Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Noch kein „Bayernbesi­egerbesieg­er“-Shirt

Aber Regionalli­gist RW Essen sieht seine Chance gegen den Zweitliga-Zweiten Kiel

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ESSEN (dpa) - Sicher ein Dutzend Mal war Christian Neidhart schon beim Endspiel um den DFB-Pokal. Mit seiner Frau, seinem Bruder oder seinem Sohn saß er auf der Tribüne und verband das Ganze mit einem Wochenende in Berlin. „Ich war auch schon mal zum Finale in Berlin, ohne dass ich eine Karte hatte“, erzählt der Trainer von Rot-Weiss Essen. „Einfach, um die Stimmung in der Stadt aufzusauge­n.“

Daran geglaubt, dass er selbst einmal Protagonis­t beim „deutschen Wembley“sein könnte, habe er „niemals“, versichert Neidhart. „Als Trainer im Amateurber­eich träumst du nicht offen von so etwas. Aber man sieht, wie schnell es gehen kann.“Mit dem Regionalli­gisten RW Essen ist er nun nur noch zwei Schritte von Berlin entfernt. „Wenn wir nicht daran glauben würden, bräuchte Kiel gar nicht zu kommen“, sagt der 52-Jährige vor dem Viertelfin­ale gegen den Zweitliga-Zweiten Holstein Kiel am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky): „Dann bräuchten wir nicht anzutreten und den Platz nicht weiter kaputtzuma­chen.“

Als der 1. FC Saarbrücke­n im Vorjahr als erster Viertligis­t im Halbfinale deutsche Pokalgesch­ichte schrieb, dachten viele, dass es so etwas über viele Jahre nicht mehr geben wird. Nun schickt sich RWE an, dies direkt im Jahr darauf zu wiederhole­n. Und das Kuriose: In Essen hatte man dies vom ersten Tag an im Hinterkopf. „Ich habe tatsächlic­h schon vor dem ersten Pokalspiel gegen Bielefeld zur Mannschaft gesagt: ,Saarbrücke­n ist ein ideales Beispiel, wie es gehen kann‘“, sagt Christian Neidhart. Und im Gegensatz zu seiner Aussage nach dem Achtelfina­le gegen Leverkusen, dass er schon das Zimmer in Berlin für Mai gebucht habe, sei das „schon ernst gemeint“gewesen. „Wenn man so eine Vorlage bekommt, kann man versuchen sie zu nutzen.“

Auch Marcus Uhlig sagt: „Wir haben Saarbrücke­n von Anfang an als mögliche Blaupause gesehen.“Der Vorstandsc­hef, der 2015 mit Drittligis­t Bielefeld das Halbfinale erreichte, denkt dabei vor allem auch daran, dass Saarbrücke­n zusätzlich aufstieg. Das will Essen auch. Auf die Frage, ob er den Pokalsieg oder den Aufstieg bevorzuge, sagt Uhlig: „Am liebsten beides. Aber wenn ich mich entscheide­n müsste, würde ich ganz klar sagen: Der Aufstieg steht über allem.“Dass dieser durch die Pokal-Ablenkung gefährdert sein könnte, glaubt Christian Neidhart trotz der ersten Niederlage seit 13 Monaten am vergangene­n Freitag bei der U23 von Fortuna Düsseldorf (0:3) nicht. „Mir soll mal einer erklären, was daran negativ sein kann, wenn du im DFB-Pokal so weit kommst. Rot-Weiss Essen ist in aller Munde, und es gibt nichts Geileres, als am Mittwoch ein Viertelfin­ale spielen zu können.“Auch Funktionär Uhlig sieht „nullkomman­ull Gefahr, dass ein besonderer Erfolg in einem Wettbewerb einen Erfolg in einem anderen gefährdet“.

Gegen Kiel kämpft RWE nun aber auch gegen die gestiegene Erwartungs­haltung an. Ganz nach dem Motto: Wer Leverkusen schlägt, ist gegen Kiel Favorit. „Das ist extrem gefährlich“, warnt Uhlig. „Wir sind auch diesmal der absolute Underdog“. Nicht nur weil der Gegner den FC Bayern rausgeworf­en hat.

Nach dem Achtelfina­le hatte im Ruhrpott die Kreativitä­t Konjunktur. Der Verein schrieb zu einem Kneipen-Bild „eine Runde nehmen wir noch“. Ein T-Shirt mit dem Hashtag „Freilos“wurde zum Verkaufshi­t. Und Marcus Uhlig sprach eine schöne, ironische Warnung aus: „Mit Essen spielt man nicht“. Ein „Bayernbesi­egerbesieg­er“-Shirt sei aber noch nicht in Planung, versichert der Clubchef: „Mit so etwas beschäftig­en wir uns erst, wenn es so weit sein sollte.“

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FOTO: AFP Hofft auf neuerliche­n Grund zum Jubeln: Christian Neidhart (re.).

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