Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Haenel verliert Sturmgewehrauftrag
Oberndorfer Waffenhersteller Heckler & Koch verbleibt als einziger Bieter
BERLIN - Das Verteidigungsministerium will den Auftrag für die Lieferung des neuen Sturmgewehrs der Bundeswehr nicht mehr an den Thüringer Waffenhersteller Haenel vergeben. Über eine entsprechende Entscheidung wurden am Montag Verteidigungspolitiker von Regierung und Opposition im Bundestag unterrichtet, wie die Deutsche PresseAgentur in Berlin erfuhr.
Das Ministerium führt demnach konkrete Hinweise auf Patentrechtsverletzungen an, wie sie Ende vergangenen Jahres in Expertengutachten dargestellt worden seien. Diese betreffen das angebotene Magazin der Haenel-Waffe und spezielle Bohrungen, aus denen eingedrungenes
Wasser wieder austreten kann („over the beach“).
Haenel aus Suhl hatte sich bei dem Bieterverfahren für 120 000 Waffen überraschend gegen den Oberndorfer Traditionslieferanten Heckler & Koch durchgesetzt, der bei einem Ausschluss von Haenel einziger verbleibender Bieter ist und nun zum Zuge kommen soll, wie den Abgeordneten erklärt wurde.
Das Verteidigungsministerium hatte die Vergabe an Haenel im Oktober zunächst zurückgezogen. Es wird nun erwartet, dass Haenel eine Beschwerde bei der Vergabekammer vorbringt oder im weiteren Verlauf klagt. Dies kann zu möglichen Schadenersatzzahlungen führen, hieß es am Montag.
Haenel hatte bereits Klage angekündigt, falls das Unternehmen bei der Vergabe nicht berücksichtigt werden sollte. „Dann werden wir unsererseits den Rechtsweg beschreiten“, sagte Geschäftsführer Olaf Sauer der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“im Januar. „Wir vertrauen auf das Verfahren und sind weiterhin zuversichtlich, dass wir den Zuschlag bekommen. Nach unserer Auffassung wäre ein Ausschluss vom Verfahren nicht gerechtfertigt.“Die Waffenfirma gehört einem arabischen Rüstungskonzern.
Um das bereits von Heckler & Koch gelieferte Vorläufermodell G36 hatte sich 2012 eine Affäre entwickelt, die mit Hinweisen auf Probleme mit der Treffgenauigkeit begonnen hatte. Späteren amtlichen Untersuchungen zufolge traten diese nach langen Schussfolgen oder auch unter Hitzeeinwirkung auf. Von den Soldaten ist die Waffe bis heute geschätzt. Die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte dennoch 2015 entschieden, das G36 auszumustern.
Heckler & Koch wollte sich am Montagabend auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“nicht äußern. Klar ist aber, dass der Auftrag für das Oberndorfer Unternehmen nicht irgendein Auftrag ist, das hatte Vorstandschef Bodo Koch im Oktober bei einem Gespräch mit Journalisten unmissverständlich klar gemacht. „Wir sind der Ausrüster für die Bundeswehr für Handfeuerwaffen in ganz großen Bereichen und wollen es natürlich aus Prestigegründen auch bleiben“, sagte Koch. „Deswegen ist uns dieser Auftrag so wichtig.“