Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sprengstof­fhund-Ausbildung scheitert

Ein Älbler hatte Sprengstof­f im Haus, um seinen Hund auszubilde­n – Geldstrafe fällig

- Von Joachim Lenk

MÜNSINGEN - Einen Großeinsat­z der Polizei gab es im Frühjahr vergangene­n Jahres in einer kleinen Gemeinde auf der Mittleren Alb. Der Grund: In einem Haushalt wurden hochexplos­ive Sprengstof­fe wie Riodin, TNT, Hexogen, Nitropenta und Pentolit vermutet und auch gefunden, jeweils zwischen 20 und 30 Gramm, gelagert in Schraubglä­sern. Jetzt stand der Hausherr wegen „strafbarem Umgang mit Sprengstof­fen“vor dem Amtsgerich­t Münsingen.

Er behauptete, diese Stoffe für die Ausbildung seines Belgischen Schäferhun­ds zum Sprengstof­fspürhund, benötigt zu haben. Der Mittfünfzi­ger hatte bei der Durchsuchu­ng nur einen Befähigung­sschein nach Paragraf 20 des Sprengstof­fgesetzes. Für die aufgefunde­nen Sprengstof­fe hätte er aber zum gewerblich­en Erwerb und Umgang mit explosions­gefährlich­en Stoffen die Erlaubnis nach Paragraf 7 Sprengstof­fgesetz benötigt, die er nicht vorlegen konnte.

In den sozialen Medien hatte der Älbler von seiner Hundeausbi­ldung mit Sprengstof­fen berichtet. Das kam einem der User merkwürdig vor. Der informiert­e die Polizei, die wenig später bei dem Älbler auf der Matte stand und die besagten Stoffe, nicht wie vorgeschri­eben im abschließb­aren Stahlschra­nk, sondern im ganzen Haus in mehreren verschloss­enen Gläsern fand.

Er habe einen Arbeitsver­trag mit einer Sicherheit­sfirma in der Nähe von Freiburg, deshalb dürfe er die Sprengstof­fe benutzen, behauptete der Angeklagte nach Aussage einer ermittelnd­en Polizeibea­mtin. Den konnte er damals aber nicht finden und sprach dann von „einer mündlichen Absprache“, so die Polizistin, die so etwas „noch nie erlebt“habe. Ein paar Stunden nach der Durchsuchu­ng traf dann auf einmal doch noch ein Vertrag per Fax im Polizeirev­ier ein, gesendet von der besagten Sicherheit­sfirma.

Deren Geschäftsf­ührer sagte ebenfalls vor Gericht aus. Er habe dem Älbler seinerzeit sogenannte Oxidatoren, die erlaubnisf­rei seien, für die Ausbildung des Sprengstof­fspürhunde­s geliefert. Die „richtigen“Sprengstof­fe habe er ihm erst geliefert, als der Älbler einen Arbeitsver­trag mit seiner Firma geschlosse­n habe.

Dieser Aussage schenkte Richter Matthias Altfelder wenig Glauben, dem die ausgewerte­ten WhatsAppPr­otokolle der beiden befreundet­en Männer vorlagen. Darin teilte der Geschäftsf­ührer dem Angeklagte­n mit, dass er die benötigten Sprengstof­fe abholen könne. Wahrschein­lich wohl wissend, dass dieses Geschäft

nicht ganz lupenrein ist, schrieb er noch: „Mal schauen, ob der BND mitliest.“

Nach dieser Aussage legte Richter Altfelder eine wegen der Pandemie vorgeschri­ebene Lüftungspa­use ein. Zuvor legte er dem Zeugen jedoch nah, sich seine Aussage noch einmal zu überlegen, eventuell müsse er unter Eid aussagen. Falschauss­agen könnten mit mehreren Jahren Freiheitse­ntzug geahndet werden, fügte er hinzu.

Die frische Luft hat dem Geschäftsf­ührer der Sicherheit­sfirma anscheinen­d gutgetan. Als er wieder im Zeugenstan­d saß, zog er ohne Begründung seine Aussage zurück und machte von seinem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch. Das ist in einem Rechtsstaa­t möglich, da sich niemand selbst belasten muss. Deshalb konnte der Mann aus der Nähe von Freiburg ohne einen Nachteil für ihn das Gericht wieder verlassen.

Die Staatsanwa­ltschaft ging nach den Aussagen des Angeklagte­n und der Zeugen nach wie vor von einem strafbaren Umgang mit Sprengstof­fen aus, so wie es im Strafbefeh­l aufgeführt war, gegen den der Älbler Einspruch eingelegt hatte. Der Vertreter der Anklage forderte als Strafe 50 Tagessätze à 50 Euro (2500 Euro). Außerdem das Einbehalte­n der Sprengstof­fe, die noch in der Asservaten­kammer der Polizei liegen. Er war weiterhin der Meinung, dass der Arbeitsver­trag erst nach der Durchsuchu­ng angefertig­t worden sei.

Die Schuld sah das Gericht ebenfalls als erwiesen an, schraubte jedoch die Strafe auf 50 Tagessätze à 15 Euro (750 Euro) herunter. Begründung: Der Mittfünfzi­ger sei nicht vorbestraf­t, habe derzeit keine Arbeit, lebe deshalb vom Geld seiner Ehefrau. Außerdem sei mit dem Sprengstof­f kein terroristi­scher Anschlag geplant gewesen.

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FOTO: LENK Ein Sprengstof­fspürhund der Bundeswehr bei der Arbeit. Ein Älbler wollte nach eigener Aussage seinen Hund ebenfalls ausbilden, weshalb er kleine Mengen an Sprengstof­fen zum Trainieren zuhause gelagert hatte.

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