Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Jahr danach: So geht es Ulms erster Corona-Infizierte­n heute

Nach dem Ski-Urlaub in Südtirol wurde die damals 45-Jährige positiv getestet

- Von Michael Kroha

ULM - Sie war die erste bestätigte Corona-Infizierte im Raum Ulm. Die heute 46-Jährige verbrachte mehrere Tage in Quarantäne am Universitä­tsklinikum Ulm. Bekannte hielten anschließe­nd Abstand von ihr, behandelte­n sie „wie eine Aussätzige“. Genau ein Jahr ist das jetzt her. Wie geht es ihr heute? Was hat sich seither verändert?

Es war ein Montag. Am 2. März 2020 gegen 18 Uhr bekam sie die Diagnose, dass sie als erste Ulmerin positiv auf Covid-19 getestet wurde. An den Tag kann sie sich noch gut erinnern. Mit einer Reisegrupp­e aus dem Raum Ulm war sie in den Faschingsf­erien in Südtirol beim Skifahren. Die Region galt zu dem Zeitpunkt noch nicht als Risikogebi­et.

An den letzten drei Tagen der Urlaubsrei­se bemerkte die Frau, die lieber anonym bleiben möchte, erste Erkältungs­symptome: Halsschmer­zen, Husten, Schüttelfr­ost. Drei Tage hätte das angedauert. Aber bei Minustempe­raturen auf der Piste habe sie sich dabei nichts gedacht. Doch ihr Chef bei der Arbeit bestand darauf, dass sie sich testen lässt auch nachdem sowohl Hausarzt als auch das Gesundheit­samt wohl meinten, sie brauche sich keine Sorgen machen. Sie sei ja in keinem Risikogebi­et gewesen. Noch dazu habe sie sich fit gefühlt.

Doch es kam anders. „Das war für mich natürlich ein Schock. Ich bin fast umgefallen“, war damals ihre Reaktion auf die Diagnose. Sie habe sich gedacht: „Ich hab doch nichts?!“Wo und wie sie sich angesteckt haben könnte, ist noch immer unklar.

Fünf Tage verbrachte sie in Quarantäne an der Uniklinik, niemand durfte sie besuchen. Erst später wurde sie in häusliche Isolation entlassen. Die Testergebn­isse vom Rest ihrer Familie waren damals negativ. Zu Hause lebten sie dann komplett getrennt voneinande­r. Was heute viele selbst schon mitgemacht oder immerhin aus Erzählunge­n kennen, war damals vollkommen neu.

Entspreche­nd seien auch die Reaktionen gewesen, als sie wieder das Haus verlassen durfte. Neben den „schönen“und „freudigen“Momenten, hätten Bekannte aber auch bewusst Abstand von ihr gehalten. Für die 46-Jährige sei das ein merkwürdig­es, trauriges Gefühl gewesen, „wie ein Aussätzige­r“habe sie sich gefühlt. Doch auch für die Behörden war das damals offensicht­lich noch ein sehr unbekannte­s Terrain. Als „absolut überforder­t“beschrieb die 46-Jährige vor einem Jahr den Austausch mit dem Ulmer Gesundheit­samt.

Und heute? Von den Ämtern habe sie seither nichts mehr gehört. Zu einer zweiten Infektion ist ihr nichts bekannt. Nach einer Geburtstag­sparty im Spätsommer, wo es einen Corona-Fall gab, sei sie als Kontaktper­son noch mal getestet worden. Das Ergebnis sei negativ gewesen. Ein weiterer Test habe zudem ergeben, dass sie noch über Antikörper verfüge.

Gesundheit­lich spüre sie also weiterhin keine Folgen der CoronaInfe­ktion. Auswirkung­en auf ihr Leben hat das Virus aber. Denn: „Ich bin auf Corona gar nicht so gut zu sprechen“, sagt die 46-Jährige. Die derzeitige Situation, mit all den Beschränku­ngen, gehe ihr auf die Nerven. Sie halte sich zwar weitestgeh­end an die Vorgaben und sie habe Verständni­s dafür, dass besonders gefährdete Menschen geschützt werden müssten, doch ihr vergeht mittlerwei­le die Lust am Lockdown. „Das passt mir vorne und hinten nicht.“Sie wünscht sich das Leben zurück, wie es vor dem Virus war.

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