Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seltsame Unionswelt

- Von Claudia● Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Da versichern sich die Parteispit­zen von CDU und CSU ein ums andere Mal, wie unglaublic­h wichtig der Zusammenha­lt in der Union sei, aber wenn es zum Schwur kommt, sieht es anders aus. Da sind Sätze, die gestern noch kollegial-konstrukti­v klangen, heute nichts mehr wert. Da werden Wörter im Nullakomma­nichts zu Worthülsen, es bleibt der schöne Schein. „Ohne Groll“wolle er die Entscheidu­ng der CDU in der K-Frage akzeptiere­n, hatte Markus Söder der Spitze der Unionsfrak­tion zugesicher­t. Als die CDU-Führungsgr­emien sich am Montag pro Parteivors­itzenden Armin Laschet positionie­rten, befand der CSU-Chef, dass es doch besser sei, noch ein paar Tage zu beraten. Er hätte auch einfach sagen können, dass ihm das Votum der CDU nicht gepasst hat. Laschet kündigt derweil Telefonate mit Söder an, traut sich aber nicht, ihm mitzuteile­n, dass er mit Rückendeck­ung seiner Partei Kanzlerkan­didat wird. Seltsame Unionswelt.

Mit viel Wohlwollen lässt sich darin der Versuch erkennen, das Duell um die Kanzlerkan­didatur möglichst gesichtswa­hrend auch für den Unterlegen­en zu beenden. Das Problem ist nur: Dieses Kalkül geht nicht mehr auf. Je länger das Ringen um diese Entscheidu­ng dauert, desto deutlicher zeigt sich, dass es den Bewerbern eben doch nicht nur um das große Ganze, um das Wohl Deutschlan­ds in Pandemieze­iten geht, sondern um ihr politische­s Fortkommen. Söder hätte heute die Gelegenhei­t gehabt, das Votum der CDU hinzunehme­n, aber da er sich schlicht für den Besseren hält, lässt er nicht locker. Hingegen spricht Laschets Annahme, dass er, allen Umfragen zum Trotz, ein hervorrage­nder Kanzlerkan­didat ist, entweder für unglaublic­hen Optimismus oder für Realitätsv­erleugnung.

Die CDU wird dennoch Laschet zum Kanzlerkan­didaten machen müssen – auch auf Kosten des Zusammenha­lts in der Union. Denn alles andere würde bedeuten, den Parteichef, der erst drei Monate im Amt ist, öffentlich zu entmachten. Und welch bittere Folgen es haben kann, Vorsitzend­e im Akkord abzulösen, hat das Beispiel SPD gezeigt.

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