Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Geständnis im Prozess um Brandstiftung
Verteidiger verliest Erklärung - Gericht äußert Zweifel
EHINGEN/ULM - Der vierte Verhandlungstag gegen eine 42-jährige Ehingerin vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Ulm wegen Brandstiftung in einer Ehinger Spielhalle und neunfachen versuchten Mordes brachte ein Geständnis. Dieses wurde vom Verteidiger der Angeklagten verlesen. Bei der persönlichen Beantwortung von Fragen des Gerichts durch die Angeklagte hat die Kammer Zweifel am vorgetragenen Sachverhalt geäußert.
Dies veranlasste die Angeklagte zur sukzessiven Relativierung ihrer Darstellung. Eine Erklärung der Angeklagten war am Ende des dritten Verhandlungstags vom Verteidiger angekündigt worden. Zu klären ist insbesondere noch die Frage, ob der Angeklagten Tötungsvorsatz nachgewiesen werden kann.
Nach der Vernehmung einer weiteren Arbeitskollegin der Angeklagten nahm der Prozess deutlich an Fahrt auf, als ihr Verteidiger eine Erklärung verlas. Hierin nahm die Angeklagte Bezug auf den Verlust ihres Arbeitsplatzes in Neu-Ulm, der mit einer aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Sperre des Arbeitslosengeldes und dem Verlust ihrer Wohnung verbunden gewesen sei. Ihre Familie habe ausgeholfen, mit Geld und einer Wohnung. Im Januar 2020 habe sie beim Betreiber der Spielhalle angefangen. In die von ihr zuletzt bewohnte Wohnung sei sie in der Annahme eingezogen, sie werde die Miete bezahlen können, bei der Kaution habe ihr Bruder ausgeholfen.
Die Angeklagte hat eingeräumt, dass sie acht Mal jeweils 200 Euro an ihrem Arbeitsplatz aus einem Wechsler entnommen und unterschlagen hat. Das Geld habe sie in einem Notizbuch in der Schublade des Esszimmertischs aufbewahrt, um damit ihre Miete für August und September 2020 zu begleichen. Als ihr klar wurde, dass durch die anstehende Kassenprüfung ihre Unterschlagungen auffallen würden, habe sie spontan einen Plan entwickelt.
Dieser habe vorgesehen, in die Spielhalle einzubrechen und den Ordner mit den Aufzeichnungen zu entwenden, um dadurch die Kassenprüfung um eine Woche zu verzögern. Es sei ihr um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes gegangen. In ihrem Auto habe sich ein Brecheisen befunden, im Keller habe sie einen Schraubenzieher gesucht und gefunden.
Mit diesen Werkzeugen habe sie an der Spielhalle die Eingangstür für Mitarbeiter aufgebrochen. Im Keller ihres Wohnhauses habe sie dabei zufällig einen Kanister mit Bioethanol gesehen. Diesen habe sie bewusst nur teilweise auf dem Teppich der Spielhalle verteilt und angezündet, um sicherzugehen, dass die Polizei die Spielhalle vorübergehend schließt, und die Kassenprüfung verschoben wird. Sie habe sodann das für die Miete zurückgelegte Geld in der Spielhalle wieder einzahlen wollen, weshalb ihr Plan nur aufgegangen wäre, wenn das Feuer die Spielautomaten nicht zerstört hätte. Sie sei davon ausgegangen, dass die Brandmeldeanlage ausgelöst würde, und die Bewohner des Obergeschosses mithin nicht gefährdet würden. Ihr Plan habe nur umfasst, dass das Feuer den Teppich, keine weiteren Einrichtungsgegenstände oder gar das Haus tangieren würde.
Fragen des Gerichts beantwortete die Angeklagte im Nachgang zur Verlesung persönlich. Dabei hat die Kammer anhand von Abhebungen der Angeklagten von ihrem Konto und eines Sachverständigengutachtens bezüglich des Zustands der Tür am Mitarbeitereingang Ungereimtheiten an der Darstellung des Verteidigers herausgearbeitet. Diese führten zu Unterbrechungen und Änderungen im Vortrag der Angeklagten.
Das Gericht legte dieser nahe, die wahre Version zu offenbaren, denn nur dann könne es Glauben schenken. Am 12. März folgt die Beweisaufnahme. Das Gericht hat den Hinweis erteilt, dass die Tat möglicherweise strafbar sein könnte als versuchter Mord, begangen aus Heimtücke.