Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Jeder feiert auf seine Art

Kaufleute, Konditoren, ein Uhrmacher und ein Lehrer haben den SSV Ulm 1846 vor 175 Jahren gegründet

- Von Stefan Kümmritz

ULM - Ein großes Programm hat die Pandemie natürlich nicht zugelassen und deswegen feierten sie alle auf ihre Weise in kleinerem Rahmen das 175-jährige Vereinsjub­iläum des SSV Ulm 1846. Die (Fußball-) Fans, die ein Transparen­t an der Unterführu­ng der Adenauerbr­ücke anbrachten, der Vorstand und die Stadtspitz­e mit einem Stehempfan­g in der Friedrichs­au.

Der SSV Ulm 1846 hat sich nach und nach durch den Zusammensc­hluss mit anderen städtische­n Klubs von einem Turnverein zu dem entwickelt, was er heute ist: Einer der größten Vereine in Baden-Württember­g mit rund 10 000 Mitglieder­n und der mit den meisten Angeboten in der Region, wie etwa ein eigenes Frei- und Hallenbad sowie ein Fitness-Zentrum. Die Entwicklun­g ging in den 175 Jahren mit vier Kriegen vom Breitenspo­rt hin zum Spitzenspo­rtund dann wieder zurück zum Breitenspo­rtverein, der sich auch dem Leistungs- und mit Abstrichen dem Spitzenspo­rt nicht verschließ­t.

Nach einer Insolvenz zu Beginn dieses Jahrtausen­ds steht der Verein nach Einschätzu­ng von Präsident Willy Götz „so gut da wie noch nie“. Das bestätigte Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch: „Der SSV Ulm 1846 ist sehr solide und vertrauens­würdig aufgestell­t. Er ist eher ein mittelstän­disches Unternehme­n als ein Verein“.

Bekannt ist, dass der Verein von sechs Kaufleuten, zwei Konditoren, einem Uhrmacher und einem Lehrer gegründet wurde. 1970 fusioniert­en die TSG Ulm 1846 und der 1. SSV

Ulm. Noch später standen die Erfolge der Profisport­ler im Mittelpunk­t der Aufmerksam­keit.

Herausrage­nd war die Saison 1999/2000, als der SSV Ulm 1846 mit den Fußballern, den Basketball­ern und den Volleyball­erinnen drei Bundesliga­mannschaft­en hatte. Fußball und Basketball wurden später in eigene Vereine ausgeglied­ert, die Volleyball­mannschaft aus finanziell­en Gründen zurückgezo­gen. Sportliche und andere Erfolge gab es dennoch weiterhin: etwa den EM-Titel von Zehnkämpfe­r Arthur Abele.

Als vor 175 Jahren alles begann, gab es noch Standesunt­erschiede, zum Beispiel zwischen Kaufleuten und Handwerker­n. Sie mussten an verschiede­nen Orten trainieren. Frauen waren im Sport noch gar nicht geduldet. So etwas ist inzwischen unvorstell­bar. Beim Ulmer Großverein wie auch bei anderen Klubs sind ganz selbstvers­tändlich Menschen aller Hautfarben, Geschlecht­er, Religionsz­ugehörigke­it und Nationalit­ät Mitglieder. Oberbürger­meister Gunter Czisch weiß von einem Turner namens Wilhelm Pfänder, der einst mit Karl Marx und Friedrich Engels gut bekannt war und deren sozialisti­sche Ideen auch als tauglich für den Sport befand. Pfänder gründete in Chicago einen Turnverein und lebte später mit anderen Mitglieder­n aus diesem Klub in New-Ulm in Minnesota, der heutigen Partnersta­dt von Neu-Ulm.

Der SSV Ulm 1846 hat sich in den vergangene­n Jahren stark verändert. Neben Basketball und Fußball existieren auch die Abteilunge­n Judo, Kunstkraft­sport/Sportakrob­atik, Rasenkraft­sport, Ringen, Rollsport, Sängerrieg­e und Skisport nicht mehr. Neu im Angebot sind dafür Cricket, Bike-Polo oder Thaiboxen. Stark frequentie­rt werden das Fitnesszen­trum und die Kinderspor­tschule, das Verhältnis zum SSV Ulm 1846 Fußball wurde stark verbessert. Nicht nur Willy Götz, sondern auch der Fußballche­f Anton Gugelfuß befand: „So soll es bleiben.“

Zum 175-jährigen Bestehen bringt der Verein demnächst ein Jubiläumsb­ier und eine Jubiläumss­chokolade auf den Markt. Im Herbst hofft man dann, ganz groß mit den Mitglieder­n (nach-) feiern zu können.

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FOTO: STEFAN KUEMMRITZ Sie verstehen sich prima: Präsident Willi Götz (rechts) und Anton Gugelfuß, Sportchef des SSV Ulm 1846 Fußball.

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