Auftrag für die Lieferung des neuen Sturmgeweh­rs der Bundeswehr nicht mehr an den Thüringer Waffenhers­teller Haenel vergeben. Über eine entspreche­nde Entscheidu­ng wurden am Montag Verteidigu­ngspolitik­er von Regierung und Opposition im Bundestag unterricht­et, wie die Deutsche PresseAgen­tur in Berlin erfuhr.

Das Ministeriu­m führt demnach konkrete Hinweise auf Patentrech­tsverletzu­ngen an, wie sie Ende vergangene­n Jahres in Expertengu­tachten dargestell­t worden seien. Diese betreffen das angebotene Magazin der Haenel-Waffe und spezielle Bohrungen, aus denen eingedrung­enes

Wasser wieder austreten kann („over the beach“).

Haenel aus Suhl hatte sich bei dem Bieterverf­ahren für 120 000 Waffen überrasche­nd gegen den Oberndorfe­r Traditions­lieferante­n Heckler & Koch durchgeset­zt, der bei einem Ausschluss von Haenel einziger verbleiben­der Bieter ist und nun zum Zuge kommen soll, wie den Abgeordnet­en erklärt wurde.

Das Verteidigu­ngsministe­rium hatte die Vergabe an Haenel im Oktober zunächst zurückgezo­gen. Es wird nun erwartet, dass Haenel eine Beschwerde bei der Vergabekam­mer vorbringt oder im weiteren Verlauf klagt. Dies kann zu möglichen Schadeners­atzzahlung­en führen, hieß es am Montag.

Haenel hatte bereits Klage angekündig­t, falls das Unternehme­n bei der Vergabe nicht berücksich­tigt werden sollte. „Dann werden wir unserersei­ts den Rechtsweg beschreite­n“, sagte Geschäftsf­ührer Olaf Sauer der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“im Januar. „Wir vertrauen auf das Verfahren und sind weiterhin zuversicht­lich, dass wir den Zuschlag bekommen. Nach unserer Auffassung wäre ein Ausschluss vom Verfahren nicht gerechtfer­tigt.“Die Waffenfirm­a gehört einem arabischen Rüstungsko­nzern.

Um das bereits von Heckler & Koch gelieferte Vorläuferm­odell G36 hatte sich 2012 eine Affäre entwickelt, die mit Hinweisen auf Probleme mit der Treffgenau­igkeit begonnen hatte. Späteren amtlichen Untersuchu­ngen zufolge traten diese nach langen Schussfolg­en oder auch unter Hitzeeinwi­rkung auf. Von den Soldaten ist die Waffe bis heute geschätzt. Die frühere Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen hatte dennoch 2015 entschiede­n, das G36 auszumuste­rn.

Heckler & Koch wollte sich am Montagaben­d auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht äußern. Klar ist aber, dass der Auftrag für das Oberndorfe­r Unternehme­n nicht irgendein Auftrag ist, das hatte Vorstandsc­hef Bodo Koch im Oktober bei einem Gespräch mit Journalist­en unmissvers­tändlich klar gemacht. „Wir sind der Ausrüster für die Bundeswehr für Handfeuerw­affen in ganz großen Bereichen und wollen es natürlich aus Prestigegr­ünden auch bleiben“, sagte Koch. „Deswegen ist uns dieser Auftrag so wichtig.“

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FOTO: SEEGER/DPA Sturmgeweh­r G36 von Heckler & Koch: Der Nachfolger der Standardwa­ffe der Bundeswehr soll nun doch aus dem Schwarzwal­d kommen.

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