Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Gut investieren für sorgenfreien Ruhestand
Sparen fürs Alter ist wichtig – Welche Anlageformen Experten empfehlen
MÜNCHEN - Statistisch hat fast jeder in Deutschland eine Lebensversicherung. Anfang 2020 zählte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft 82,8 Millionen Verträge. Der überwiegende Teil soll ein finanzielles Polster für die Altersvorsorge aufbauen oder garantiert zusätzliche Rentenzahlungen, aber das funktioniert immer schlechter. „In der Vergangenheit waren diese Klassiker eine gefragte und auch gute Anlage mit hoher Wertbeständigkeit“, erklärt Timo Veeneman von der Vermögensverwaltung Spiekermann & Co. AG aus Osnabrück. Aber im heutigen Niedrigzinsumfeld sind zumindest Neuverträge nicht mehr empfehlenswert. „Der Ertrag deckt, wenn überhaupt, gerade noch die zu erwartende Inflation ab“, warnt der Anlageexperte. Das Geschäft der Lebensversicherungsanbieter läuft offensichtlich nicht mehr gut, mehrere
Gesellschaften stehen sogar unter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Was bedeutet das für bestehende Verträge und gibt es überhaupt sinnvolle Alternativen?
„Die Garantien, vor allem die hohen aus der Vergangenheit, sind nach wie vor sicher“, beruhigt Timo Veeneman. Allerdings könnte es passieren, dass die Auszahlung an Kunden unter den ursprünglichen Erwartungen liegt, da etwa in Aussicht gestellte Überschussbeteiligungen spärlicher ausfallen.
„Teilweise kann es Sinn machen, bestehende Verträge zu kündigen oder mindestens stillzulegen“, sagt Uwe Eilers, Vorstand der Frankfurter Vermögen AG, „eine Kündigung macht allerdings meistens dann wenig Sinn, sofern es steuerlich geförderte Policen sind.“
Was sich rechnet, sei immer im Einzelfall zu prüfen. Es gibt auch Anbieter, die Lebensversicherungen abkaufen, das kann unter dem Strich günstiger als eine Kündigung sein. In manchen Fällen ist es sogar möglich Verträge, die vor 2008 geschlossen wurden, komplett rückabzuwickeln. Ob dieser sogenannte „Wiederrufjoker“infrage kommt, dazu beraten beispielsweise die Verbraucherzentralen oder spezialisierte Anwälte. Bleibt die Frage, wohin mit dem Geld, wenn die Lebensversicherung als rentable Möglichkeit zur Altersvorsorge quasi wegbricht?
„Alternative Anlageformen gibt es genügend“, sagt Vermögensverwalter Uwe Eilers. Statt monatlich in eine Lebensversicherung einzuzahlen, kann zum Beispiel ein Fondssparplan die Chancen des Aktienmarkts nutzen und trotzdem die Risiken breit streuen. Bei der Umsetzung macht es Sinn, sich Hilfe zu holen, denn neben der passenden Auswahl entsprechend der persönlichen Risikoneigung aus verschiedensten Wertpapiermärkten muss auch die Lebenssituation berücksichtigt werden. Generell gilt, dass der Aktienmarkt vor allem langfristig gute Renditechancen verspricht. Das Deutsche Aktieninstitut hat etwa berechnet, dass in den vergangenen 50 Jahren Anleger, die mindestens 15 Jahre durchhielten, mit dem Deutschen Standartwerteindex Dax immer gut gefahren sind. Selbst im ungünstigsten Fall lag die Rendite bei 2,3 Prozent pro Jahr, im Durchschnitt sogar bei 8,9 Prozent. Bei kürzerer Anlagedauer gab es dagegen auch Verlustzeiträume, deswegen empfehlen Profis, Kapital am Aktienmarkt mit ausreichend Zeit und möglichst nicht nur in einen Index zu investieren.
Einige Jahre vor einem fixen Auszahlungsdatum setzen sie dann immer stärker auf weniger schwankende Anlageklassen, wie festverzinsliche Wertpapiere, und können so bessere Erträge als eine klassische Lebensversicherung erreichen.