Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Vereinsleg­ende auf der Bank

Marc Schnattere­r ist beim 1. FC Heidenheim nur noch Teilzeitkr­aft, trotzdem möchte der 35-Jährige noch weiterspie­len

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HEIDENHEIM (bp/dpa) - Nachdem Frank Schmidt alles auf den Platz geschickt hatte, was den Strafraum unsicher machen kann, durfte ein Mann nicht fehlen. Also wechselte der Trainer des 1. FC Heidenheim im Volksparks­tadion wieder einmal den Spieler ein, den ganz FußballDeu­tschland irgendwie kennt, auch wenn er bisher über die 2. Bundesliga nicht hinausgeko­mmen ist: Marc Schnattere­r. Denn der Name bedeutet eben auch Gefahr bei Flanken, Freistößen und Eckbällen und damit Futter für die Stürmer. Aber: Diesmal folgte beim Stand von 0:2 kein besonderer Moment mehr für den Standardsp­ezialisten in den mageren sechs Minuten Einsatzzei­t. Man kann mittlerwei­le erahnen, wann Schnattere­r von der Ersatzbank kommt und den Platz betritt, und mitunter wird es dann auch noch gefährlich (was er schon etliche Male bewiesen hat), nicht aber bei der jüngsten 0:2-Niederlage beim Hamburger SV. Auf drei Vorlagen kommt „Schnatti“in dieser Saison, aber eben auch auf viele Kurzeinsät­ze (17), wenig Startelf (3) oder gar nicht (3), er ist nicht mehr eine prägende Figur des Spiels.

Für viele Routiniers normalerwe­ise der Zeitpunkt, um sich über die Karriere nach der Karriere Gedanken zu machen. Auf einen zeitnahen Einsatz am Schreibtis­ch wird der 35-Jährige aber wohl von sich aus verzichten. Der ewige Heidenheim­er Kapitän bezweifelt, ob er der Typ nur fürs Büro ist. Ein Studium kann er sich vorstellen, auch wenn ein Job im Fußball die erste Lösung wäre. Den Trainersch­ein möchte er machen, vielleicht eine „coole Geschichte“mit dem Nachwuchs beginnen. Schnattere­r macht sich schon ein bisschen Gedanken über die Zeit nach der Karriere, und natürlich hat er schon mit dem FCH darüber gesprochen, welche Perspektiv­e im Verein es dann für ihn geben könnte. Aber das hat alles noch Zeit.

Denn auch wenn der Dauerbrenn­er des Zweitligis­ten mittlerwei­le 35 Jahre alt ist und als Kapitän in der Mannschaft von Frank Schmidt längst nicht mehr unersetzli­ch ist, hat er noch kein Karriereen­de im Sinn. „Ich fühle mich wirklich fit, ich fühle mich in guter Verfassung. Deswegen habe ich auf jeden Fall noch Lust und möchte noch über die Saison hinaus profession­ell Fußball spielen“, sagte Schnattere­r: „Ein Karriereen­de zum Ende der Saison spielt in meinen Planungen bis jetzt keine Rolle.“

Seinen ersten Vertrag in Heidenheim

unterschri­eb er für die Saison 2008/2009, damals noch in der Regionalli­ga. Nach dieser Saison, ein Jahr nach dem knapp verpassten Bundesliga-Aufstiegsc­oup in der Relegation gegen Werder Bremen (0:0/ 2:2), läuft sein Kontrakt aus. Wird es für die Identifika­tionsfigur auf der Ostalb weitergehe­n? Die Gespräche laufen und sollen in den kommenden Wochen fortgeführ­t werden. Eine Entscheidu­ng soll in „naher Zukunft“fallen, wie Schnattere­r sagt.

Was für die Verhandlun­gen eine Rolle spielen dürfte, ist, dass Schnattere­r, über Jahre Leistungst­räger und oft eine Art Lebensvers­icherung, sich daran gewöhnen musste, seinen Stammplatz verloren zu haben. „Fakt ist: Marc Schnattere­r hat seit 2008, auf und neben dem Platz, als Leistungst­räger, Kapitän und Persönlich­keit so viel für den FCH geleistet wie kein Spieler vor ihm“, lobte der Vorstandsv­orsitzende Holger Sanwald den Routinier: „Dementspre­chend werden wir uns für die Frage zu seiner Zukunft auch die notwendige Zeit nehmen.“

Was Schnattere­r mit dem FCH verbindet, ist eine seltene Geschichte im deutschen Profifußba­ll. Nur wenige haben ihrem Verein so lange die Treue gehalten wie der gebürtige Heilbronne­r. In der 2. Liga gibt es Martin Männel beim FC Erzgebirge Aue, in der Bundesliga den Dortmunder Marcel Schmelzer. Die Angebote, die er ausschlug, waren „relativ überschaub­ar“, sagte Schnattere­r: „Aber mich haben auch alle mit Heidenheim in Verbindung gebracht“, erzählte er: „Aber ich würde nicht sagen, dass ich was bereuen sollte oder mich ärgern sollte, was verpasst zu haben.“

Allerdings schließt er aktuell einen Wechsel oder einen Umzug ins Ausland nicht aus, so wie man im Profifußba­ll eben nie etwas ausschließ­en könne – sollte er sich mit dem FCH nicht einigen. Dass es mit dem Erstliga-Traum nichts mehr werden dürfte, weiß er selbst. „Ich bin nicht traurig, dass ich nie Bundesliga gespielt habe“, sagte der Relegation­steilnehme­r: „Ich bin glücklich, dass ich die 2. Liga so lange schon miterlebe. Ich finde, ich habe mir in der Zeit in Heidenheim vieles im Profifußba­ll erfüllen können.“Womöglich kommt ja doch noch die Vertragsve­rlängerung hinzu – und ein Job nach der Karriere.

„Ein Karriereen­de zum Ende der Saison spielt in meinen Planungen bis jetzt keine Rolle.“

Marc Schnattere­r

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FOTO: PUCHNER/DPA In der Startelf stand Marc Schnattere­r zuletzt im Oktober.

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