Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Neustart nach der Corona-Pause
Friseure und Gartenmärkte sind in Baden-Württemberg wieder geöffnet – Andere Branchen ringen um Lockerungen
STUTTGART (dpa) - Nach etlichen Wochen im Corona-Lockdown haben Friseure und Blumenhändler im Südwesten wieder aufgesperrt. Teilweise konnten sie sich vor Kundenanfragen kaum retten. Besonders die Friseurtermine sind stark nachgefragt.
Während die einen wieder geöffnet haben, fordern andere Branchen immer vehementer Öffnungsperspektiven. Für den nach wie vor weitgehend geschlossenen Einzelhandel schlägt Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut die Einführung einer sogenannten Click&MeetStrategie – also des Einkaufens nach Terminvergabe – schon von kommender Woche an vor. Dies könne immerhin kleineren Geschäften „eine echte Perspektive“bieten, sagte die CDUPolitikerin am Montag. Spätestens von Mitte März an müsse dann eine generelle Öffnung des Einzelhandels erfolgen.
Der Baden-Württembergische Industrieund Handelskammertag sieht in einer zeitnahen Öffnungsstrategie für viele Betriebe den „letzten Strohhalm, um ihr Geschäft und mit ihm Arbeitsplätze zu retten“.
Entscheidungen der grün-schwarzen Koalition im Land über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie dürften aber erst nach der für Mittwoch geplanten Schalte von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder fallen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hält es derweil für verantwortbar, den Lockdown der Wirtschaft noch im März weiter zu lockern. Das sagte der CDU-Politiker am Montagabend bei einer Veranstaltung des Mittelstands-Verbands BVMW. Er deutete konkret Öffnungsmöglichkeiten für den Einzelhandel und die Außengastronomie an. „Jetzt kommt die Zeit, wo man draußen sitzen kann“, sagte er. Letztlich sei es besser, wenn die Bürger in der Außengastronomie mit Hygienekonzept säßen als mit dem selbst gekauften Getränk irgendwo im Park.
In Baden-Württemberg durften am Montag zunächst neben Friseuren auch Blumenläden, Gärtnereien, Baumschulen, Gartenmärkte und Gartencenter von Baumärkten wieder öffnen. Mischsortimente abseits des Pflanzenspektrums dürfen von diesen Geschäften laut aktualisierter Corona-Verordnung nur dann angeboten werden, wenn der Anteil des Grünsortiments mindestens 60 Prozent des Gesamtangebots ausmacht.
Branchenverbände von Friseuren und Floristen zeigten sich am Wiedereröffnungstag in ersten Bilanzen zufrieden. Der Fachverband Friseur und Kosmetik Baden-Württemberg berichtete von guten und weitgehend reibungslosen Geschäften. Auch der baden-württembergische Floristenverband meldete – ungeachtet der niedrigen Temperaturen am Montagmorgen – eine rege Kundennachfrage.
Auf besonders gute Geschäfte dürfen in den nächsten Wochen die Friseure hoffen. Boris Gassert, Landesvorstandsmitglied des Friseurverbands, sagte, man werde weiter von Terminanfragen fürs Haareschneiden überhäuft. Doch die Terminbücher der meisten Friseure seien bereits jetzt auf Wochen gefüllt.
Wer erst jetzt einen Termin anfragt, kann nach Verbandsangaben allenfalls „mit etwas Glück“noch vor Ostern einen ergattern. „Viele Friseure haben auf eine Sechs-Tage-Woche und täglich längere Öffnungszeiten umgestellt, sonst wäre der Terminrückstau noch größer“, sagte Gassert.
Dass zunächst Gärtnereien und Friseure wieder öffnen dürfen, begründete die Landesregierung zum einen mit der verderblichen Ware in den Blumenbetrieben. „Wird die Ware nicht verkauft, verrottet sie“, sagte Arne Braun, stellvertretender Regierungssprecher der „Schwäbischen Zeitung“. Außerdem finde der Verkauf in den Gärtnereien an der frischen Luft statt.
Was die Friseure angehe, sei dies ein „sensibler Bereich“der Hygiene. Vor allem für ältere Bevölkerungsgruppen seien Friseurbesuche sehr wichtig, deswegen habe man sich für die Öffnung entschieden. Friseurbesuche seien aber Eins-zu-eins-Kontakte, die somit sehr gut nachvollziehbar seien. Das sei bei einem großen Kaufhaus nicht gegeben, deswegen könne man den Einzelhändlern eine Öffnung derzeit noch nicht gewähren.