Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Jeder feiert auf seine Art
Kaufleute, Konditoren, ein Uhrmacher und ein Lehrer haben den SSV Ulm 1846 vor 175 Jahren gegründet
ULM - Ein großes Programm hat die Pandemie natürlich nicht zugelassen und deswegen feierten sie alle auf ihre Weise in kleinerem Rahmen das 175-jährige Vereinsjubiläum des SSV Ulm 1846. Die (Fußball-) Fans, die ein Transparent an der Unterführung der Adenauerbrücke anbrachten, der Vorstand und die Stadtspitze mit einem Stehempfang in der Friedrichsau.
Der SSV Ulm 1846 hat sich nach und nach durch den Zusammenschluss mit anderen städtischen Klubs von einem Turnverein zu dem entwickelt, was er heute ist: Einer der größten Vereine in Baden-Württemberg mit rund 10 000 Mitgliedern und der mit den meisten Angeboten in der Region, wie etwa ein eigenes Frei- und Hallenbad sowie ein Fitness-Zentrum. Die Entwicklung ging in den 175 Jahren mit vier Kriegen vom Breitensport hin zum Spitzensportund dann wieder zurück zum Breitensportverein, der sich auch dem Leistungs- und mit Abstrichen dem Spitzensport nicht verschließt.
Nach einer Insolvenz zu Beginn dieses Jahrtausends steht der Verein nach Einschätzung von Präsident Willy Götz „so gut da wie noch nie“. Das bestätigte Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch: „Der SSV Ulm 1846 ist sehr solide und vertrauenswürdig aufgestellt. Er ist eher ein mittelständisches Unternehmen als ein Verein“.
Bekannt ist, dass der Verein von sechs Kaufleuten, zwei Konditoren, einem Uhrmacher und einem Lehrer gegründet wurde. 1970 fusionierten die TSG Ulm 1846 und der 1. SSV
Ulm. Noch später standen die Erfolge der Profisportler im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
Herausragend war die Saison 1999/2000, als der SSV Ulm 1846 mit den Fußballern, den Basketballern und den Volleyballerinnen drei Bundesligamannschaften hatte. Fußball und Basketball wurden später in eigene Vereine ausgegliedert, die Volleyballmannschaft aus finanziellen Gründen zurückgezogen. Sportliche und andere Erfolge gab es dennoch weiterhin: etwa den EM-Titel von Zehnkämpfer Arthur Abele.
Als vor 175 Jahren alles begann, gab es noch Standesunterschiede, zum Beispiel zwischen Kaufleuten und Handwerkern. Sie mussten an verschiedenen Orten trainieren. Frauen waren im Sport noch gar nicht geduldet. So etwas ist inzwischen unvorstellbar. Beim Ulmer Großverein wie auch bei anderen Klubs sind ganz selbstverständlich Menschen aller Hautfarben, Geschlechter, Religionszugehörigkeit und Nationalität Mitglieder. Oberbürgermeister Gunter Czisch weiß von einem Turner namens Wilhelm Pfänder, der einst mit Karl Marx und Friedrich Engels gut bekannt war und deren sozialistische Ideen auch als tauglich für den Sport befand. Pfänder gründete in Chicago einen Turnverein und lebte später mit anderen Mitgliedern aus diesem Klub in New-Ulm in Minnesota, der heutigen Partnerstadt von Neu-Ulm.
Der SSV Ulm 1846 hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Neben Basketball und Fußball existieren auch die Abteilungen Judo, Kunstkraftsport/Sportakrobatik, Rasenkraftsport, Ringen, Rollsport, Sängerriege und Skisport nicht mehr. Neu im Angebot sind dafür Cricket, Bike-Polo oder Thaiboxen. Stark frequentiert werden das Fitnesszentrum und die Kindersportschule, das Verhältnis zum SSV Ulm 1846 Fußball wurde stark verbessert. Nicht nur Willy Götz, sondern auch der Fußballchef Anton Gugelfuß befand: „So soll es bleiben.“
Zum 175-jährigen Bestehen bringt der Verein demnächst ein Jubiläumsbier und eine Jubiläumsschokolade auf den Markt. Im Herbst hofft man dann, ganz groß mit den Mitgliedern (nach-) feiern zu können.