Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Ehinger soll Kindern Pornos gezeigt haben
Prozess am Amtsgericht wird vertagt – Kinder müssen wohl ein weiteres Mal aussagen
EHINGEN - Horrorfilme, Pornos, Alkohol und Drohungen: Das Ehinger Amtsgericht wollte am Mittwoch klären, ob sich ein Ehinger im Umgang mit zwei Jungs strafbar gemacht hat. Die Verhandlung steht im Zusammenhang mit einem Prozess in Ulm, bei dem einem 63-Jährigen vorgeworfen wurde, für seine bizarren sexuellen Praktiken ein Brüderpaar missbraucht zu haben.
Er habe die Kinder nicht in seiner Wohnung haben wollen, das betonte der 40-jährige Angeklagte in der Verhandlung am Mittwoch mehrmals. Doch immer wieder waren die beiden Jungs (damals zehn und elf Jahre alt) zu Besuch in einer Art Wohngemeinschaft von drei Männern in einem Ehinger Teilort. Einer dieser Männer musste sich bereits vor dem Ulmer Landgericht wegen sexuellem Missbrauch von Kindern verantworten und wurde im Herbst vergangenen Jahres zu einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt.
Nun steht ein weiterer Mitbewohner vor Gericht, weil auch er sich im Umgang mit den Kindern nicht immer richtig verhalten haben soll. In seiner kleinen Wohnung schauten die Kinder gemeinsam mit zwei der Männer Horror-Filme an oder tranken, das gab der Angeklagte zu, auch mal ein Radler. „Weil der ältere der Jungs das verlangte“, sagte er vor Gericht aus.
Der Mann störte sich am Besuch der Jungs, die mitunter seine Schlüssel versteckten, was den 40-jährigen Frührentner so ärgerte, dass er ihnen drohte, sie vom Balkon zu werfen oder ins Klo zu stecken. Für das Gericht ein möglicher Fall von Bedrohung. In einem weiteren Anklagepunkt hieß es, dass den Kindern auf einem Tablet ein Porno gezeigt wurde. Zudem soll er den Jungs ein Wodka-Energy-Drink-Gemisch gegeben haben. Die beiden letzten Anklagepunkte bestreitet der Mann. Die Bedrohung allerdings gab er zu. „Ich wollte die Kinder zur Ruhe bringen“, gab er an. „Das war aber nicht ernst gemeint.“
Über seinen Anwalt ließ er mitteilen, dass er selbst schwerer Alkoholiker sei und dabei wohl auch „aus Versehen“mal ein Porno auf dem Tablet gelaufen sei, da habe er wohl schon ungefähr zwölf Bier und vier starke Mischungen Whisky-Cola intus gehabt. Den starken Alkohol in Form von Wodka will er ebenfalls nicht wissentlich an die Jungs weitergegeben haben.
Das besagte Tablet hatte die Polizei im Rahmen einer Durchsuchung der Männer-WG sichergestellt und ausgewertet. Mehr als 100 Videos wurden auf dem Gerät gesichert, laut Polizeibericht enthalten mehr als 50 einen pornografischen Inhalt. Ob das wirklich so ist, konnten Richter, Anwalt und Staatsanwältin am Mittwoch im Prozess nicht klären. Sie fanden nur vier davon, und keines passte genau zur Aussage der Jungs bei der Polizei. Doch die Beamtin, die das Gerät im Rahmen der Ermittlungen ausgewertet hatte, war zwar als Zeugin geladen, hatte sich aber krank gemeldet. Zudem konnte Richter Wolfgang
Lampa nicht eindeutig klären, ob die Kinder, die sowohl bei der Polizei als auch im Beisein eines Richters eine Aussage gemacht hatten, das Video selbst anklickten, oder der Angeklagte ihnen das Tablet mit laufendem Video gegeben hatte. Auch über eine Definition von „Porno“wurden sich Richter, Staatsanwältin und Anwalt im Prozess nicht einig. Nackte Haut alleine reiche aber nicht. Da konnte auch der dritte Bewohner der WG, der als Zeuge geladen war, kein Licht ins Dunkel bringen. Als er einmal vormittags ins Zimmer kam, waren zwar seine beiden Mitbewohner und die Kinder da und auf dem Bildschirm war nackte Haut zu sehen, doch ob es sich um einen Porno handelte, konnte der Mann nicht sicher sagen. Sicher war er sich jedoch, dass wie immer viel Alkohol auf dem Tisch gestanden habe. Bei der Polizei berichteten die Jungs von Schwindel-Gefühlen nach einem Besuch bei den Männern und Problemen mit der Nah- und Fernsicht. Indizien für den Konsum von Alkohol. Das alles war dem Angeklagten, der selbst aus einer früheren Beziehung zwei Kinder hat, gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit war auch einem der Polizeibeamten aufgefallen, der als Zeuge aussagte und den Mann vor Monaten vernommen hatte.
Dass die Kinder in der MännerWG pornografisches Material zu sehen bekamen, hält indes der Polizist für plausibel, der die Kinder als Erstes vernommen hat. Die Kinder hätten in der Vernehmung sogar den Namen einer Porno-Darstellerin nennen können, hätten sich aber ansonsten vom Wortschatz her schwer damit getan, die dargestellten Praktiken zu beschreiben.
Für Richter Wolfgang Lampa reichten all diese Aussagen nicht aus. Er vertagte die Verhandlung und will das Tablet erneut auswerten lassen. Auch die Kinder werden wohl ein weiteres Mal aussagen müssen, um klären zu können, was in Bezug auf den angeklagten 40-Jährigen in der Wohnung an strafbaren Handlungen passiert ist. Die Mutter der Kinder hätte am Mittwoch ebenfalls als Zeugin erscheinen sollen. Sie war nicht da und muss nun ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 Euro zahlen.