Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sinnsuche statt Starrummel bei den Golden Globes
„Nomadland“und „Borat Subsequent Moviefilm“sind Gewinner mit Tiefgang – Deutsche Beiträge gehen leer aus
BEVERLY HILLS/NEW YORK (dpa) Wegen der Pandemie ist die ausgelassene Party-Nacht geplatzt: Im Ballsaal des Beverly Hilton Hotels saß diesmal ein deutlich kleineres Publikum mit Schutzmasken. Und auch dieses Publikum unterschied sich von dem der Vorjahre: Der Verband der Auslandspresse hatte zur 78. Preisgala Krankenschwestern und Helfer in der Corona-Krise als Ehrengäste eingeladen.
Die Komikerinnen Tina Fey und Amy Poehler moderierten die Zeremonie von getrennten Bühnen in Kalifornien und New York aus. Der Top-Globe für das beste Drama ging an einen Independent-Film, der die verletzte Seele Amerikas zeigt. Das Road-Movie „Nomadland“von Regisseurin Chloé Zhao erzählt die Geschichte einer Witwe, von Frances McDormand unglaublich lebensnah gespielt, die mit wenigen Habseligkeiten in ihrem Van als Nomadin durch die USA zieht. Die 38-Jährige holte für den Film auch die RegieTrophäe.
Auch in der Komödien-Sparte belohnten die Globe-Juroren einen Film, der die politische Realität Amerikas ins Visier nimmt. Für die bissige Gesellschaftssatire „Borat Subsequent Moviefilm“zog der britische Komiker Sacha Baron Cohen durch die USA, mischte sich etwa unter Anhänger von Donald Trump und geriet in brenzlige Situationen.
Cohen saß entspannt neben seiner Frau Isla Fisher, die ihn spontan küsste, als er per Video-Schalte seine Dankworte sprach. Überhaupt bot die Globe-Nacht intime und witzige Einblicke in die vier Wände der Stars, samt Kindern und Haustieren. So hatte Schauspielerin Kate Hudson ihre Großfamilie an der Seite, darunter Mutter Goldie Hawn.
Die zwölfjährige Deutsche Helena Zengel hatte sich mit schwarzer Jacke und Hut herausgeputzt. Doch der Nachwuchsstar aus dem Western „Neues aus der Welt“ging bei der Verleihung leer aus. HollywoodVeteranin
Jodie Foster (58) holte den Globe als beste Nebendarstellerin in dem Polit-Thriller „The Mauritanian“. Ohne Auszeichnung blieb auch das von Maria Schrader als Regisseurin inszenierte deutsche Drama „Unorthodox“. Als beste Miniserie wurde stattdessen „Das Damengambit“ausgewählt. Sie läuft beim Streaminganbieter Netflix, einem der großen Gewinner der Verleihung.
In den Serien- und FernsehfilmKategorien war die britische Königshaus-Serie „The Crown“(Netflix) mit vier Preisen der Abräumer des Abends. Auszeichnungen gab es als beste Dramaserie, für Josh O’Connor als Prinz Charles, für Emma Corrin als Prinzessin Diana und für Gillian Anderson als Margaret Thatcher. Beste Comedy-Serie wurde „Schitt’s Creek“, die bereits bei den Emmys viele Auszeichnungen einfuhr.
Im Vorfeld hatte es in diesem Jahr viel Kritik an den Globes und der Hollywood Foreign Press Association HFPA gegeben. Die „Los Angeles Times“hatte die schon seit Jahren schwelende Kritik neu aufleben lassen. So wurden angebliche LuxusEinladungen zu Drehbesuchen thematisiert. Ohne ein einziges schwarzes Mitglied in der Jury sei das Gremium außerdem erschreckend homogen, hieß es weiter. Die frühere HFPA-Präsidentin Meher Tatna aus Indien versprach eine diversere Zusammensetzung der Jury.
Ein gutes Vorzeichen gab es schon in dieser Globe-Nacht, denn drei Afroamerikaner gewannen wichtige Schauspielpreise. Chadwick Boseman wurde ein halbes Jahr nach seinem Krebstod für „Ma Rainey’s Black Bottom“als bester Schauspieler in einem Drama ausgezeichnet. Andra Day ist die beste Drama-Darstellerin in „The United States vs. Billie Holiday“und der Brite Daniel Kaluuya („Judas and the Black Messiah“) der beste Nebendarsteller.
Nach der Globe-Verleihung müssen nun die Mitglieder der Oscar-Akademie ihre Wahl treffen. Die Nominierungen werden am 15. März bekannt gegeben. Die Academy Awards sollen am 25. April über die Bühne gehen.