Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Gericht stoppt Bau des 1000-Kühe-Stalls in Ostrach
Widerspruch des BUND hat Erfolg – Richter werfen Landratsamt Versäumnisse bei Umweltprüfungen vor
HAHNENNEST - Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat die Bedenken des BUND Baden-Württemberg bestätigt und im Eilverfahren festgestellt, dass die Erteilung der Genehmigung zum Bau des Kuhstalles in Ostrach wohl rechtswidrig ist. Darüber informiert der BUND in einer Pressemitteilung. Ein Vertreter des Energieparks Hahnennest wollte sich auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“nicht zu der Entscheidung des VGH äußern.
Die Betreiber des Energieparks Hahnennest in Ostrach müssen den Bau des Stalls für 1000 Kühe und 80 Kälber stoppen. Der VGH hat am 23. Februar in einem Eilverfahren entschieden, dass der Widerspruch des BUND vom 4. April 2019 weiterhin aufschiebende Wirkung hat. Damit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23. März 2020 geändert.
„Der Stall in Ostrach wäre in seiner geplanten Dimension eine Bedrohung für Natur und Umwelt“, heißt es in der Mitteilung des BUND. Der VGH kritisiert, dass das Landratsamt Sigmaringen die Auswirkungen auf geschützte Lebensräume und ihre Artenvielfalt nicht ausreichend geprüft hatte, weil keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt war. Die Überwachung des Grundwassers alleine könne einer Gefährdung des Grundwassers nicht wirksam entgegenwirken.
Der BUND zeigt sich erleichtert über den Beschluss. „Der VGH hat klargestellt, dass die Erteilung der Genehmigung zum Bau und Betrieb des Megastalls voraussichtlich rechtswidrig war. Die Vorprüfung zum Stallbauvorhaben in Ostrach war nicht sorgfältig gemacht. Es darf nun keine weiteren Baumaßnahmen geben. Nach den klaren Aussagen des VGH gehen wir davon aus, dass auch in der Hauptsache die Genehmigung
keinen Bestand haben wird und der Stall nicht wie beabsichtigt gebaut werden kann“, berichtet Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin des BUND BadenWürttemberg. Mit dem Beschluss habe der VGH auch die Klagerechte der Umweltverbände gestärkt. Ulfried Miller, Regionalgeschäftsführer des BUND Bodensee-Oberschwaben, begrüßt, dass die Naturschützer beim VGH Gehör gefunden haben. „Wir hätten uns gewünscht, dass Planer, Genehmigungsbehörden und der Petitionsausschuss unsere Bedenken und Hinweise auf die rechtswidrige Planung viel früher ernst genommen und eine Umplanung erwirkt hätten – mit einem deutlich kleineren Stall und Maßnahmen zur Verbesserungen für Grundwasser und Biodiversität. Den Weg in eine industrielle Landwirtschaft geht der BUND nicht mit“, betont Miller.
Seit 2015 plant der Energiepark Hahnennest den Stall. In dessen Nähe betreiben die beteiligten Landwirte eine Biogasanlage, in der sie die Rindergülle und den Rindermist des Stalles verfeuern wollen. Dazu beantragten sie eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung. Das Landratsamt Sigmaringen hielt damals eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht für notwendig. In einem Petitionsverfahren untersuchte der Ausschuss des Landtags den Vorgang und sah keine Verfahrensfehler. Im Februar 2019 erteilte das Landratsamt den Betreibern eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Dagegen erhob der BUND Widerspruch. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen lehnte seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab – zu Unrecht, wie das VGH jetzt urteilte. Der Spatenstich für den Stall war zwar schon im Juni 2019 gesetzt worden, die Landwirte hatten das Bauprojekt nach eigenen Angaben aber zugunsten der Papierfasergewinnung durch die Silphie-Pflanze zurückgestellt. Der Bau des Kuhstalls sollte in diesem Jahr fortgesetzt werden.
Der geplante Stall in Ostrach ist nicht der einzige dieser Größenordnung in Baden-Württemberg. Mehrere Mängel, die der VGH in diesem Fall rügte, sind auch beim Kobeleshof bei Ellwangen und beim 8000-SchweineStall in Langenburg-Nesselbach vorhanden. Gegen das Bauvorhaben des Kobeleshofes geht der BUND juristisch vor. „Die Haltungsbedingungen in solchen Ställen, in denen Tiere auf engem Raum zusammengepfercht sind, führen zu großem Leid“, schreibt der BUND in seiner Mitteilung. Zudem beschleunigten solche industriell geführten Anlagen das Sterben von kleineren Höfen und trieben die Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen nach oben.