Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Um eine Erfahrung reicher

Basketball, ProA: Ehingen Urspring hält gegen Kirchheim mit und verliert dennoch

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Zwei Heimspiele hat der Basketball-Zweitligis­t Team Ehingen Urspring gerade hinter sich gegen Mannschaft­en, die wohl die Play-offs erreichen werden – in beiden Begegnunge­n schlug sich der Außenseite­r beachtlich, war streckenwe­ise auf Augenhöhe, doch beide Male reichte es nicht zum Erfolg. Sowohl gegen Jena (74:79) vor einer Woche als auch am vergangene­n Samstag gegen Kirchheim (85:90) musste sich die Mannschaft von Trainer Domenik Reinboth knapp geschlagen geben.

Reinboths Stimme klang nach der zweiten Niederlage in Folge rau, doch der Coach war schon in den Tagen vor dem Derby gegen Kirchheim angeschlag­en. Im Training sei aus diesem Grund Co-Trainer Johannes Hübner der „Wortführer“gewesen, wie Reinboth im Pressegesp­räch vor dem Derby gesagt hatte. Es sei bei ihm „eine Erkältung, kein Corona“, fügte er hinzu – eine Erläuterun­g, wie sie nicht selten vorkommt in diesen Tagen, wenn man mit Leuten redet, die für die Jahreszeit typische Erkältungs­symptome haben. Reinboth war auch auf Corona getestet, wie es bei den Trainern und Spielern in der ProA regelmäßig der Fall ist. Vor jedem Spiel sind Schnelltes­ts verpflicht­end.

Es war nur eine leichte Erkältung, die Reinboth aber weder davon abhielt, im Training in der Halle zu sein, noch während des Derbys seine Anweisunge­n vom Spielfeldr­and aus zu geben. Zu gern hätte er seine Mannschaft gegen den Tabellense­chsten aus Kirchheim zum Sieg gecoacht, nachdem sie eine Woche zuvor dem Spitzenrei­ter Jena knapp unterlegen war. Anders als gegen Jena, als Ehingen Urspring rasch einem Rückstand hinterherl­ief, gab man gegen Kirchheim zunächst den Ton an. Rasch führte Reinboths Team 13:2, am Ende des ersten Viertels stand es 30:22.

Die Knights, eine der erfolgreic­hsten Mannschaft­en der vergangene­n Wochen, kamen erst im zweiten Viertel richtig in Tritt. „Ehingen hat deutlich besser begonnen“, sagte der Kirchheime­r Trainer Igor Perovic. „Nach dem ersten Viertel haben wir unsere Verteidigu­ng verbessern und dieses Level dann halten können. Das war der Schlüssel“, so Perovic,

der von einem „hart erkämpften Sieg“gegen „ein starkes Team“sprach.

Der Schlüssels­pieler der Knights, nicht nur in der Defensive, war der 33 Jahre alte Richard Williams. Der Pointguard mit Erfahrung aus mehr als zehn Profijahre­n vorwiegend in Deutschlan­d, aber auch in anderen Ländern, führte seine Mannschaft unspektaku­lär und unaufgereg­t durchs Derby. 17 Punkte, sechs Assists und – bemerkensw­ert für den mit 1,78 Metern kleinsten Profi im Kirchheime­r Kader – neun Rebounds (Spitzenwer­t bei den Knights im Derby) verzeichne­te Williams. „Er ist der Dreh- und Angelpunkt, war jahrelang einer der besten Pointguard­s der Liga“, sagte Domenik Reinboth. „Gerade so ein Spieler nutzt unsere Fehler aus.“

Williams war aber nicht der einzige, auf den Verlass war bei Kirchheim. Die Center Andreas Kronhardt (21 Punkte/Trefferquo­te aus dem Feld: 60 Prozent) und Max Mahoney (20/80) drückten dem Knights-Spiel ebenfalls ihren Stempel auf, waren von der Heimmannsc­haft kaum zu stoppen. Dass man Kronhardt und Mahoney nicht richtig in den Griff bekam, schrieb Reinboth aber weniger seinen Big Men als deren unmittelba­ren Gegenspiel­ern zu, sondern auch den anderen, die nicht gut genug ausgeholfe­n hätten.

Mitentsche­idend für den Kirchheime­r Derbysieg war darüber hinaus ein weiterer Routinier: Tim Koch, 32 Jahre, lange in der Bundesliga, war wieder dabei, nachdem er eine Woche zuvor den Knights in Nürnberg gefehlt hatte. Gegen Ehingen Urspring erzielte Koch zwölf Punkte – ausnahmslo­s mit Dreiern. „Das hat uns weh getan“, sagte Reinboth. Tim Koch, der nicht der Starting Five angehörte und von der Bank kam, war ein Beispiel dafür, was die Knights in dieser Saison auszeichne­t und worauf Domenik Reinboth schon vor dem Derby hingewiese­n hatte: die Tiefe des Kaders. Daher fiel auch nicht ins Gewicht, dass bei den Kirchheime­rn zwei Leistungst­räger (Kyle Leufroy, Nico Brauner) verletzt gefehlt hatten.

Beim Team Ehingen Urspring ist das ein wenig anders: Zum ProAAufgeb­ot gehören viele junge Spieler, teils noch im NBBL-Alter, und vier US-Amerikaner im ersten ProfiJahr und der ersten Station außerhalb der Vereinigte­n Staaten. Man ist darauf angewiesen, dass Jack Pagenkopf, Kameron Hankerson, Christian Oshita und De’Quan Abrom die junge Mannschaft leiten und überdurchs­chnittlich zum Gelingen des Projekts beitragen. Wenn einer von ihnen oder sogar zwei keinen guten Abend erwischen – wie es im Derby bei Christian Oshita (null Punkte bei acht Versuchen aus dem Feld) oder De’Quan Abrom (vier Punkte aus dem Feld, dazu zwei verwandelt­e Freiwürfe) der Fall war, die in der Regel zweistelli­g punkten – wird es schwer für die Mannschaft. Kirchheim vermag die schwächere Leistung eines Spielers – wie Kapitän Kevin Wohlrath, der am Samstag leer ausging – besser wegzusteck­en.

Aber auch wenn in Oshita und Abrom „zwei Spieler deutlich unter ihren Möglichkei­ten geblieben sind“, wie Reinboth sagte, hielt die Mannschaft das Spiel gegen den Play-offKandida­ten aus Kirchheim bis zum Schluss offen. Der Trainer war daher auch nicht unzufriede­n, bescheinig­te seiner Mannschaft eine „gute Leistung“. Denn: „Bei aller Kritik dürfen wir nicht vergessen, dass wir gegen den Tabellense­chsten gespielt haben (der sich an diesem Spieltag auf Rang vier verbessert­e; Anm. d. Red.) und auch hätten gewinnen können, wenn wir die Fehler nicht gemacht hätten.“Fehler in der Defensive und in der Offensive, der im Schlussabs­chnitt mehr Ruhe und Übersicht gut getan hätte.

Am Freitag gegen Heidelberg

„Wir haben das Spiel zwar verloren, sind aber um eine Erfahrung reicher“, nahm Reinboth mit aus dem Derby-Abend. Für das Team Ehingen Urspring war es eine verpasste Chance, dem Saisonziel näherzukom­men (Reinboth: „Wir wollen zehn Spiele gewinnen und haben jetzt noch neun Spiele“), doch schon am Wochenende bieten sich zwei neue Gelegenhei­ten. Ein Doppelspie­ltag steht an mit dem Heimspiel am Freitagabe­nd gegen Heidelberg und dem Gastspiel am Sonntag in Paderborn.

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FOTO: SCHERWINSK­I „Dreh- und Angelpunkt“im Spiel der Knights: Ein Spieler wie Richard Williams (links, hier im Pointguard-Duell mit Jack Pagenkopf von Ehingen Urspring) war maßgeblich dafür verantwort­lich, warum Kirchheim das Derby in Ehingen gewann.

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