Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Dieser Kurort übernimmt Vorbildfunktion
Bad Ditzenbach darf sich seit kurzem Fairtrade-Gemeinde nennen – Das steckt dahinter
BAD DITZENBACH - Seit wenigen Monaten ist Bad Ditzenbach (Kreis Göppingen) Fairtrade-Gemeinde – und damit neben Geislingen, Göppingen und Bad Boll eine der wenigen Kommunen in der näheren Umgebung, die sich auf den Weg gemacht haben, den fairen Handel weltweit zu unterstützen. Zwei Jahre hat es gedauert – von der Bewerbung bis zum Erhalt des Zertifikats. In dieser Zeit war auch viel Überzeugungsarbeit notwendig, sagen Gudrun Lamparter – die treibende Kraft unter den Ehrenamtlichen – und Sandra Ullmann, bei der im Rathaus die Fäden für die Aktion „Fairtrade Town“zusammenlaufen.
Überzeugungsarbeit mussten die Beiden vor allem bei einigen Akteuren leisten, die sie mit ins Boot holen wollten. Sprich: bei Geschäftsinhabern, Gastronomen, Schulen und Vereinen. „Hier haben wir schon viel Ausdauer gebraucht. Im ersten Moment konnten manche nicht so viel mit dem Thema anfangen“, räumt Sandra Ullmann ein. Nachdem sie erklärt hatten, was genau es mit dem Thema „Fairer Handel“auf sich hat, konnten viele anfänglichen Skeptiker von der guten Sache überzeugt werden. Somit gelang es Gudrun Lamparter und Sandra Ullmann, insgesamt 17 Akteure zu gewinnen, die nun mindestens zwei faire Produkte dauerhaft anbieten – und damit sogar neun mehr als für die Mindestanzahl notwendig gewesen wäre, um das Zertifikat „Fairtrade Town“zu erhalten.
Das freut Gudrun Lamparter, Sandra Ullmann, Bürgermeister Herbert Juhn und die anderen Mitglieder der Steuerungsgruppe, die eigens gegründet worden war. „In Bad Ditzenbach gibt es seit 30 Jahren die Aktion ,Fairer Welthandel‘. Es sind also genügend Erfahrungen in diesem Bereich da. Es ist toll, dass es jetzt geklappt hat“, sagt Gudrun Lamparter zum Erhalt des Siegels. Sie selbst hat vor 30 Jahren die Aktion „Fairer Welthandel“der evangelischen Christusgemeinde im Täle gegründet und verkauft zusammen mit weiteren Ehrenamtlichen seit vielen Jahren auf dem Bad Ditzenbacher Wochenmarkt fair gehandelte Produkte.
Eine Besonderheit gibt es in Bad Ditzenbach dahingehend, dass nicht nur faire Waren wie Kaffee, Bananen oder Schokolade angeboten werden, sondern dass auch lokale Produkte, die vor Ort hergestellt werden, stärker in den Fokus gerückt werden sollen. So fand im Herbst 2018 ein „fair-regionaler Markt“statt, bei dem auch Apfelsaft, Milch und Brotaufstriche aus der Heimat präsentiert wurden. Diese Mischung aus fair und regional findet sich auch beim Wochenmarkt wieder.
Beim Thema „Fairtrade Town“geht es aber nicht nur darum, fair gehandelte Produkte zu verkaufen, sagt Gudrun Lamparter. Auch Bildungsarbeit spiele eine große Rolle. „Man muss die Menschen darüber informieren und dabei schon bei den Kindern beginnen.“Die Ulrich-Schiegg-Schule in Gosbach engagiere sich dabei sehr und bringe den Kleinen das Thema kindgerecht näher, lobt die 64-Jährige.
Darüber hinaus werde im Rathaus fair gehandelter Kaffee getrunken. Auch bei den Gemeinderatssitzungen werde „fairer Orangensaft“angeboten. Das Ganze ließe sich noch weiter ausbauen: Zum Beispiel könnten die Bauhofmitarbeiter Kleidung aus fairem Handel tragen, ergänzt Gudrun Lamparter.
Dass sich Bad Ditzenbach nun Fairtrade-Gemeinde nennen darf, soll im Rahmen eines zweiten fairregionalen Markts gefeiert werden, sobald dies die Corona-Pandemie zulässt. Schilder an den Ortseingängen sollen auf das Zertifikat hinweisen. Darauf ist ein Logo zu sehen, das Tim Wibiral, Gemeinderat und Mitglied der Steuerungsgruppe
„Fairtrade Town“, entworfen hat.
„Wir setzen uns dafür ein, dass die Wirtschaft fairer wird“, betont Gudrun Lamparter. Die überzeugte Christin und die anderen Akteure wollen ein Zeichen gegen den ungerechten Welthandel setzen, Vorbildfunktion übernehmen und dafür sorgen, dass für gute Produkte ein fairer Preis gezahlt wird, der es den Produzenten erlaubt, in Würde zu leben – nicht nur in fernen Ländern, sondern auch direkt vor der Haustür. „Gerade in Zeiten der Pandemie ist es wichtiger denn je, zu zeigen, dass man auch in einem kleinen Ort ein Rad im großen Ganzen ist und mitverantwortlich für ein gerechteres Leben und Miteinander.“