Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sprengstoffhund-Ausbildung scheitert
Ein Älbler hatte Sprengstoff im Haus, um seinen Hund auszubilden – Geldstrafe fällig
MÜNSINGEN - Einen Großeinsatz der Polizei gab es im Frühjahr vergangenen Jahres in einer kleinen Gemeinde auf der Mittleren Alb. Der Grund: In einem Haushalt wurden hochexplosive Sprengstoffe wie Riodin, TNT, Hexogen, Nitropenta und Pentolit vermutet und auch gefunden, jeweils zwischen 20 und 30 Gramm, gelagert in Schraubgläsern. Jetzt stand der Hausherr wegen „strafbarem Umgang mit Sprengstoffen“vor dem Amtsgericht Münsingen.
Er behauptete, diese Stoffe für die Ausbildung seines Belgischen Schäferhunds zum Sprengstoffspürhund, benötigt zu haben. Der Mittfünfziger hatte bei der Durchsuchung nur einen Befähigungsschein nach Paragraf 20 des Sprengstoffgesetzes. Für die aufgefundenen Sprengstoffe hätte er aber zum gewerblichen Erwerb und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen die Erlaubnis nach Paragraf 7 Sprengstoffgesetz benötigt, die er nicht vorlegen konnte.
In den sozialen Medien hatte der Älbler von seiner Hundeausbildung mit Sprengstoffen berichtet. Das kam einem der User merkwürdig vor. Der informierte die Polizei, die wenig später bei dem Älbler auf der Matte stand und die besagten Stoffe, nicht wie vorgeschrieben im abschließbaren Stahlschrank, sondern im ganzen Haus in mehreren verschlossenen Gläsern fand.
Er habe einen Arbeitsvertrag mit einer Sicherheitsfirma in der Nähe von Freiburg, deshalb dürfe er die Sprengstoffe benutzen, behauptete der Angeklagte nach Aussage einer ermittelnden Polizeibeamtin. Den konnte er damals aber nicht finden und sprach dann von „einer mündlichen Absprache“, so die Polizistin, die so etwas „noch nie erlebt“habe. Ein paar Stunden nach der Durchsuchung traf dann auf einmal doch noch ein Vertrag per Fax im Polizeirevier ein, gesendet von der besagten Sicherheitsfirma.
Deren Geschäftsführer sagte ebenfalls vor Gericht aus. Er habe dem Älbler seinerzeit sogenannte Oxidatoren, die erlaubnisfrei seien, für die Ausbildung des Sprengstoffspürhundes geliefert. Die „richtigen“Sprengstoffe habe er ihm erst geliefert, als der Älbler einen Arbeitsvertrag mit seiner Firma geschlossen habe.
Dieser Aussage schenkte Richter Matthias Altfelder wenig Glauben, dem die ausgewerteten WhatsAppProtokolle der beiden befreundeten Männer vorlagen. Darin teilte der Geschäftsführer dem Angeklagten mit, dass er die benötigten Sprengstoffe abholen könne. Wahrscheinlich wohl wissend, dass dieses Geschäft
nicht ganz lupenrein ist, schrieb er noch: „Mal schauen, ob der BND mitliest.“
Nach dieser Aussage legte Richter Altfelder eine wegen der Pandemie vorgeschriebene Lüftungspause ein. Zuvor legte er dem Zeugen jedoch nah, sich seine Aussage noch einmal zu überlegen, eventuell müsse er unter Eid aussagen. Falschaussagen könnten mit mehreren Jahren Freiheitsentzug geahndet werden, fügte er hinzu.
Die frische Luft hat dem Geschäftsführer der Sicherheitsfirma anscheinend gutgetan. Als er wieder im Zeugenstand saß, zog er ohne Begründung seine Aussage zurück und machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das ist in einem Rechtsstaat möglich, da sich niemand selbst belasten muss. Deshalb konnte der Mann aus der Nähe von Freiburg ohne einen Nachteil für ihn das Gericht wieder verlassen.
Die Staatsanwaltschaft ging nach den Aussagen des Angeklagten und der Zeugen nach wie vor von einem strafbaren Umgang mit Sprengstoffen aus, so wie es im Strafbefehl aufgeführt war, gegen den der Älbler Einspruch eingelegt hatte. Der Vertreter der Anklage forderte als Strafe 50 Tagessätze à 50 Euro (2500 Euro). Außerdem das Einbehalten der Sprengstoffe, die noch in der Asservatenkammer der Polizei liegen. Er war weiterhin der Meinung, dass der Arbeitsvertrag erst nach der Durchsuchung angefertigt worden sei.
Die Schuld sah das Gericht ebenfalls als erwiesen an, schraubte jedoch die Strafe auf 50 Tagessätze à 15 Euro (750 Euro) herunter. Begründung: Der Mittfünfziger sei nicht vorbestraft, habe derzeit keine Arbeit, lebe deshalb vom Geld seiner Ehefrau. Außerdem sei mit dem Sprengstoff kein terroristischer Anschlag geplant gewesen.