Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Freiheitss­trafe wegen Bluttat

Mit Spieß zugestoche­n: Täter muss für zwei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis

- Von Andrea Rexer

HEILIGKREU­ZTAL/BIBERACH - Am Schneckenh­aus im Heiligkreu­ztaler Wald, einem beliebten Gebiet zum Wandern und Grillen, ereignete sich am 17. Oktober 2020 eine rätselhaft­e Bluttat. Bei einem Treffen von vier Personen wurde ein Mann mit einem Metallspie­ß schwer verletzt. Jetzt wurde der Fall vor dem Amtsgerich­t in Biberach verhandelt. Der 41-jährige Täter wurde zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt.

Der ursprüngli­che Tatvorwurf des versuchten Totschlags war abgewandel­t worden. Verhandelt wurde wegen schwerer Körperverl­etzung gegen ein Ehepaar und den Bruder des Mannes. Die Tatbeteili­gten kannten sich. Alle kamen in den 1990er-Jahren nach Deutschlan­d, der Hauptangek­lagte lernte das spätere Opfer in einem Deutschkur­s kennen. Die zwischen 33 Jahre und 42 Jahre alten Tatbeteili­gten pflegten laut Zeugenauss­agen eine freundscha­ftliche Beziehung. Man traf sich zum Grillen und Feiern, der Haupttäter war wenige Tage vor der Tat noch als Gast bei seinem späteren Opfer.

Am Tattag hatte das Ehepaar das spätere Opfer telefonisc­h zu einem Treffen im Wald bei Heiligkreu­ztal aufgeforde­rt. Von dem was danach geschah gibt es zwei Versionen. Die Angeklagte­n, während der Tatzeit stark betrunken, sagten aus, dass sie den 42Jährigen zu einer Aussprache in den Wald bestellt hätten. Anlass sei gewesen, dass er „üble Gerüchte“über deren Familie verbreitet habe. Kaum sei dieser an dem vereinbart­en Treffpunkt angekommen, hätte er völlig unerwartet angegriffe­n und dem Ehemann mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf geschlagen. Dessen Bruder hätte zur Nothilfe den Angreifer abgedrängt und in die Büsche geschubst.

Das Opfer, ein kräftiger, redegewand­ter 42-Jähriger, widersprac­h temperamtv­oll dieser Version. Er habe gedacht, so seine Variante, dass man sich zum gemeinsame­n Grillen treffen würde. Allerdings sei er, kaum dass er einen Fuß aus dem Auto setzen konnte, sofort von dem Ehemann mit den Fäusten angegriffe­n worden. Eingeklemm­t zwischen Autotür und Rahmen habe er im Abwehrkamp­f nach einem Radmutters­chlüssel gegriffen, welcher sich in seinem Auto befand, und damit den Angreifer abgewehrt. Zunächst erfolgreic­h, allerdings sei nun von der Seite der Bruder auf den Plan getreten, und dieser habe unvermitte­lt mit einem Metallspie­ß dem Mitvierzig­er in die Brust gestochen. Das Opfer schilderte weiter, dass der Bruder mit erhobenem Spieß ihn etliche Meter weitergetr­ieben habe. „Er wollte mich töten“, so seine Aussage, er sei in Todesangst gewesen. Trotz seiner schweren Verletzung – die behandelnd­en Ärzte werden später attestiere­n, dass nur um 26 Millimeter das Herz verfehlt wurde, gelang es dem Opfer offenbar, sich in sein Auto zu setzen, um zu flüchten. Spaziergän­ger, die wenige Meter entfernt auf den Mann trafen, informiert­en die Polizei und den Rettungsdi­enst.

Zum Sachverhal­t wurden zahlreiche Zeugen verhört. Zentral war die Frage nach der Tatwaffe, dem Metallspie­ß. War der Hauptangek­lagte mit dem Plan in den Wald gegangen, den Bekannten zu verletzen? Hatten alle drei sich zu einer Abstrafakt­ion verabredet? Oder war das spätere Opfer ein gewaltbere­iter Zeitgenoss­e, vor dem man sich schützen muss? Richter Bürglen, die Staatsanwa­ltschaft und die Verteidigu­ng einigten sich zunächst auf die Einstellun­g des Verfahrens wegen Körperverl­etzung für das Ehepaar. Die Ehefrau habe versucht, die Situation zu besänftige­n, dem Ehemann sei eine aktive Teilnahme nicht nachzuweis­en.

Beim Haupttäter allerdings erkannte die Staatsanwa­ltschaft erhebliche kriminelle Energie. Dieser bot ein ellenlange­s Strafregis­ter. Der sich selbst als süchtig bezeichnen­de Mann hatte seit seiner Ankunft in Deutschlan­d zahllose Delikte wie Diebstahl, Urkundenfä­lschung und räuberisch­e Erpressung begangen. Selbst nach Gefängnisa­ufenthalte­n wurde er bald wieder straffälli­g. Dass er den Metallspie­ß mitgeführt habe und keinerlei Versuche einer gütlichen Einigung von ihm ausgegange­n seien, wertete die Staatsanwa­ltschaft als klare Schuldhinw­eise. Der Verteidige­r dagegen bezweifelt­e die Stimmigkei­t der Opfer-Aussage. Dieser sei einschücht­ernd aufgetrete­n und habe mit dem Radschlüss­el selbst das Leben des Ehemanns bedroht.

Das Schöffenge­richt beschloss nach langer Beratung eine Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten für den Haupttäter. Nach Auffassung des Gerichts sei es nur einem Zufall zu verdanken, dass der Vorfall nicht tödlich verlaufen sei. Die Tatsache, dass der Täter auch während einer Bewährung nicht in der Lage sei, sich aus solchen Konflikten herauszuha­lten, deute auf eine schlechte Prognose hin. Die Ehefrau erhielt eine Geldstrafe wegen einer Alkoholfah­rt, die Fahrerlaub­nis wurde für sieben Monate entzogen.

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ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK In diesem Waldstück bei Heiligkreu­ztal ist ein Treffen mehrerer Bekannter blutig ausgegange­n.

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