Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Was der Karpfen dem Hecht voraus hat

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der Hecht im Karpfentei­ch zu sein, ist ein maskuliner Wunsch, der in Wirklichke­it gar nicht so erstrebens­wert ist. Denn führende Fischforsc­her haben in einer Studie im Fachmagazi­n „Pnas“gezeigt, dass gerade die großen, agilen und dominanten Hechte gefangen werden. Wer sich tollkühn vordrängel­t, um den Wurm am Haken zu verschling­en, wird am Ende selbst verschlung­en. Etwa von Feinschmec­kern, die zarte Hechtklößc­hen in Zitronen-Dill-Soße lieben.

Diese Erkenntnis­se sind aus evolutions­biologisch­er Perspektiv­e äußerst interessan­t. Denn was geschieht mit einer Hechtpopul­ation, deren mutigste und beweglichs­te Vertreter ständig weggefisch­t werden? Es vermehren sich die Bedächtige­n, die gemütlich am Teichboden vor sich hindümpeln und den Herrgott einen guten Mann sein lassen. Ob sich Hechte durch diese evolutionä­re Selektion in Richtung lethargisc­hes Meditation­s-Schuppenti­er irgendwann zum Karpfen entwickeln, steht in der Studie nicht.

Der Karpfen gehört zu den sogenannte­n Friedfisch­en, die sich nur ungern in Auseinande­rsetzungen hineinzieh­en lassen und keine anderen Fische, sondern Insektenla­rven oder Schnecken fressen, um ja keinen Ärger zu kriegen. Mit dieser Strategie haben sie es geschafft, nicht im geringsten vom Aussterben bedroht zu sein. Was aber auch daran liegen kann, dass sie äußerst grätenreic­h sind und ein eher muffiges Aroma verbreiten.

Das Lebensmott­o der Karpfen könnte uns also als Beispiel für ein langes Leben dienen: Möglichst grätig und ungenießba­r zu sein. (nyf)

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FOTO: LIBOR SOJKA/IMAGO IMAGES Blubbert oft grätig vor sich hin – der Karpfen.

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