Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Anmutige Frühlingsboten
Ausgraben von Küchenschellen ist verboten
LAICHINGER ALB (Gükü) - Küchenschellen können es kaum erwarten: Sowie der Schnee schmilzt, drängen die anmutigen Frühlingsboten ans Licht. Zur Freude der Menschen und Nektar suchender Insekten öffnen sich unter den ersten wärmenden Strahlen der Frühlingssonne alsbald tiefviolette Blütenkelche der Echten Küchenschelle. Sie wächst auf sonnigen Abhängen, Felsen und Schafweiden der Schwäbischen Alb und ist äußerst frostresistent. Die gesamte Pflanze ist dafür vollständig mit einem silbernen Haarpelz überzogen, selbst die violetten Blütenblätter.
Gewöhnliche Küchen- oder Kuhschelle, wie sie von Pflanzenfreunden genannt wird, ist fast schon eine Abwertung des bezaubernden Frühblühers. Der Volksmund lässt das Adjektiv weg und spricht von Küchenschelle oder von Osterblume, entsprechend ihrer Blühzeit pünktlich zum Fest der Auferstehung Jesu Christi. Vor dem ältesten und höchsten Fest im Kirchenjahr wurde der
Pflanze früher arg zugesetzt, diente doch ihr lila Farbsaft zum österlichen Eierfärben. Weil sie ihre stark behaarten, silbrig glänzenden, dicken Blütenknospen mit Macht durchs Altgras des Vorjahres hindurchflicht und der Frühjahrssonne entgegenstreckt, wird sie im Volksmund auch als Heu-Schlaufe bezeichnet. Für alle Namensgebungen aber spielte die Form der lila Blüten, welche an eine Glocke erinnern, eine Rolle.
Auch die von Botanikern verwendete lateinische Bezeichnung „Pulsatilla vulgaris“deutet auf den Namensteil Schelle, welcher von „pulsare“, also schlagen oder läuten, abgeleitet werden kann. Die Küchenschelle enthält die Gifte Anemonin und Protoanemonin, welche zu Atem- und Kreislauflähmungen führen. Als Heilpflanze wird sie in homöopathischen Dosen unter anderem gegen Depressionen oder Migräne eingesetzt. Sie steht unter Naturschutz und ist vollkommen geschützt. In Gärtnereien können Küchenschellenpflanzen im Topf zu geringen Eurobeträgen für den Steingarten erworben werden. Das ist allemal billiger als eine zigfach höhere Geldbuße wegen verbotenem Ausgraben.