Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bundesweit Gerüste gestohlen: Tölpelhafte Bande vor Gericht
Männer wollten Geld machen – Am Tatort begangen sie einen Kardinalfehler
ULM - Sie witterten offenbar das große Geld – indem sie Gerüste stahlen, die sie danach weiterverkaufen wollten. Der Schaden, den sie laut Staatsanwaltschaft angerichtet haben, der ist tatsächlich enorm. Doch das TatVorgehen der sieben Angeklagten, die größtenteils aus dem Raum Frankfurt stammen, entpuppte sich beim Auftakt der Hauptverhandlung am Mittwoch vor dem Ulmer Landgericht als stellenweise tölpelhaft. Den Bandenmitgliedern drohen mehrjährige Haftstrafen.
Verhandelt wird der Fall, in dem es um schweren Bandendiebstahl geht, aus diesem Grund in Ulm: Es waren Ulmer Ermittler, die die sieben türkischstämmigen Männer (im Alter zwischen 33 und 54 Jahren) auf die Anklagebank brachten.
Die Staatsanwaltschaft Ulm wirft ihnen vor, im vergangenen Jahr zwei mal den Hof einer Firma in einem Gewerbegebiet nördlich der Stadt „besucht“zu haben, die Gerüste herstellt und verkauft – im Januar, das zweite Mal im April. Zu ihren „Touren“sollen sie mit eigens angemieteten Lastern angereist sein, und immer dann zugeschlagen haben, wenn sie sich unbeobachtet wähnten.
Auf den Lastern landeten vor allem Gerüste, aber auch Zaunelemente und Böden. Rund 20 Tonnen schwer sei das Diebesgut aus Ulm gewesen, das sie vom Hof der Gerüstfirma geklaut haben sollen. Wert: rund 200 000 Euro. Insgesamt wird den sieben Männern, von denen nicht jeder Deutsch spricht (deshalb hat das Gericht drei Dolmetscher engagiert), ein Dutzend Taten vorgeworfen, verübt im gesamten Bundesgebiet. Gesamtschaden laut Staatsanwaltschaft: eine knappe halbe Million Euro. Die Männer sitzen in Untersuchungshaft und wurden zum Verhandlungsauftakt in der Donauhalle teils in Handund Fußschellen vorgeführt.
Die Masche der Angeklagten: Ein möglicher Tatort wurde ausgekundschaftet, danach schlug die Gruppe zu. Die Männer sollen sich die Arbeit aufgeteilt haben: in Späher, Fahrer, das Klauen vor Ort. Um die Gerüste weiterverkaufen zu können, sei sogar eigens eine Firma gegründet worden. Und um auf Nummer sicher zu gehen, sollen die Gerüste umlackiert worden sein. Die Männer seien in einer „professionell organisierten Art und Weise“vorgegangen, so die Staatsanwaltschaft. Deshalb der Vorwurf des schweren Bandendiebstahls. Der Strafrahmen reicht hier von einem bis zu zehn Jahren Haft. Wobei der Vorsitzende Richter Wolfgang Tresenreiter deutlich machte, diesen – zumindest angesichts der bislang bekannten Vorwürfe – wohl nicht auszureizen zu müssen.
Angeklagt ist noch ein achter Mann. Er soll die Gerüste angekauft und dann weiterverkauft haben, im Wissen, dass sie gestohlen wurden. Ihm wird gewerbsmäßige Hehlerei vorgeworfen. Er ist der einzige, der noch auf freiem Fuß ist.
Dass die Männer sich überhaupt vor Gericht zu verantworten haben, ist dem Umstand geschuldet, dass sie bei ihren Taten zwar logistisch an fast alles gedacht zu haben scheinen, allerdings nicht daran: Es ist nicht ratsam, das Handy anzulassen, wenn man bei einer Sache nicht erwischt werden möchte. Die Ulmer Polizei kam ihnen auf die Schliche, nachdem sie auswerten ließ, wer sich zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt nahe des Tatorts befand. Besser gesagt, wessen Handy nahe des Tatorts mit dem Funknetz verbunden war, während die Gerüste geklaut wurden. Es war die alles entscheidende heiße Spur.
Die Angeklagten seien „sehr laienhaft vorgegangen“, meinte einer der Verteidiger.
Wirklich strittig sind die Taten als solche nicht. In einem Vorgespräch loteten Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger bereits aus, welche Bestrafung für welchen Angeklagten realistisch scheint (je nach Beteiligung) und was die Angeklagten selbst zu einer zügigen Prozessabwicklung beitragen können. Am Mittwochnachmittag sollten weitere Gespräche zwischen den Verfahrensbeteiligten geführt werden (nicht öffentlich).
Einer der Angeklagten ist bereits geständig, plädiert jedoch „nur“auf Beihilfe. Doch Richter Tresenreiter machte deutlich: Um als Täter verurteilt zu werden, muss ein Angeklagter nicht zwingend direkt am Diebstahl der Gerüste beteiligt gewesen sein.
Es könne auch reichen, den Laster zum Abtransport angemietet zu haben. Mitgehangen, mitgefangen. Im Raum stehen Strafen zwischen drei und sechs Jahren Haft.