Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Abrüstung und Klimawende
Die Linke will anschlussfähig werden
BERLIN - Die neuen Parteivorsitzenden haben für Veränderungen im Karl-Liebknecht-Haus gesorgt. Eine neue Bühne, frische Farben, andere Bilder an den Wänden im Rosa-Luxemburg-Saal. Der „Leitantrag zum Wahlprogrammparteitag“im Juni, den Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler vorlegen, wirkt nicht ganz so taufrisch. Die Grundzüge sind bekannt. Die Linken wollen „soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit“. Das ist anschlussfähig an Ideen möglicher Koalitionspartner von SPD und Grünen. Selbst die Absage an alle Auslandseinsätze der Bundeswehr ist in den Augen von Wissler kein großes Problem. Bei der kürzlich erfolgten Verlängerung des Afghanistan-Mandats durch den Bundestag habe sie „mit Freude gesehen, dass mittlerweile auch eine Mehrheit der grünen Fraktion gegen den Einsatz gestimmt hat“. Die SPD sei im Widerstand gegen Kampfdrohnen – mit anderen Worten, die möglichen Partner lernen dazu.
Allerdings werden sie noch mehr lernen müssen. „Dem Zwei-ProzentZiel der Nato stellen wir ein ZehnProzent-Ziel gegenüber“, sagt Wissler. „Wir wollen allerdings abrüsten.“Sprich: Statt zwei Prozent des Bundeshaushalts
an die Nato zu zahlen, soll der Bund den Verteidigungshaushalt um zehn Prozent kürzen. Wäre es da nicht logischer, gleich die Abschaffung der Bundeswehr zu fordern? „Nein“, sagt Susanne HennigWellsow. „Es ist ein Vorschlag, dem international gefolgt werden kann.“Es ließen sich auch die Folgen der Corona-Pandemie bezahlen. Die Bundeswehr aber solle nicht ins Ausland und nicht angriffsfähig sein.
Sonst finden sich im Wahlprogramm eine Reihe sozialer und ökologischer Maximalziele. Mindestlohn rauf auf 13 Euro, die wöchentliche Arbeitszeit runter auf 30 Stunden, um laut Wissler „mehr Zeit für ein gutes Leben zu haben“. Für Ostdeutschland fordern die Linken einen Solidarpakt III. Wer als Single monatlich unter 6500 Euro Brutto verdient, würde künftig weniger Steuern zahlen. Dazu soll der Kohleausstieg schon bis 2030 kommen, Deutschlands Strom ab 2035 nur noch aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind oder Wasserkraft fließen. Diese und andere Punkte, wie Mietpreisbremsen bundesweit, werden einem digitalen Parteitag im Juni zur Abstimmung vorgelegt. Über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl entscheidet der Parteivorstand vorher.