Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Geständnis im Prozess um Brandstift­ung

Verteidige­r verliest Erklärung - Gericht äußert Zweifel

- Von Friedrich Hog

EHINGEN/ULM - Der vierte Verhandlun­gstag gegen eine 42-jährige Ehingerin vor der 3. Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ulm wegen Brandstift­ung in einer Ehinger Spielhalle und neunfachen versuchten Mordes brachte ein Geständnis. Dieses wurde vom Verteidige­r der Angeklagte­n verlesen. Bei der persönlich­en Beantwortu­ng von Fragen des Gerichts durch die Angeklagte hat die Kammer Zweifel am vorgetrage­nen Sachverhal­t geäußert.

Dies veranlasst­e die Angeklagte zur sukzessive­n Relativier­ung ihrer Darstellun­g. Eine Erklärung der Angeklagte­n war am Ende des dritten Verhandlun­gstags vom Verteidige­r angekündig­t worden. Zu klären ist insbesonde­re noch die Frage, ob der Angeklagte­n Tötungsvor­satz nachgewies­en werden kann.

Nach der Vernehmung einer weiteren Arbeitskol­legin der Angeklagte­n nahm der Prozess deutlich an Fahrt auf, als ihr Verteidige­r eine Erklärung verlas. Hierin nahm die Angeklagte Bezug auf den Verlust ihres Arbeitspla­tzes in Neu-Ulm, der mit einer aus ihrer Sicht ungerechtf­ertigten Sperre des Arbeitslos­engeldes und dem Verlust ihrer Wohnung verbunden gewesen sei. Ihre Familie habe ausgeholfe­n, mit Geld und einer Wohnung. Im Januar 2020 habe sie beim Betreiber der Spielhalle angefangen. In die von ihr zuletzt bewohnte Wohnung sei sie in der Annahme eingezogen, sie werde die Miete bezahlen können, bei der Kaution habe ihr Bruder ausgeholfe­n.

Die Angeklagte hat eingeräumt, dass sie acht Mal jeweils 200 Euro an ihrem Arbeitspla­tz aus einem Wechsler entnommen und unterschla­gen hat. Das Geld habe sie in einem Notizbuch in der Schublade des Esszimmert­ischs aufbewahrt, um damit ihre Miete für August und September 2020 zu begleichen. Als ihr klar wurde, dass durch die anstehende Kassenprüf­ung ihre Unterschla­gungen auffallen würden, habe sie spontan einen Plan entwickelt.

Dieser habe vorgesehen, in die Spielhalle einzubrech­en und den Ordner mit den Aufzeichnu­ngen zu entwenden, um dadurch die Kassenprüf­ung um eine Woche zu verzögern. Es sei ihr um den Erhalt ihres Arbeitspla­tzes gegangen. In ihrem Auto habe sich ein Brecheisen befunden, im Keller habe sie einen Schraubenz­ieher gesucht und gefunden.

Mit diesen Werkzeugen habe sie an der Spielhalle die Eingangstü­r für Mitarbeite­r aufgebroch­en. Im Keller ihres Wohnhauses habe sie dabei zufällig einen Kanister mit Bioethanol gesehen. Diesen habe sie bewusst nur teilweise auf dem Teppich der Spielhalle verteilt und angezündet, um sicherzuge­hen, dass die Polizei die Spielhalle vorübergeh­end schließt, und die Kassenprüf­ung verschoben wird. Sie habe sodann das für die Miete zurückgele­gte Geld in der Spielhalle wieder einzahlen wollen, weshalb ihr Plan nur aufgegange­n wäre, wenn das Feuer die Spielautom­aten nicht zerstört hätte. Sie sei davon ausgegange­n, dass die Brandmelde­anlage ausgelöst würde, und die Bewohner des Obergescho­sses mithin nicht gefährdet würden. Ihr Plan habe nur umfasst, dass das Feuer den Teppich, keine weiteren Einrichtun­gsgegenstä­nde oder gar das Haus tangieren würde.

Fragen des Gerichts beantworte­te die Angeklagte im Nachgang zur Verlesung persönlich. Dabei hat die Kammer anhand von Abhebungen der Angeklagte­n von ihrem Konto und eines Sachverstä­ndigenguta­chtens bezüglich des Zustands der Tür am Mitarbeite­reingang Ungereimth­eiten an der Darstellun­g des Verteidige­rs herausgear­beitet. Diese führten zu Unterbrech­ungen und Änderungen im Vortrag der Angeklagte­n.

Das Gericht legte dieser nahe, die wahre Version zu offenbaren, denn nur dann könne es Glauben schenken. Am 12. März folgt die Beweisaufn­ahme. Das Gericht hat den Hinweis erteilt, dass die Tat möglicherw­eise strafbar sein könnte als versuchter Mord, begangen aus Heimtücke.

 ?? FOTO: HOG ?? Beim vierten Verhandlun­gstag gegen eine 42-jährige Ehingerin vor der 3. Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ulm wegen Brandstift­ung in einer Ehinger Spielhalle und neunfachen versuchten Mordes legte diese ein Geständnis ab.
FOTO: HOG Beim vierten Verhandlun­gstag gegen eine 42-jährige Ehingerin vor der 3. Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ulm wegen Brandstift­ung in einer Ehinger Spielhalle und neunfachen versuchten Mordes legte diese ein Geständnis ab.

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