Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Fußballer des SVW mit unglaublicher Laufleistung
Die 45 Spieler im Kader rennen über Stock und Stein und bringen sage und schreibe 10 359 Kilometer zusammen
WESTERHEIM - Laufen statt gegen den Ball treten, das war in den vergangenen zwei Monaten bei den Fußballern des SV Westerheim angesagt. Hinaus ins Freie ging es, hinweg über Stock und Stein. Die SVW-Kicker rannten auf Wald- und Wiesenwegen und trotzten dabei dem grassierenden Coronavirus, aber auch Regen und Schnee und an manchen Tagen den bereits hohen Temperaturen. Eine fast unglaubliche Laufleistung legten die Fußballspieler aus Westerheim dabei an den Tag, denn gemeinsam brachten die 45 Spieler im Kader des SVW sage und schreibe 10 359 Kilometer zusammen. Sie machten sich in neun Gruppen mit je fünf Läufern auf den Weg.
Die vollbrachte Laufleistung entspricht in etwa einer Strecke von Westerheim nach Singapur. Genauer gesagt hätten die Spieler, in Singapur angekommen, noch eine 200 Kilometer lange Runde um die Stadt drehen können. Die Kicker im schwarzroten Dress hätten aber auch von New York aus quer durch die Weiten Kanadas nach Fairbanks in Alaska und wieder zurück in die Weltmetropole laufen können. Und ein weiteres Beispiel: Ihre tolle Laufleistung entspricht in etwa einem Lauf von Moskau über Hamburg und Paris nach Lissabon und in Schleifen zurück in die russische Hauptstadt.
Getreu dem Motto „Wer rastet, der rostet“hatten die Abteilungsleiter Jochen Doll und Stephan Goll sowie Co-Trainer Andreas Troll die Idee einer „Lauf Challenge“. Ihre Anregung fand allgemeine Zustimmung, die Fußballer waren bereit, Laufschuhe zu schnüren und „auf Teufel komm raus“loszurennen. Sie wollten die Strapazen auf sich nehmen, um einfach fit zu bleiben und viel Kondition zu tanken. „Uns ging es mit der Challenge und dem Gruppenwettbewerb darum, die Spieler fit zu halten. Sie sollten Ausdauer und Kondition sammeln für einen etwaigen Trainingsbeginn und eine etwaige Fortsetzung der Saison“, erklärt der stellvertretende Abteilungsleiter Stephan Goll, der in der Innenverteidigung des SVW kickt.
Bewusst seien Gruppen gebildet worden, um einen gewissen Gruppenzwang bei dem Laufwettbewerb zu erzielen. „So musste jeder Spieler in seiner Gruppe mitmachen. Jeder sollte zum Erfolg beitragen. Ansonsten hätte er wohl etwa Gegenwind von seinen Teamkollegen bekommen“, erläutert Stephan Goll, der es auf 342 Kilometer brachte und damit im vorderen Feld landete. „In den Teams sollte jeder Läufer zum Mitmachen bewegt und angeregt werden“, ergänzt Abteilungsleiter Doll. Der Hintergedanke hinter der „Lauf Challenge“sei ein Fitnessprogramm für alle aktiven Fußballer des SVW gewesen.
Die 45 Aktiven wurden willkürlich in neun Gruppen mit je fünf Spieler gelost. Ziel war es in den Monaten Februar und März als Gruppe möglichst viele Laufkilometer zusammen zu bringen. Über die „App runtastic“wurden die Laufleistungen dokumentiert und an Assistenztrainer Andy Troll weitergeleitet. Als Anreiz für die besten Gruppen winkten gewisse Annehmlichkeiten, während die Gruppen mit den wenigsten Laufkilometern mit mehr Arbeitsdiensten in und am Sportheim sowie auf dem Platz zu rechnen hatten.
Der Startschuss fiel am 1. Februar und das tägliche Joggen war freigegeben. Manche Westerheimer und Gäste konnten joggende Spieler in ihren schwarz-roten Trainingsanzügen in und um Westerheim ausfindig machen und beobachten. Auch Wind, Schnee, Regen oder Kälte konnten den Tatendrang der Spieler nicht bremsen. „Wenn der eine oder andere in der Gruppe wegen Verletzung ausfiel, versuchten die anderen Teammitglieder dies durch verstärkten Einsatz auszugleichen“, lässt Abteilungsleiter Jochen Doll wissen. Er ist stolz auf die gezeigte Laufleistung seiner Schützlinge und lobt sie.
„Das Ergebnis nach zwei Monaten war wirklich beeindruckend“, betont Doll und verweist auf die geschafften 10 359 Kilometer. Das entspreche einer durchschnittlichen Einzelleistung von 222,22 Kilometern pro Teilnehmer. „222 Kilometer in zwei Monaten zu rennen, ist für einen Fußballer eine sehr beachtliche Leistung“, unterstreicht der Abteilungsleiter.
Voll des Lobes für seine Spieler ist auch Trainer Andy Troll, der von einer „Top-Leistung, Top-Motivation und einem Top-Ergebnis“spricht. „Hut ab vor der Leistung aller Läufer, die bei der Lauf-Challenge ihr Bestes gaben und sich gegenseitig hoch gepuscht haben“, sagt Andy Troll, der jeden Tag genau Buch führte und die Ergebnisse in Excel-Tabellen festhielt. Den Wettbewerb zu begleiten sei mit einem Riesenaufwand verbunden gewesen, berichtet er. Doch er habe dies im Interesse der Mannschaft sehr gerne getan und auch lustige, anerkennende und aufmunternde Whatsapps versandt.
Den Vogel in der Einzelwertung schoss Kapitän Tobias Bohnacker ab. Er alleine brachte es auf sage und schreibe 675 gelaufene Kilometer. Zum Abschluss bewältigte er am 31. März eine Marathondistanz von 42 Kilometern in einer Zeit, die knapp unter vier Stunden lag. So fünf bis sechs Mal in der Woche zog Tobias Bohnacker seine Joggingschuhe an und steigerte nach und nach die Distanz: War er anfangs so zwischen zehn und zwölf Kilometer auf Achse, so waren es bald um die 17 bis 20 Kilometer. Gegen Ende des Wettbewerbs lief der SVW-Kapitän drei Halbmarathons bevor er zum großen Finale sich an einen Marathon wagte, den er mit Bravour meisterte.
Coronabedingt war Tobias Bohnacker vor allem allein unterwegs, verschiedene Wege rund um Westerheim hatte er sich ausgewählt. Vor allem Wald- und Schotterwege wählte er, harte Asphaltstrecken wollte er möglichst meiden. „Im Februar war es schon hart, als tiefer Schnee lag. Da mussten wir uns alle durchbeißen und auch mit der Motivation kämpfen“, erinnert sich Bohnacker und ist als Kapitän stolz auf die Leistung aller seiner Mitspieler. „Ich kann mehr als stolz auf unsere Truppe sein“, betont er.
Die zweitbeste Einzelleistung konnte Tobias Ströhle vorweisen. Obwohl er in der ersten Woche aufgrund einer Verletzung pausieren musste, brachte er es auf stolze 558 Kilometer. Auch noch auf das „Siegerpodest“schaffte es Mike Baumeister mit seinen 421 Laufkilometern. Die drei Erstplazierten – Bohnacker, Ströhle und Baumeister – durften sich über viel Lob und Anerkennung angesichts ihrer Laufleistung freuen. Als Dankeschön und Preis erhielten sie zudem einen Essensgutschein im Restaurant Tria.
Klar ist, dass die Gruppe von Kapitän Tobias Bohnacker auch die Gruppenwertung gewann. Zusammen mit Andy Kolb, Thommy Schulz, Leon Gansloser und Lukas Rehm brachte es sein Team auf 1626 Kilometer. Die zweitbeste Gruppe stellte die Gruppe um Tobias Ströhle mit Steffen Siegler, Simon Füller,
Max Rieck und Lukas Fähndrich. Zur drittbesten Gruppe des Laufwettbewerbs gehörten Mike Baumeister, Nico Hirschle, Sebastian Götz, Luis Naujoks und Christian Schulz.
Auf der Hand liegt, dass nicht alle 45 Teilnehmer sich wie gewünscht einbringen konnten. Denn einzelne Spieler mussten verletzungsbedingt pausieren oder ihr Pensum herunterfahren, bekamen sie doch Knie- oder Muskelprobleme, vor allem wenn sie zu sehr auf dem harten Asphalt unterwegs waren. Einzelne legten auch gleich zu viel Eifer an den Tag und übernahmen sich, so dass sie einige Tagen aussetzen mussten.
„Sinnvoll war natürlich schon, allmählich die Distanz und das Tempo wie auch die Steigungen zu steigern“, legt Stephan Goll dar. „Insgesamt hielten sich die Verletzungen sehr in Grenzen. Wir hatten weit weniger angeschlagene und verletzte Spieler als im Training zu verzeichnen“, lässt Andy Troll wissen und hofft sehr, mit seinen Jungs bald wieder auf dem grünen Rasen trainieren zu können. Zu Beginn des Wettbewerbs im Februar habe er auf April oder Mai gehofft, doch ein gemeinsames Training liegt wohl noch in weiterer Ferne, wie er realistisch die aktuelle Corona-Lage einschätzt.
Die Abteilungsleitung und das Trainerteam des SVW waren am Ende der Challenge voll des Lobes über ihre engagierten und laufwilligen Fußballer. „Alle zusammen haben gezeigt, was mit großer Willenskraft zu schaffen ist“, betonen die beiden Abteilungsleiter.